"Die drei Musketiere" in Bamberg:Pferde beim Pausensnack

Ausnahmezustand in Bamberg: Normalerweise fotografieren Touristen hier das alte Rathaus, in diesen Tagen will jeder ein Bild von Orlando Bloom ergattern - mit bislang eher mäßigem Erfolg.

Roman Deininger

Der kahlköpfige Sicherheitsmann löffelt hutzelige Tortellini aus einer weißen Plastikschale, er schaut ziemlich griesgrämig drein, was allerdings nicht an den Tortellini liegen muss. Ebenso könnte auch die italienische Reisegruppe eine Rolle spielen, die den armen Kerl schon eine ganze Weile aus etwa drei Metern Entfernung beim Mehlspeisenverzehr beobachtet.

"Die drei Musketiere": Drehstart für Hollywood-Streifen

Da kommt Orlando Bloom. Oder ist es nur sein Stuntdouble? Egal, hoch zu Ross in Bamberg macht der eine wie der andere eine gute Figur.

(Foto: dpa)

Üblicherweise fotografieren Touristen auf der Oberen Brücke in Bamberg ja das Alte Rathaus, ein in die Regnitz gebautes Kleinod mit prächtig bemalten Fassaden. Heute fotografieren sie aber lieber die seltsame Holz- und Pappkulisse direkt davor, inklusive des jungen Herrn, der mit deren Bewachung beauftragt ist.

Nein, sagt der Sicherheitsmann mit aller Höflichkeit, zu der er noch in der Lage ist, er glaube eher nicht, dass Orlando Bloom das Holz- und Pappwerk heute noch persönlich inspizieren werde. Die Italiener fragen ihn dann, ob er nicht wenigstens mal lächeln könne.

Nach allem, was man weiß, hat der Hollywood-Star Bloom in den 33 Jahren seines Lebens für keine Sekunde Bamberger Boden betreten, was ihn freilich nicht davon abhält, die Stadt seit einer Woche in Atem zu halten. Die Münchner Produktionsfirma Constantin hat Bamberg zu einem der Drehorte einer 50 Millionen Euro teueren 3D-Verfilmung der Drei Musketiere erkoren, die im hinteren Teil ihrer Besetzungsliste mit Blooms Namen aufwarten kann.

Auch die kaum minder glanzträchtigen Kollegen Milla Jovovich und Christoph Waltz werden dort geführt. Eine Besetzungsliste war auch für die Bamberger Pressekonferenz der Filmcrew an diesem Montag erhältlich; dass der Glamourfaktor der Veranstaltung erträglich bleiben würde, konnten sorgfältige Exegeten schon daraus schließen, dass Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke ganz oben stand.

Gemessen daran, dass gelernte Schauspieler fehlen, entspinnt sich im Rokokosaal des Alten Rathauses dann großes Theater. Starke dankt den Filmleuten, die Filmleute danken Starke, und gemeinsam danken sie den Bambergern, wobei unklar bleibt, wofür genau. "Bamberg ist top", fasst Produzent Robert Kulzer zusammen, eine Formulierung, die der OB den Journalisten gleich als mögliche Überschrift anempfiehlt.

"Der historische Look ist authentisch"

Die Weltkulturerbe-Stadt Bamberg, sagt Kulzer, stehe als Filmszenerie auf einer Stufe mit Prag und Florenz: "Der historische Look ist absolut authentisch, das ist wie eine Zeitreise hier." Für die "Drei Musketiere" geht die Zeitreise ins Paris des 17. Jahrhunderts, draußen auf der Brücke entsteht unter kahlköpfiger Aufsicht aus Holz und Pappmasché das Haus von D'Artagnan und seinen Fechtkollegen. Bloom gibt den Herzog von Buckingham, er ist an diesem Set entbehrlich.

Oben auf dem Domberg wird im Hof des alten Bischofssitzes eine Kampfszene gedreht, das Porthos-Double vermöbelt rund zwanzig Schergen Kardinal Richelieus mit Wasserkübeln. Die Kübel sind aus schädelschonendem Sperrholz, vor jedem Take werden sie mit Sekundenkleber geflickt. Interessierte Bamberger und Italiener bekommen von all dem nichts mit, sie stehen draußen vor den Mauern der Alten Hofhaltung und fotografieren notgedrungen Sicherheitsmänner, hübsch kostümierte Statisten und Pferde beim Pausensnack.

Immerhin lässt sich auch das Stuntdouble von Orlando Bloom blicken, er sieht dem Original ausreichend ähnlich, um zwei dreizehnjährigen Mädchen die bis dahin mühsam gewahrte Fassung zu rauben. Der falsche Bloom bleibt dann auf dem Weg zum Set mit dem aufgespannten Regenschirm in einer Tür hängen, nicht auszudenken, welche Weiterungen die Sache gehabt hätte, wenn sie dem echten widerfahren wäre.

Produzent Kulzer hat sich vor dem Bamberger Regen unter ein Zeltdach geflüchtet, er erzählt von den Satellitenschüsseln, die man selbst in der Top-Filmstadt Bamberg noch nachträglich aus dem Bild "radieren" müsse. Neben Bamberg wird das 350-köpfige Musketier-Team auch in Würzburg Station machen, das ebenfalls als Paris posieren darf. Burghausen ist als Provinz Gascogne gebucht, München wird sich in Gestalt des Schlosses Schleißheim als Venedig versuchen.

Mitte November soll dann im Studio Babelsberg die letzte Klappe fallen. Bis dahin wird sich zwangsläufig auch Orlando Bloom höchstselbst das eine oder andere Mal vor die Kameras bemühen müssen. Bei einem eintägigen Dreh im nahen Pommersfelden, hört man, soll er zugegen sein. Den genauen Termin, sagt Robert Kulzer, habe er leider gerade nicht im Kopf.

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