Debatte im Landtag:"Der Rechnungshof hat keine Ahnung"

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Die CSU ignoriert die Rüge zu den Meinungsumfragen der Staatskanzlei - und bringt damit SPD und Grüne in Rage.

Katja Auer

Ein gutes Ende hat sie dann doch nicht genommen, die "große Märchenstunde" am Mittwochabend im Landtag. Als solche bezeichnete CSU-Fraktionschef Georg Schmid die hitzige Debatte. Es ging um die umstrittenen Meinungsumfragen der Staatskanzlei, mit denen sie auch Wahlabsichten erfragen und sich Tipps geben ließ, auf welche Weise die CSU sich mit anderen Parteien auseinandersetzen sollte.

Große Gesten: Ministerpräsident Horst Seehofer (links)  und der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher im Landtag. (Foto: dpa)

Der Oberste Rechnungshof hat diese Praxis jetzt scharf gerügt. Die Staatsregierung müsse der Neutralitätspflicht gehorchen und dürfe Haushaltsmittel nicht dazu verwenden, um nach Parteikompetenzen und Wahlabsichten zu fragen.

SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher forderte deshalb am Mittwochabend erneut den Rücktritt von Staatskanzleichef Siegfried Schneider. "Es geht um wissentlichen systematischen Steuermissbrauch", sagte er. Schneider habe die Öffentlichkeit mehrfach belogen, "das reicht für mindestens drei Rücktritte". Außerdem müsse die CSU die mehr als eine halbe Million Euro in die Staatskasse zurückzahlen, die die Umfragen gekostet haben.

"Wir fordern Sie auf, sich wieder auf den Boden der Verfassung zu begeben", sagte die Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause. Die Grünen wollen nun eine Verfassungsklage prüfen. Und Michael Piazolo, der Fraktionsvize der Freien Wähler, warf die Frage auf, ob mancher CSU-Vertreter nicht schon zu lange in der Politik sei. "Dann geht offenbar das Bewusstsein verloren, was man darf und was man nicht darf."

Georg Schmid sieht es genau andersrum. "Erst zwei Jahre da und schon schlau daherreden, das hab ich gern", rief er Piazolo entgegen und setzte zur großen Verteidigungsrede an. Gar nichts habe Schneider falsch gemacht, der habe das volle Vertrauen seiner Fraktion. Nur der Herr Rinderspacher, der versuche schon wieder "durch Skandalisierung von der eigenen Unfähigkeit abzulenken". Der Rechnungshof habe doch schließlich auch festgestellt, dass die Staatsregierung sehr wohl Meinungsumfragen in Auftrag geben dürfe. Wohl wahr, aber halt nicht so, wie es in Bayern praktiziert wurde, darauf hatte der Rechnungshof deutlich hingewiesen. Darüber sah Schmid hinweg und erklärte, anderswo würde es doch auch so gemacht. Thomas Goppel, früher selbst mal CSU-Generalsekretär, betonte gar, die Praxis der Staatskanzlei könne aus der Ferne gar niemand beurteilen. "Der Rechnungshof hat keine Ahnung", sagte Goppel, "auch wenn ich ihm zugestehe, seine Sichtweise darzustellen."

Mehr ist also bei der Debatte nicht herausgekommen, als dass jeder seine Sichtweise darstellen konnte. Die Anträge von SPD und Grünen, der Landtag möge die Umfragepraxis zumindest rügen, wurden jedoch abgelehnt. Die Debatte ist zunächst vertagt. Zumindest so lange, bis Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) geklärt haben wird, ob es sich bei den Meinungsumfragen tatsächlich um eine verdeckte Parteienfinanzierung und somit einen Verstoß der CSU gegen das Parteiengesetz gehandelt hat. Darauf versteifte sich auch die FDP. Man wolle die Prüfung abwarten, sagte Fraktionschef Thomas Hacker. Im Sommer hatten sich die Liberalen über die Studien aufgeregt, von denen sie nichts wussten und in denen zu lesen war, dass die CSU ruhig auch die Auseinandersetzung mit der FDP suchen möge. Am Mittwoch stimmten die Liberalen trotzdem mit der CSU. Zumindest für die Koalition hat es also doch ein Happy End gegeben. Zumindest vorerst.

© SZ vom 04.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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