Das CSU-Tandem im Porträt:Der Traum von einem Paar

CSU-Chef Huber und Ministerpräsident Beckstein hat das Schicksal zusammengeschweißt. Sie wissen, dass sie bei der Landtagswahl nur gemeinsam siegen können.

A. Ramelsberger

Es ist jetzt neun Uhr abends, und Günther Beckstein krächzt. Der Mann ist seit Wochen heiser, er trinkt Salbeitee, den er hasst. Eigentlich gehört er ins Bett, doch hier geht es um viel. Hier ist Edmund-Stoiber-Land: Pliening, Oberbayern, die Hochburg der CSU. "Jeder von euch muss jeden Tag fünf Leute anrufen und davon überzeugen, CSU zu wählen", krächzt Beckstein. "Und die müssen dann wieder jeden Tag fünf Leute anrufen."

Das CSU-Tandem im Porträt: CSU-Chef Erwin Huber (links) und Ministerpräsident Günther Beckstein müssen um die 50 Prozent plus X bangen.

CSU-Chef Erwin Huber (links) und Ministerpräsident Günther Beckstein müssen um die 50 Prozent plus X bangen.

(Foto: Foto: dpa)

Beckstein sieht aus, als wolle er sofort selbst zum Telefonhörer greifen. Aber sonst sieht hier niemand so aus. Die Herrschaften im Trachtenjanker bestellen sich noch ein Bier. Dann beißen sie in ihre Brezn.

Es ist mittlerweile 22.30 Uhr, Erwin Huber hat geredet, Beckstein hat gekrächzt. Sie singen jetzt die Bayernhymne, dann das Deutschlandlied. Beckstein hat dem Bürgermeister versprochen, sich für die Umgehungsstraße einzusetzen. Er hat allen zugeprostet, hat alle Hände geschüttelt.

Am Ende sagt Bürgermeister Georg Rittler: "Der hat sich gemacht. Der ist grundehrlich." Aber: "Er ist kein Stoiber." Es hört sich an, als hätte sich Beckstein auch zu Hause einen Halswickel machen können.

Am Abend eines solchen Tages sitzt Beckstein auf dem Rücksitz seines Wagens. Da denkt er an Oliver Kahn. "Dieser unbedingte Siegeswille" fasziniere ihn, sagt er. Diese hundertprozentige Konzentration. Bei der Verabschiedung des Bayern-Torwarts war er dabei, er, Beckstein, der Club-Fan aus Nürnberg. Er fühlt eine seltsame Verbundenheit mit dem Torwart. Das hat er schon gleich nach dem Abschied von Kahn Anfang September erzählt, hier in Pliening sagt er es wieder. Das mit Kahn arbeitet in ihm.

Denn auch Beckstein fühlt die Angst des Torwarts vorm Elfmeter. Er muss verhindern, dass der Schuss ins Tor der CSU geht. Er muss verhindern, dass die Partei unter 50 Prozent fällt. Er setzt alles daran, am 28. September diesen Schuss zu halten. "Ich will, ich kann", sagt Beckstein, "das muss so stark sein, dass es sich auf die anderen überträgt."

Draußen stehen die anderen, die, die interessiert zusehen, wie sich die zwei Spitzenleute der CSU schinden, um den Elfmeter zu parieren - es erinnert daran, wie die Leute zwei Wespen zusehen, die in die Maß Bier gefallen sind und nun versuchen herauszukommen.

Es ist ein Gefühl interessierter Distanz. Denn eigentlich kann ihnen ja gar nichts passieren, nicht den Bezirksvorsitzenden der CSU, nicht den Ministern, nicht den Hoffnungsträgern. Sie alle kommen noch zum Zug, irgendwann. Nur für Huber und Beckstein ist es die letzte, die einzige Chance. Es geht um die Macht in Bayern. Aber es geht auch um Würde. Eine Würde, die sie in den letzten Jahren fast verloren haben.

Um das zu verstehen, muss man einige Jahre zurückgehen - in den Herbst 2005, als Stoiber nach Berlin wollte. Stoiber hatte mit seinem Wunsch nach dem Super-Super-Ministerium seine zwei besten Leute verbrannt: seinen langjährigen Innenminister Beckstein und seinen Staatskanzleichef Huber.

