Demo gegen Rechts in Halsbach:Ein Dorf kämpft um seine Würde

Ein alter Gasthof im bayerischen Halsbach dient Rechtsextremen für Konzerte. Jetzt wollen sich die Neonazis in dem Ort nahe Altötting weiter festsetzen. Doch die Bewohner denken gar nicht daran, den Rechten ihr Dorf zu überlassen.

Heiner Effern

Die Einwohner des kleinen Dorfes Halsbach unweit von Altötting kennen den Ärger mit den Neonazis nun schon seit Jahren. Der leer stehende Gasthof Gruber dient bekannten Rechtsextremisten wie den mehrfach vorbestraften Norman B. und seinen Kameraden vom Freien Netz Süd (FNS) trotz aller Widerstände mittlerweile als feste Bleibe für Konzerte und andere Veranstaltungen. Doch nun droht sich die Lage nochmals zu verschärfen: Norman B. und andere Rechtsextreme wollen ihre Präsenz offenbar ausbauen. Sie gründeten kürzlich den Verein "Frei Räume", Sitz in Halsbach. Die rechtsextreme Szene zeige starke Bemühungen, sich in dem Dorf "festzusetzen", heißt es von der Polizei.

Die Vereinsgründung ist ein weiterer Schritt dafür. "Kommen nur Mitglieder zu den Abenden, brauchen die Veranstalter ihre Konzerte oder Treffen nicht einmal mehr anmelden. Das ist wie eine private Geburtstagsfeier", sagt Marcus Hansen, Leiter der Halsbacher Gemeindeverwaltung. Dann sei auch mit Auflagen nichts mehr zu machen, die bisher wenigstens einige Treffen platzen ließen. Der Auftritt der rechten Band "Die Lunikoff-Verschwörung" an diesem Samstag wurde Hansen und Bürgermeister Georg Pfaffinger nur bekannt, weil der Leadsänger Michael Regener, früher Chef der rechten Band "Landser", nach einer Verurteilung und Haftstrafe seine Konzerte anmelden muss.

Etwa 200 Neonazis werden erwartet zur "Eröffnung des Hauses der Kultur und Meinungsfreiheit", wie das Freie Netz Süd den Abend ankündigt. Der Verein werde "in Zukunft Platz für nationale Wohn- und Gewerbeprojekte im ehemaligen Gasthof Gruber schaffen und zusätzlich als Anlaufpunkt patriotischer Menschen in Bayern und Österreich dienen", heißt es auf der Homepage des FNS. Die Band fordert im Internet die Fans auf, Vereinsmitglied zu werden. "Ihr wisst ja selbst, dass die Zeiten rauher werden. Aber wir werden eben auch immer kreativer!" Doch Pfaffinger und seine Halsbacher denken gar nicht daran, ihr Dorf den Rechtsextremen zu überlassen. "Wir werden um unsere Würde kämpfen und uns mit allen demokratischen Mitteln verteidigen", sagt Bürgermeister Pfaffinger. Am vergangenen Dienstag, als der neue rechte Auftrieb gerade bekannt geworden war, rief er seine Bürger zusammen. Mehr als 200 von 900 gemeldeten Einwohnern kamen.

Am Samstag von 17 Uhr an werden sie nun alle ihren ausgeleuchteten Dorfplatz besetzen und die Nazis empfangen. Drei Schlepper werden dort stehen, auf deren Schaufeln vorne auf Spannplatten montiert "demokratische Botschaften" stehen werden. Die Halsbacher wissen jetzt schon, dass sie am Samstag den Neonazis nicht alleine die Stirnbieten werden. "Wir erwarten 500 bis 1000 Demonstranten", sagt Bürgermeister Pfaffinger.

Längst ist der Versuch der Braunen, sich in Halsbach zu etablieren, in der Region Anlass zur Sorge. Wegen der großen Zahl der erwarteten Nazi-Gegner wird es am Samstag im Ort keinen Parkplatz für rechtsextreme Konzertbesucher geben. Und auch der Altöttinger Landrat Erwin Schneider (CSU) wird unter den Demonstranten sein. "Wir werden zeigen, dass wir das rechte Treiben als widerlich empfinden", sagt er.

Vor drei Jahren hatten die Halsbacher die Möglichkeit, das damals schon von Norman B. und seinen Kameraden genützte Gasthaus zu kaufen. Doch der Eigentümer gab an, auch die NPD sei interessiert und trieb so den Preis in utopische Höhen. Die kleine Gemeinde mit nur geringer Finanzkraft stieg aus den Verhandlungen aus. Ob die Neonazis das Wirtshaus fest gepachtet haben, ist unklar. Die Telefonnummer des Gasthauses gibt es nicht mehr.

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