"Dem Schnabel nach":Da gehst her, Vogel!

"Dem Schnabel nach": Friederike Herzog aus München ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Landesbund für Vogelschutz. Sie weiß, wie man einen Brachvogel einfängt und besendert.

Friederike Herzog aus München ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Landesbund für Vogelschutz. Sie weiß, wie man einen Brachvogel einfängt und besendert.

(Foto: privat)

Die Fang-Aktion des Brachvogels an der Donau bei Regensburg hat nur wenige Minuten gedauert. Das Tier ist nun mit einem Sender versehen.

Von Christian Sebald, Pfatter

Das Einfangen eines Vogels erinnert fast an einen Krimi: Auf einer Wiese spaziert ein Männchen mit seinem Jungtier herum. Da fährt von hinten langsam ein Auto auf die beiden zu. Plötzlich springen zwei Personen aus dem Wagen heraus.

Die Vögel versuchen noch zu fliehen, doch das Jungtier hat keine Chance. Als es die beiden Verfolger schon fast erreicht haben, schmiegt es sich an den Boden, als wäre es dann nicht zu sehen. Die beiden heben den Vogel auf und stecken ihn in einen Sack. "Gúik, Gúik" - aus der Ferne hört man das Männchen wütend schreien.

Es war aber kein Krimi, der sich da dieser Tage in den Donau-Auen bei Pfatter im Landkreis Regensburg abgespielt hat. Es war vielmehr der Beginn des Forschungsprojekts über den Großen Brachvogel, das den Landesbund für Vogelschutz (LBV) die nächsten Jahre beschäftigen wird.

Die Biologin Friederike Herzog und zwei Helfer haben dort den jungen Brachvogel eingefangen, den die Süddeutsche Zeitung auf seinem Winterflug in den Süden begleiten wird. Die Aktion ging minutenschnell vonstatten. Denn der etwa fünf Wochen junge Vogel ist noch nicht flügge, also konnte er nicht einfach davonfliegen.

Wenig später hatten Herzog und ihre Helfer ihm schon den GPS-Sender umgeschnallt und ihn wieder freigelassen. Dem jungen Brachvogel geht es bestens, er hat die Fang-Aktion sehr gut überstanden, auch wenn es aufregende Minuten für ihn waren. Aber gleich darauf stapfte er wieder auf der Wiese umher und beäugte neugierig Herzog und ihre Helfer.

Die Ornithologen verstehen ihr Handwerk. Sie wissen genau, wo und wie sie so einen Jungvogel anfassen können, damit ihm nichts passiert. Auch die Gurte, mit denen sie ihm Sender umgeschnallt haben, können ihn nicht drücken. Es handelt sich um einen Leg-Loop. Das ist ein spezieller Hüftgurt, der vom Aussehen her an einen Klettergurt erinnert.

Der große Vorteil eines Leg-Loops ist, dass er die Brust freilässt, so dass der Jungvogel dort noch ordentlich zulegen kann, ohne dass ihn der Sender beengt oder gar einschnürt. Auch sonst ist das Jungtier ein Brachvogel wie aus dem Bilderbuch: Er wiegt etwa 470 Gramm, sein Schnabel ist 6,1 Zentimeter lang und von der Zehen- bis zur Schnabelspitze misst er ungefähr 50 Zentimeter.

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Nur das Geschlecht hat Herzog noch nicht feststellen können. Dafür ist der Brachvogel einfach noch zu jung. Der Sender funktioniert ebenfalls hervorragend. Von ihrem Schreibtisch in München aus kann Herzog am Bildschirm genau nachvollziehen, wo der Vogel überall herumstapft. Im Moment ist er immer noch nicht flügge.

Deshalb beträgt sein Aktionsradius nur wenige Hundert Meter. Aber er ist munter unterwegs, die meiste Zeit auf Nahrungssuche. Schließlich muss er noch kräftig wachsen. Außerdem dürfte er nach wie vor in Begleitung seines Vaters unterwegs sein. Denn bei Großen Brachvögeln ist es so: Als erste verlassen die Weibchen das Brutgebiet, sie fliegen bereits Ende Juni in den Süden.

Von diesem Zeitpunkt an kümmern sich ausschließlich die Männchen um den Nachwuchs - und zwar bis er richtig fliegen kann. Erst danach machen sich die Männchen auf ihren Winterflug. Die Jungtiere selbst sind dann die letzten, die losfliegen. Sie starten erst Ende Juli, Anfang August in den Süden.

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