Beide hatten in einer Nibelungentreue zu ihm gehalten, die sie fast in den politischen Tod getrieben hat: Beckstein wäre Bundesinnenminister geworden, wenn sich Stoiber nicht bis zuletzt alle Optionen offengehalten hätte. Huber säße heute als Kanzleramtsminister in Angela Merkels Kabinett. Doch dann mussten beide in München bleiben. Zwei Geschlagene, die wussten: Loyalität ist eine Einbahnstraße. Sie waren diese Straße bis zum Ende gefahren.

Lesen Sie auf der nächsten Seite von einem Akt politischer Selbsterhaltung.

Der Traum von einem Paar

Es war ein Akt der politischen Selbsterhaltung, der Huber und Beckstein in dieser Situation zusammentrieb. Das Volk murrte über Stoiber, die einstige Lichtgestalt, die sich selbst das Licht ausgeknipst hatte. Und die beiden sahen nun ihre letzte Möglichkeit, ihr Leben nicht als Diener ihres Herrn zu beenden.

Das CSU-Tandem im Porträt: Seit diesem Tag von Kreuth sind Beckstein und Huber aneinander gekettet, Huber als CSU-Vorsitzender, Beckstein als Ministerpräsident.

Seit diesem Tag von Kreuth sind Beckstein und Huber aneinander gekettet, Huber als CSU-Vorsitzender, Beckstein als Ministerpräsident.

(Foto: Foto: AP)

Man kann sich das Erstaunen in Edmund Stoibers Augen gar nicht groß genug vorstellen, als er den beiden im Januar 2007 in Kreuth sagte, er würde ja aufhören, wenn die beiden sich einigen könnten, wie sie seine Ämter unter sich verteilen. Aber sie könnten das ja nicht. Und als die beiden dann sagten: Doch, wir können.

Seit diesem Tag von Kreuth sind Beckstein und Huber aneinander gekettet, Huber als CSU-Vorsitzender, Beckstein als Ministerpräsident. Sie können nur gemeinsam siegen. Und zum allerersten Mal sind sie nicht Knecht, sondern Herr. Doch man sieht es ihnen nicht an. Sie wirken gebeugt unter der Last, siegen zu müssen, und sie ziehen durch ein Land, das, so sagt es Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, vergessen hat, warum es Stoiber eigentlich loshaben wollte.

Und dass sich nun mokiert über zwei kleine, graue Männer, die keine Lichtgestalten sind. Das lacht über das Gekicher von Beckstein, das stöhnt, wenn Huber niederbayerisch spricht.

Vor dem Brauereigasthof in Ustersbach nahe Augsburg haben sich die Honoratioren aufgebaut, direkt vor den Geranien. Die junge Brauereichefin hat sich in ein Festtagsdirndl geworfen, um den hohen Besuch zu empfangen. Ihr kleiner Sohn trägt eine Lederhose - eigens gekauft für den großen Tag. Der Gemeinderat ist vollzählig angetreten. Alle von der CSU und den Freien Wählern. Die anderen? "Gibt es nicht", sagt Bürgermeister Max Stumböck.

Keine SPD, keine Grünen, keine FDP in Ustersbach. Linke schon gleich gar nicht. Die Gemeinde, sagt der Bürgermeister, hat genau elf Arbeitslose. Die Zahl könnte auch schon wieder gefallen sein. Der Schreiner Gaßner und der Monteur Hillenbrand stehen auch vor den Geranien und warten. Huber kommt. Der Huber. Der Finanzminister und CSU-Parteichef. Und wie läuft es mit ihrem Huber? CSU-Gemeinderat Hillenbrand zieht die Brauen hoch. Er sagt nur ein Wort. Er sagt "schwierig".

Dann kommt der Parteichef. Läuft durch die Brauerei, kostet das Bier, lobt: "Klar, rein, kräftig - wie die CSU-Politik. Ein besseres Prädikat könnte ich Ihrem Bier gar nicht geben." Hillenbrand wiegt den Kopf, ein wenig erstaunt. Den Huber kennt er bisher nur aus dem Fernsehen, da kommt er nicht gut rüber. "Das hat er jetzt schön gesagt", sagt er fast widerwillig zustimmend. Huber prostet ihm zu.

