Demenzkranker Millionär Luxi:Gericht sieht "Gefahr im Verzug"

Überraschende Wende im Fall Georg Luxi: Das Landgericht Deggendorf hat angeordnet, den Millionär unter Betreuung zu stellen. Erst kürzlich ist der demenzkranke 86-Jährige in einer Klinik wieder aufgetaucht, sein Zustand gilt als kritisch - doch seine Lebensgefährtin und ihr Sohn sollen versucht haben, die künstliche Ernährung einstellen zu lassen.

Von Wolfgang Wittl

Der Rechtsanwalt Volker Thieler hat bislang kaum ein gutes Wort über die Deggendorfer Justiz verloren, nun aber lobt er geradezu überschwänglich: "Extrem schnell" und "toll reagiert" habe das Landgericht Deggendorf, dessen Beschluss "ein Geschenk des Himmels" sei. Am Montag hat das Landgericht entschieden, den demenzkranken Georg Luxi unter Betreuung zu stellen. Man könnte dies auch als Wende in dem bundesweit Aufsehen erregenden Fall bezeichnen.

Mit seiner einstweiligen Anordnung hob das Landgericht einen Beschluss des Amtsgerichts auf, das eine Betreuung Luxis noch abgelehnt hatte. Das Landgericht begründet seine Entscheidung unter anderem mit "Gefahr im Verzug". Luxi befinde sich "in einem gesundheitlich kritischen Zustand" und müsse "dringend" künstlich ernährt werden. Laut Thieler und dem nun vom Gericht bestellten Betreuer hätten Luxis Lebensgefährtin und deren Sohn am Montag offenbar versucht, die künstliche Ernährung Luxis einstellen zu lassen.

Maria und Georg S. beriefen sich auf eine Patientenverfügung des bald 87-Jährigen vom 27. Juni 2012. Das Gericht indes sieht "dringende Gründe für die Annahme, dass der Betroffene", also Luxi, diese Verfügung gar "nicht hinreichend überblicken konnte". Demnach bestand nun offenbar die Gefahr, einen alten Menschen gegen seinen Willen verhungern zu lassen.

Es ist eine weitere dramatische, vielleicht letzte Entwicklung in einem Fall, den es "deutschlandweit so noch nicht gegeben hat", wie Thieler betont. Luxi, ein ehemaliger Geschäftsmann aus Deggendorf, war von seiner Lebensgefährtin und deren Sohn zuletzt eineinhalb Jahre "unter Verschluss gehalten" worden, wie sogar die Staatsanwaltschaft sagte. Seine beiden Töchter und die Behörden versuchten vergeblich, den offensichtlich dementen Rentner ausfindig zu machen.

Zu diesem Zeitpunkt war bereits bekannt, dass Luxi seiner Lebensgefährtin und deren Sohn im September 2008 eine Generalvollmacht ausgestellt hatte. Maria und Georg S. ließen kurz darauf Luxis Barvermögen von einer Million Euro sowie seine Immobilien auf sich überschreiben. Am Donnerstag vorvergangener Woche war Luxi schließlich überraschend aus Klatovy (Klattau) ins Kreiskrankenhaus Zwiesel verlegt worden. Möglicherweise hatte seine Lebensgefährtin ihn längere Zeit in Tschechien versteckt gehalten. Seine Töchter bezeichneten seinen Zustand als katastrophal.

"Ein Todesurteil"

Luxi hatte offenbar nicht nur einen oder mehrere Schlaganfälle erlitten, sondern sich auch das Nasenbein gebrochen. Dies ergaben Untersuchungen in Zwiesel. Angeblich soll er sich diese Verletzung bei einem Sturz aus dem Bett zugezogen haben. Am Montag erhielt Thieler, der Luxis Töchter vertritt, einen Anruf von einer Frau aus dem Krankenhaus. Die Zeugin behauptet gehört zu haben, wie Georg S. im Gespräch mit einer Ärztin darauf gedrängt habe, die künstliche Ernährung Luxis einzustellen. Laut Thieler "ein Todesurteil".

Auch Reha-Maßnahmen soll S. abgelehnt haben. Auf den Hinweis der Ärztin, Luxis Zustand habe sich zuletzt doch verbessert, soll S. geantwortet haben: "Ja, es geht ihm jetzt nur besser, nachdem er von euch gedopt wurde." Das Krankenhaus möchte dazu unter Verweis auf seine Schweigepflicht keine Stellung beziehen. Ein Sprecher begrüßte allerdings die Bestellung eines Betreuers, weil nun Rechtssicherheit herrsche.

Aufgabe von Betreuer Ronny Raith, einem Fachanwalt für Strafrecht, wird es nun sein, "den wahren Willen von Herrn Luxi zu erforschen". Zu prüfen ist, ob Luxi die Patientenverfügung wie auch die Vollmachten an Maria und Georg S. in Vollbesitz seiner geistigen Kräfte erteilt hat. Daran bestehen offenbar Zweifel. Ein Gutachter aus dem Bezirksklinikum Mainkofen bescheinigte Luxi inzwischen "ein schweres hirnorganisches Psychosyndrom bei wohl frischer cerebraler Ischämie" sowie "Hinweise für ein vorbestehendes dementielles Syndrom". Gut möglich also, dass Luxi bereits 2008 bei der Unterschrift unter die Vollmacht nicht mehr erkannte, was er da tat. Sollte Luxi damals tatsächlich geschäftsunfähig gewesen sein, wäre die Vollmacht rückwirkend unwirksam.

"Das ist ein Riesenerfolg"

Für das Gericht bestehen schon jetzt "dringende Gründe für die Annahme, dass die genannte notarielle Vollmacht missbraucht wird". Betreuer Raith sagte der SZ, bis nicht zweifelsfrei feststehe, dass Luxi lebenserhaltende Maßnahmen ablehne, würden diese definitiv fortgesetzt. Luxis Lebensgefährtin Maria S. soll derweil dessen frühere Wohnung bezogen habe, für die der 86-Jährige angeblich aus freiem Willen sogar sein Nießbrauchrecht aufgab.

Luxis Töchter zeigten sich über die Bestellung eines unabhängigen Betreuers erleichtert. "Das ist ein Riesenerfolg", sagte Evelyn Angerer. Ihre Schwester hütet dennoch Tag und Nacht das Bett ihres Vaters. Aus Angst, Georg Luxi könne "wieder entführt" werden, weicht sie nicht von seiner Seite. Ihr Vater schlage nun wieder die Augen auf, sei aber nach wie vor verängstigt, berichtet Angerer. Manchmal wolle er das Bett verlassen. Wenn man seine Hand streichele, beruhige er sich jedoch wieder. "Er merkt, dass jemand da ist, der es gut mit ihm meint", sagt Angerer. Die Familie überlege, den Vater nach Hause zu holen.

Ob und wann dies gestattet sein wird - auch das werden die Gerichte klären müssen. Anwalt Thieler wird einen Antrag auf Kontrollbetreuung stellen. Er glaube nun, dass der Fall Luxi doch noch ein gutes Ende nehmen könne.

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