EADS-Umbau:Bangen in Unterschleißheim, Hoffen in Ottobrunn

EADS-Chef Tom Enders, hier 2012 in Ottobrunn, hatte wiederholt von massiven Einschnitten gesprochen.

EADS-Chef Tom Enders, hier 2012 in Ottobrunn, hatte wiederholt von massiven Einschnitten gesprochen.

(Foto: Claus Schunk)

An diesem Montag beraten Manager und Betriebsräte von EADS in Paris über den Umbau des Konzerns. An vielen Standorten fürchten Mitarbeiter um ihre Jobs, besonders hart dürfte es die schwächelnde Rüstungssparte Cassidian treffen.

Von Lars Brunckhorst, Katja Riedel, Alexandra Vettori

In Unterschleißheim, Ottobrunn und Manching dürften an diesem Montag viele der etwa 8000 EADS-Mitarbeiter an diesen Standorten mit Sorge verfolgen, was am Abend in Paris verkündet wird. Dort trifft sich am Nachmittag die Konzernspitze des deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtunternehmens mit den europäischen Arbeitnehmervertretern des Konzerns. EADS steht vor einem Umbau, der viele Jobs kosten könnte.

Besonders hart dürfte es die schwächelnde Rüstungssparte Cassidian treffen. Dass die Zentrale der EADS-Tochter in Unterschleißheim geschlossen werden soll, steht nach SZ-Informationen bereits seit Wochen fest. Wie viele der 1500 Mitarbeiter dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren werden, ist aber noch unklar. Für Mittwochvormittag ist eine Betriebsversammlung angesetzt. Betriebsratschef Wolfgang Kiefer-Heydenreich hat angekündigt, für den Erhalt des Standorts kämpfen zu wollen, dies habe oberste Priorität. EADS wollte die Umbaupläne nicht vor diesem Montag kommentieren und kündigte ein Statement für den frühen Abend an.

Wie stark und auf welchem Wege EADS seinen Mitarbeiterstamm mittelfristig reduzieren wird, darüber kursierten zuletzt viele Gerüchte. Geschürt hatte die Sorgen von Gewerkschaften und Betriebsräten auch EADS-Chef Tom Enders, der wiederholt von massiven Einschnitten gesprochen hatte. Zuletzt stand im Raum, etwa 8000 Arbeitsplätze abzubauen - europaweit etwa jeden fünften. An derart massive Einschnitte ist offenbar derzeit nicht mehr gedacht, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn der SZ. Bei Gesprächen mit der Konzernführung, dem Betriebsrat und der Staatsregierung habe er "den Eindruck gewonnen, dass es deutlich weniger als die angekündigten 20 Prozent sein werden", so der Abgeordnete aus dem Wahlkreis München-Land. EADS sei zudem bemüht, den Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten. Aus Gesprächen nehme er außerdem das "gute Gefühl" mit, dass Ottobrunn und nicht Manching Hauptquartier der neuen Division "Airbus Defense & Space" werde, sagte Hahn.

Dieses neue Zentrum würde eine Renaissance des historisch bedeutsamen Standorts Ottobrunn bedeuten. Hier befand sich einst die Keimzelle des mächtigen Messerschmidt-Bölkow-Blohm-Konzerns, und hier wurden unter anderem die Militärflugzeuge Tornado und Eurofighter sowie die Ariane-Rakete und das europäische Satellitensystem Galileo entwickelt. Nach zahlreichen Umstrukturierungen und Einschnitten befindet sich in Ottobrunn derzeit nur eine Dependance der Weltraumsparte Astrium, deren Zentrale im französischen Suresnes liegt. Etwa 1100 Mitarbeiter sind in der Ottobrunner Astrium-Niederlassung beschäftigt. Bei einer Verschmelzung mit Cassidian zu der neuen "Defense & Space"-Division könnten es allerdings wieder deutlich mehr werden. Konzernweit gehören zu den von der Fusion betroffenen Töchtern derzeit 40 000 Mitarbeiter.

Während Ottobrunn also von dem Konzernumbau profitieren könnte, droht Unterschleißheim der nächste herbe Verlust: Vor Kurzem hatte Microsoft angekündigt, 2016 mit seiner Zentrale gen München zu ziehen. Der Unterschleißheimer Bürgermeister Christoph Böck (SPD) hatte zuletzt an EADS-Chef Enders geschrieben und noch einmal auf die Vorteile des Standortes Unterschleißheim hingewiesen. Auch an Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat die Stadt einen Brief geschickt, mit der Bitte, die Belegschaft in Unterschleißheim zu unterstützen. Die Schließungspläne hatten auch die Politik beschäftigt. Im Bayerischen Landtag solidarisierte sich zunächst die SPD mit den Cassidian-Mitarbeitern, die übrigen Parteien schlossen sich an.

Die Rüstungssparte von EADS ist vor allem in Süddeutschland angesiedelt. In Manching, dem größten der Standorte, arbeiten etwa 5000 Mitarbeiter, das zweitgrößte Werk steht in Ulm (2800 Mitarbeiter). In Friedrichshafen arbeiten 1800 Mitarbeiter für die Rüstungssparte. Premium Aerotec in Augsburg und Eurocopter in Donauwörth gehören zwar nicht zur Rüstungssparte, doch sorgen sich auch dort insgesamt etwa 3000 Mitarbeiter, die für militärische Projekte arbeiten. Die Rüstungssparte ist auch deshalb voraussichtlich besonders von den Sparmaßnahmen betroffen, weil viele Länder weniger für Rüstungsgüter ausgeben. Mit Rüstung will EADS künftig nicht mehr identifiziert werden, sondern lieber für die zivile Luftfahrt stehen. Zum neuen Jahr nimmt der Konzern daher den Namen seiner lukrativsten Tochter Airbus an.

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