Den anderen hat Hillenbrand auch schon erlebt, den Beckstein. Der war ein paar Tage vorher bei einem Betriebsbesuch in seiner Firma. "Sympathisch, ruhig, sachlich", sagt Hillenbrand. "Aber die Fußstapfen vom Stoiber sind zu groß." Stoiber, immer wieder Stoiber.

Substanz statt Glanz

In Bayern ist etwas eingetreten, was ganz selten ist in der deutschen Politik. Da musste ein Regierungschef gehen, der das Land am Ende mit seiner Egomanie nur noch genervt hatte. Seine Nachfolger wollten alles besser machen: wollten nicht mehr König von Bayern spielen, wollten das Rad, das Stoiber gedreht hatte, auf Normalgeschwindigkeit zurückdrehen. Sie wollten den Bürgern geben, was die Bürger fordern: verlässliche, nachvollziehbare Politik von Menschen wie du und ich. Substanz statt Glanz. Jetzt erkennen sie: Genau das wollen die Bürger nicht. Sie wollen keine normalen Leute als Anführer. Sie wollen Leute, die das verkörpern, was sie gerne wären: stark, zielgerichtet, cool.

Lesen Sie, wann man Huber und Beckstein am liebsten den Ton abdrehen würde.

Der Traum von einem Paar

Das CSU-Tandem im Porträt: Oft klingt das, was das Tandem zu sagen hat, brav und einstudiert.

Oft klingt das, was das Tandem zu sagen hat, brav und einstudiert.

(Foto: Foto: ddp)

Doch cool sind Erwin Huber und Günther Beckstein nun wirklich nicht. Und am schlimmsten ist es, wenn sie versuchen, es zu sein. So wie auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg. Zwei Busse stehen da auf der Bühne, der Huber-Bus, der Beckstein-Bus. Überlebensgroß ist das Gesicht des Protagonisten aufgedruckt. Die Türen gehen auf, Huber und Beckstein treten heraus, der Parteitag klatscht.

Der Moderator: "Die Busse sehen fabelhaft aus."

Huber: "Wir sind ja auch fabelhafte Burschen."

Beckstein: "Das wird ein toller Sommer."

Der Moderator: "Was ist Ihr Geheimrezept für den Wahlkampf?

Huber: "Für mich ist der Wahlkampf ein richtiger Jungbrunnen."

Am liebsten würde man den Ton abdrehen, so brav klingt das alles, so einstudiert. Deshalb nimmt man ihnen auch die Angriffslust nicht ab, die sie im Wahlkampf zelebrieren. Alles wirkt wie Kulissendonner, selbst wenn Beckstein frech erklärt, ein anständiger Bayer wähle CSU und könne auch noch nach zwei Maß Bier Auto fahren. Oder wenn Huber mal eben den Kreuzzug gegen die Linken ausruft.

Denn den wirklichen Donnerschlag haben sie vermieden. Nie haben sie gewagt, auf den zu zeigen, der ihnen die ganze Sache eingebrockt hat. Vorsichtig haben sie versucht, all das zurückzudrehen, was Stoiber angezettelt hatte: das überstürzt eingeführte G 8, die Kahlschlagorgie bei den Sozialdiensten, das Büchergeld, die Reformen, die keinen Stein auf dem anderen ließen.

Das, was in jedem Unternehmen üblich ist, alle Probleme dem alten Chef anzulasten, das haben Beckstein und Huber nicht getan. Sie haben sich Stoibers Probleme aufgebürdet. Sehr anständig ist das, zu anständig für gute Politiker.

Das Schlimmste: Sie haben zugelassen, dass die CSU fast ein Jahr lang nicht nach vorne schaute, sondern nur zurück. Neun Monate lang dauerten die Abschiedsfeierlichkeiten von Stoiber - von Januar 2007, als er seinen Rücktritt ankündigte, bis zum 30. September 2007, als er endlich zurücktrat. Neun Monate, in denen die beiden die Hoffnung der CSU sein sollten und selbst fast alle Hoffnung fahrenließen. In diesen Monaten konnte man in Berlin einen designierten CSU-Chef erleben, der nicht glauben mochte, dass einer die Partei in einem desaströsen Schwebezustand hielt, nur zum eigenen höheren Ruhm. Man konnte einen designierten Ministerpräsidenten erleben, der es nicht fasste, dass Stoiber ihm noch zwei Monate vor seinem Abgang die Politik der nächsten zehn Jahre diktieren wollte.

