Einbruchserie:Nachts kommt die Seilbahn-Bande

Einbruchserie: Die Taubensteinbahn (das Foto zeigt die Bergstation) zählt zu den beliebtesten Kabinenbahnen in den oberbayerischen Bergen.

Die Taubensteinbahn (das Foto zeigt die Bergstation) zählt zu den beliebtesten Kabinenbahnen in den oberbayerischen Bergen.

(Foto: Alpenbahnen Spitzingsee)

Seit Mitte August rauben Einbrecher mit brachialer Gewalt Talstationen in den bayerischen Alpen aus. Die Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet.

Von Christian Sebald

Die Seilbahn-Bande kommt mitten in der Nacht, sie geht rabiat vor. Mal zertrümmern die Täter die Glasscheiben einer Talstation, ein anderes Mal hebeln sie die Eingangstür auf. Ihr Ziel ist immer das Gleiche: der Tresor oder die Kasse mit den Tageseinnahmen. Und sie werden immer fündig.

Mal sind es ein paar Hundert Euro Wechselgeld, ein anderes Mal einige Tausend Euro in Scheinen. In einem Fall sollen es sogar an die 100 000 Euro gewesen sein. Seit Mitte August schon treibt die Seilbahn-Bande ihr Unwesen in den oberbayerischen Bergen. Die Polizei hat jetzt sogar eine Soko Seilbahn eingerichtet, um ihr Herr zu werden.

Die Jennerbahn am Königsee, die Kampenwandbahn, die Kreuzeckbahn in Garmisch-Partenkirchen, die Schliersbergbahn in Schliersee, die Eibsee-Seilbahn auf die Zugspitze und zuletzt die Taubensteinbahn am Spitzing: das sind die bisherigen Tatorte. Die Jennerbahn hat die Bande bereits zweimal heimgesucht. "Ihre Methode ist immer die Gleiche", sagt Polizeisprecher Andreas Guske.

"So schnell rein wie möglich, Tresor oder Geldschrank aufknacken und dann schnell weg." Wie brachial die Einbrecher zu Werke gehen, zeigen die Werkzeuge, die sie an der Kreuzeckbahn hinterlassen haben: einen Trennschleifer, drei Spitzhacken, einen Vorschlaghammer, ein Langbeil und einen weiteren Hammer. Die Schäden, die sie anrichten, sind entsprechend hoch. Allein bei der Kreuzeckbahn betragen sie 30 000 Euro.

Auch in Tirol sind die Einbrecher aktiv

Die Einbrüche treffen die Seilbahnen massiv. Selbst altgediente Seilbahner können sich nicht an eine vergleichbare Serie erinnern. "Vor 25 oder 30 Jahren, da hat es mal einen Vater und einen Sohn gegeben, die rund um die Kampenwand immer wieder Bergbahn-Stationen heimgesucht haben", sagt Peter Lorenz von den Alpenbahnen Spitzingsee, zu denen die Taubensteinbahn gehört.

"Aber die waren relativ harmlos, die wollten in den Gebäuden übernachten oder waren auf der Suche nach was Essbarem. So eine Bande wie derzeit gab es noch nie." Zumal die Einbrecher auch im benachbarten Tirol aktiv sind. Dort wurde seit Mitte August ebenfalls in etliche Talstationen eingebrochen - im Thannheimer Tal etwa und im Pitztal.

Die Polizei geht davon aus, dass es sich um mindestens zwei Täter handelt. Es können aber auch vier oder fünf sein. "Höchstwahrscheinlich stammen sie auch nicht aus der Region", sagt Polizeisprecher Guske. "Wir sind uns ziemlich sicher, dass es reisende Einbrecher sind." Womöglich sogar aus dem Ausland. Guske ist überzeugt, dass die Bande ihre Ziele untertags auskundschaftet, damit sie sich nachts schnell zurechtfindet. "Das ist eine Chance für uns," sagt er. "Wer Personen bemerkt, die sich auffällig für eine Talstation interessieren, der soll ganz schnell die Polizei rufen." Gleiches gilt für verdächtige Pkws.

Die Einbrecher waren schneller

Beim bislang letzten Einbruch - dem in die Taubenstein-Talstation am Spitzing - wäre zumindest ein Einbrecher beinahe geschnappt worden. Eine Anwohnerin hatte verdächtige Geräusche aus dem Gebäude gehört und alarmierte die Polizei. Die erste Streife war binnen weniger Minuten am Tatort. Doch die Einbrecher waren schneller. Die Beamten sahen gerade noch einen Täter in der Nacht entschwinden. Obwohl sie das gesamte Gebiet durchkämmten, konnte der Unbekannte flüchten.

Derweil ergreifen immer mehr Seilbahner Vorsorgemaßnahmen. "Wir haben unsere Mitglieder aufgefordert, möglichst wenig Bargeld über Nacht in den Talstationen aufzubewahren", sagt Hannes Rechenauer. Der Oberaudorfer ist Geschäftsführer der dortigen Hocheck-Bahn und Sprecher des Verbands Deutscher Seilbahnen.

"Bis auf das Wechselgeld für den nächsten Tag zahlen die meisten inzwischen die Tageseinnahmen am selben Abend ein." Und wer eine Webcam an seiner Talstation hat, der hat sie längst so ausgerichtet, dass sie die Kassen im Visier hat, und lässt sie auch nachts laufen - damit die Polizei im Falle eines Einbruchs wenigstens Bilder von den Tätern hat.

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