Einbruchsserie in Niederbayern:Besuch bei Dämmerung

Safeknacker

Die Diebe kommen meist zwischen 16 und 20 Uhr, wenn die Bewohner noch bei der Arbeit sind oder einkaufen. Sie dringen bevorzugt in frei stehende Häuser ein.

(Foto: Chris Price,iStockphoto)

Sie sind schnell und effizient: Eine Einbrecherbande treibt in Niederbayern ihr Unwesen. Die Menschen um Dingolfing und Landshut sind besorgt, denn die Bande geht äußerst professionell vor.

Von Johannes Barthel

Die Gegend um Landshut und Dingolfing in Niederbayern wird seit Wochen von einer Einbrecherbande heimgesucht. "In der Bevölkerung herrscht große Besorgnis", sagt der Dingolfinger SPD-Stadtrat Udo Egleder. Eine Familie in seinem Bekanntenkreis zählt zu den Opfern der Einbrecher. Er weiß daher, wie es den Betroffenen geht: "Es ist ja nicht nur der materielle Schaden, sondern viel schlimmer ist der psychische Druck nach einem Einbruch in die Privatsphäre der eigenen vier Wände."

Das Ausmaß der Serie, die seit vielen Wochen die Orte entlang der A 92 in Atem hält, ist enorm. Etwa 70 Dämmerungseinbrüche gab es in Niederbayern in diesem Winter bisher, fast die Hälfte geht auf das Konto der unbekannten Täter, wie unter anderem aus übereinstimmenden Fußspuren an den Tatorten zu erkennen war.

Über den Hintergrund der Bande haben die Ermittler bisher kaum Erkenntnisse. Die Diebe kommen meist zwischen 16 und 20 Uhr, wenn die Bewohner noch bei der Arbeit sind oder einkaufen, und dringen bevorzugt in frei stehende Häuser ein. Als Einstieg dienen ihnen häufig schlecht gesicherte Terrassentüren oder Fenster an kaum einsehbaren Stellen. In kürzester Zeit durchsuchen sie die Wohnräume nach Bargeld, Bankkarten und vor allem Wertgegenständen. Der Gesamtwert der Beute liegt laut Polizei vermutlich mindestens im hohen fünfstelligen Euro-Bereich.

Nach Polizeiangaben gehen die Täter sehr professionell vor. Für ihre Diebestouren benutzen sie geklaute Autos der Marke Audi und gestohlene Kennzeichen. Erst nutzten sie einen A4, den sie später auf einem Feld in Brand steckten. Das zweite Fluchtfahrzeug war ein Q5. Mit dem PS-starken Modell ließen die Einbrecher am Silvestertag einer Streife bei einer Verfolgungsjagd auf der Autobahn keine Chance, wie ein Polizeisprecher einräumt. Zwei Tage später fanden Beamte das bei Landshut ohne Kennzeichen abgestellte Fahrzeug.

Wachsame Bevölkerung

Das Problem der Dämmerungs- und Wohnungseinbrüche betrifft aber nicht nur Niederbayern. Die Zahl derartiger Straftaten hat zwischen 2010 und 2011 im Freistaat um etwa 17 Prozent zugenommen. Zwar fehlen noch Daten für das vergangene Jahr, aber "alles deutet auch 2012 auf eine weitere Zunahme hin", sagt ein Sprecher des Innenministeriums in München. Auf der Innenministerkonferenz im Dezember diskutierten die Ländervertreter deshalb über Möglichkeiten, wie sich die Zahl der Dämmerungseinbrüche reduzieren lässt. Ein Arbeitskreis soll nun ein bundesweites Lagebild erstellen und anschließend Maßnahmen erarbeiten.

In Dingolfing sind die Bürger derweil selbst tätig geworden und haben eine Versammlung organisiert. Sehr gut sei sie besucht gewesen, erzählt Polizist Konrad Stöger, der dabei war. "Man merkt schon große Besorgnis in der Gegend, aber ganz sicher keine Hysterie", sagt er. Die Dingolfinger sind inzwischen sehr wachsam geworden: Täglich bekommt die örtliche Polizei einige Anrufe wegen verdächtiger Fahrzeuge. Bei der Überprüfung stellt sich dann aber oft heraus, dass diese unbekannten Autos zivile Streifen sind.

Einbrüche gab es keine mehr, seit die Polizei das zweite Auto der Diebe gefunden hat. Die Ermittlungen laufen aber weiter auf Hochtouren. Da die Diebe die Fahrzeuge im Münchener Umland stahlen, prüft die Kriminalpolizei auch Zusammenhänge mit ähnlichen Fällen in anderen Bezirken. Ob die Einbrecher nach der knapp geglückten Flucht auf der Autobahn endgültig abgeschreckt sind, ist für die niederbayerische Polizei noch offen, wie ein Sprecher betont: "Weitere Taten können wir leider nicht ausschließen."

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