Absprachen funktionierten nicht

Huber und Beckstein rechneten jederzeit damit, dass es sich Stoiber doch noch anders überlegen könnte. Und als sie endlich dran waren, lieferte Beckstein statt eines furiosen Anfangs bei seiner ersten Regierungserklärung ein mattes "Weiter so, nur netter". Huber kämpfte sich alsbald durch die Affäre der Bayerischen Landesbank, die Milliarden abschreiben musste und die nun droht, ihn wieder einzuholen.

Auch die Absprachen funktionierten nicht. Da gab der eine die Landesbankzahlen bekannt, als der andere gerade im Skiurlaub war. Da wollte der eine den Verzicht auf die Kernkraft ins Grundgesetz schreiben, der andere grätschte dazwischen. Im März, bei den Kommunalwahlen, brach die CSU ein. Und wieder: Der eine lobte das Ergebnis, der andere gab sich zerknirscht. Stoiber, so ist aus der CSU zu hören, stand schon bereit, war auf dem Sprung zurückzukommen.

Doch da sprang der Motor der Kampfgemeinschaft Beckstein-Huber an. Noch einmal wollten sie sich nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen. Am 5. Mai stellte Huber sein Steuerkonzept vor, seitdem kämpfen er und Beckstein für "mehr Netto vom Brutto", für die Pendlerpauschale. In Kreuth schworen die beiden den CSU-Vorstand ein.

"Wir lassen beim Kampf um die Pendlerpauschale nicht locker"

Jetzt hört sich alles an, als würden sich Huber und Beckstein jeden Morgen vor dem Rasierspiegel die Parolen zurufen. Zur SPD: "Müntefering ändert nichts, die SPD ist eine Chaostruppe." Zur Steuerreform: "Wir lassen im Kampf um die Pendlerpauschale nicht locker." Zur Opposition: "Nicht den Lehrbuben der Politik die Staatskanzlei überlassen." Die beiden telefonieren täglich, zur Not verschickt Generalsekretärin Christine Haderthauer per SMS die aktuellen Sprachregelungen der Herren.

Beide sind nun auch modisch synchronisiert: Huber trug schon immer elegante Anzüge, jetzt kann auch Beckstein mithalten. Haderthauer hat ihm die Stylistin eines Herrenausstatters in die Staatskanzlei geschickt, damit er nicht mehr die Anzüge aus dem Fabrikverkauf Hersbruck aufträgt.

Die beiden zeigen nun auch demonstrativ, dass sie sich nicht streiten wollen. Wenn Huber auf dem Parteitag seine Rede beginnt, bricht Beckstein mitten in einem Radio-Interview ab. Er muss jetzt auf seinen Platz, muss Huber zuhören, das gehört sich so. Wenn Beckstein und Huber auftreten, dann sehen sie nun aus wie siamesische Zwillinge: Beide recken die Daumen hoch, beide winken in die Menge. Beckstein lobt Huber, Huber lobt Beckstein.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche unpolitische Eigenschaft Beckstein hat.

Der Traum von einem Paar

Das CSU-Tandem im Porträt: Beckstein hat die sehr unpolitische Eigenschaft, dass man ihm ansieht, wenn er schwindelt.

Beckstein hat die sehr unpolitische Eigenschaft, dass man ihm ansieht, wenn er schwindelt.

(Foto: Foto: seyboldpress)

Beide wissen: Sie müssen gemeinsam siegen, oder sie werden gemeinsam untergehen. Und sollten sie das einmal vergessen, stehen die Parteifreunde bereit, sie daran zu erinnern. Horst Seehofer zum Beispiel, der den beiden mitten im ärgsten Getümmel die Latte noch ein bisschen höher hängt: Für ihn haben die beiden erst ab 52 Prozent eine "eigene Legitimation". Seehofer sieht man jetzt gern mit Stoiber in seiner Heimat Ingolstadt im Festzelt sitzen, ganz traut vereint.

In der Zwischenzeit mühen sich Huber und Beckstein - und ihre Leute schauen zu. Beckstein ist nach Freising gegangen, zu über 1000 Flughafengegnern. Zwei Stunden haben sie ihn ausgepfiffen, er hat durchgehalten. Viereinhalb Stunden hat er auf die erbosten Milchbauern im Oberland eingeredet, nach zwei Stunden haben sie ihm wenigstens zugehört.

