Debatte über Hochschule:Warum Nürnberg eine Uni braucht

Nürnberger Altstadt, 2016

Eine Halbmillionenstadt wie Nürnberg als Uni-Niemandsland - das ist ein bayerisches Unikum.

(Foto: Johannes Simon)

Eine eigene Universität für Bayerns zweitgrößte Stadt wäre ein Segen - auch für München.

Kommentar von Olaf Przybilla

Wenn es stimmt, was Teilnehmer aus der Kabinettssitzung berichten, dann war von einer Universität für Nürnberg zu Beginn dort nicht die Rede. Die Tischvorlage jedenfalls blieb weit dahinter zurück.

Vor Journalisten antwortete Horst Seehofer später dann aber auf die Frage, ob man da etwa an einer Universität für Nürnberg arbeite, mit einem schlichten Ja. Nach einer Pause kamen zwar noch einige Relativierungen. Trotzdem wird Seehofer dahinter kaum zurückkönnen. Und sollte es auch nicht: Es dürfte wenig Sinnvolleres für Bayerns zweitgrößte Stadt geben als eine eigene Universität.

Aber hat dieses Nürnberg nicht letzthin erst eine schöne Sanierung eines Sees spendiert bekommen? Und dieses, wie heißt das Ding doch gleich, Heimatmuseum-oder-so vom Söder, das steht doch da jetzt auch. Sogar die Kaiserburg soll demnächst ein Café bekommen, hui. Damit ist dann aber mal gut oder?

Nein, ist es nicht. Und zwar, weil damit die Probleme der historischen Arbeiterstadt nicht im Geringsten zu lösen sind. Ein paar Ministeriumsmitarbeiter, die von München nach Nürnberg pendeln, mögen erfreulich sein für die Deutsche Bahn. Die sozialen Herausforderungen der Nürnberger Südstadt lösen sie nicht im Ansatz. Von aufgehübschten Seen und Burgen ganz zu schweigen.

Wer heute noch behauptet, es sei sinnvoll in einem Flächenland vor allem eine Region stark und immer stärker zu machen, der stand vermutlich in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr im Stau vor München. Die größte Stadt des Landes funkelt, gedeiht - und wuchert. In der zweitgrößten Stadt des Landes ist die Arbeitslosigkeit derweil doppelt so hoch wie die im Landesdurchschnitt.

Ist das so, weil es die Nürnberger einfach nicht können? Das mag anmerken, wer sich originelle Witze unter keinen Umständen entgehen lassen will. Die Wahrheit ist: Es gibt in der ganzen Republik keine zweite Stadt in der Größe, die von ihrem Land mit Universitätseinrichtungen so lachhaft bedacht worden ist wie Nürnberg. Eine Halbmillionenstadt als Uni-Niemandsland - das ist ein bayerisches Unikum. Das kann man für immer so lassen. Oder es irgendwann einfach mal ändern. Notfalls sogar durch aktives Ignorieren der Tischvorlage.

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