Beckstein hält auch jetzt in Pliening durch, selbst als sein Kultusminister ein eigens gedichtetes Lied zum Vortrag bringt. Der Refrain endet auf die Zeilen: "Die CSU regiert das Land, mit Herz, Verstand und sicherer Hand. Wir Bayern, ich und du und du, wir wählen CSU."

Huber im Häuserkampf

Beckstein hat die sehr unpolitische Eigenschaft, dass man ihm ansieht, wenn er schwindelt. Jetzt sieht man es ihm an. Er sagt, der Vortrag habe "Bayreuther Qualität". Er klatscht. Er lobt die Damen von der Blaskapelle. Dann empfängt er auch noch die Jungs von der Rockband Stereotype, die ihn nötigen, auf einer weiß-blauen E-Gitarre herumzuzupfen. Beckstein weiß, dass er das nicht kann. Er macht es trotzdem. Beckstein macht alles. Auch wenn er sich damit lächerlich macht. Er hat sogar schon mit Mädchen der Jungen Union posiert. Sie trugen weiß-blau gerautete Bikinis. Er sah aus, als habe er sich mit seinen Enkelinnen ins Schwimmbad verirrt.

Huber ist derweil im Häuserkampf unterwegs. Er massiert jede CSU-Seele einzeln. Er stürzt sich mit einem Satz in die Menge, der zeigt, dass das Getümmel nicht seine Welt ist. "Die CSU-Führung hat mir befohlen, Sie heimzusuchen", sagt er zu Parteifreunden in Nürnberg. In Schwaben erklärt er einem Rollstuhlfahrer, das ganze Sparen in Bayern sei doch kein Selbstzweck gewesen, es gehe doch um die Menschen.

Huber gibt plötzlich den sozialen Vorkämpfer, er, der 2005 das neoliberale Wahlprogramm für Angela Merkel mitgeschrieben hat. "Es kann einem ja niemand verbieten, dass man dazulernt", sagt er in kleinem Kreis. Den Damen im Biergarten der kleinen Stadt Babenhausen ruft er zu, sie sollten sich von den Männern nicht einreden lassen, sie verstünden nichts von Politik. Dass sie die CSU wählten, zeige doch, wie klug sie seien. Dort fragt ihn die Rentnerin Marieluise Blumberg: "Warum sind Sie immer so aggressiv im Fernsehen? Sie sind doch in Wirklichkeit viel netter als in der Talkshow." Huber dankt für den guten Rat.

Nein, die Herzen erobern Huber und Beckstein nicht im Sturm. Sie müssen wirklich um jede Stimme kämpfen. Sie tun es - so wie Oliver Kahn alles im Tor der Bayern getan hat. Die Not zwingt sie zusammen, zwingt sie zu Selbstdisziplin, Rücksichtnahme, Abstimmung. Sie, die ehemaligen Gegner. Den protestantischen Franken, den katholischen Niederbayern. Zwei eigenständige, eigenwillige Menschen. Eigentlich geht das gar nicht. Aber wenn sie es schaffen am 28. September, dann hat es sich für sie auch ganz persönlich gelohnt. Dann können sie sich befreit fühlen.

Und wenn nicht? Dann bricht für beide eine Welt zusammen - auch wenn sie äußerlich so tun werden, als wenn es jetzt nur darum ginge, vernünftig weiterzumachen. "Mein Lebensinhalt", sagt Huber über seine Partei. Alles würde er für die CSU tun, sagt Beckstein, alles: gehen oder auch bleiben. Bei 49 Prozent, sogar bei 48 Prozent wird er wohl weiter kämpfen. Kämpfen müssen, weil noch kein anderer als Ministerpräsident bereitsteht. "Der Günther wirft nicht hin", sagen sie in der CSU. "Der hat so viel Disziplin, dass er den Übergang managt und einen Nachfolger aufbaut."

Ganz ordentlich, so wie man es von ihm erwarten kann. Aber auch Huber würde nicht kampflos hinwerfen. "Ein CSU-Vorsitzender kapituliert nicht", sagen sie. Ein Satz, der Huber gefallen würde. Er ist ein Steher, er kämpft, bis es nichts mehr zu kämpfen gibt. Mit Beckstein, ohne Beckstein. Solange wie sie ihn kämpfen lassen.

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