Wildbad Kreuth:"Die Lage der FDP ist nicht mehr nur Sache der FDP"

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Horst Seehofer in Sorge: Der Parteichef zweifelt, dass sich die Liberalen aus eigener Kraft erholen. Und er stellt klar, dass er wieder als Parteichef kandidieren will, zur Not auch gegen CSU-Star Guttenberg.

Mike Szymanski

CSU-Chef Horst Seehofer macht sich Sorgen. Diesmal nicht um die eigene Partei, sondern um den Koalitionspartner FDP. Er bezweifelt, dass sich die Liberalen aus eigener Kraft stabilisieren können. Bei der CSU-Winterklausur in Wildbad Kreuth sagte Seehofer nach Angaben eines Teilnehmers: "Die Lage der FDP ist nicht mehr nur Sache der FDP, sondern auch Sache der bürgerlichen Koalition. Das heißt für uns, alles zu tun, die stabilisierenden Kräfte in der FDP zu stärken."

CSU-Chef Horst Seehofer: Bei der Wahl zum Parteivorsitzenden im Herbst will er auf jeden Fall wieder antreten. (Foto: dpa)

Abermals machte er die Zukunft der Koalition von einer Erholung der FDP abhängig. "Es geht darum, ob in dieser Republik, wo es tendenziell eine linke Mehrheit gibt, eine bürgerliche Regierung dauerhaft möglich ist."

Seehofer schloss eine Fortführung der Regierungsarbeit gegebenenfalls mit anderen Koalitionspartnern als der FDP aus: "Wenn wir aus der Regierung verschwinden, ist nur die Opposition die Alternative", zitierte ein Teilnehmer Seehofer aus der Sitzung.

Die CSU selbst atmet indes auf: Einen Tag vor Beginn der traditionellen Klausurtagung der Landesgruppe in Wildbad Kreuth sah eine Emnid-Umfrage die Christsozialen wieder im leichten Aufwärtstrend. Nach einer jahrelangen Durststrecke käme die Partei wieder auf 45 Prozent der Wählerstimmen, wenn am Sonntag Landtagswahlen wären. Bei der Bundestagswahl 2009 hatte sie bayernweit nur 42,5 Prozent erreicht.

Die Partei sei ein gutes Team und trete geschlossen auf, betonte CSU-Chef Horst Seehofer zu Beginn des dreitägigen Treffens an diesem Mittwoch. Er sei als Parteichef mit dem Ziel angetreten, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. "Das scheint sich jetzt abzuzeichnen. Das war ein Gemeinschaftswerk der ganzen Partei und aller Ebenen", sagte Seehofer. Deswegen soll es vor idyllischer Winterkulisse auch keine Personaldebatten geben.

So die Theorie. Ein wenig geredet wird dann doch. Denn nicht etwa Horst Seehofer sei für den Aufschwung der Partei verantwortlich, so die Demoskopen, sondern Wählerliebling und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.

Der Parteichef ging in der Sitzung auch auf Spekulationen ein, wonach ihn Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg aufgrund seiner hohen Popularität als Parteichef beerben könnte. Seehofer mahnte Geduld an. Einem Sitzungsteilnehmer zufolge sagte er: "Es sind schon einige hier, die aufgrund ihres Alters einer künftigen Führungsverantwortung nicht ausweichen können."

Seehofer: "Ich werde wieder kandidieren"

Seehofer betonte zu Beginn der Tagung, dass er auf jeden Fall im Herbst erneut für den CSU-Vorsitz kandidieren will, auch wenn der laut Umfragen weitaus beliebtere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gegen ihn antreten würde: "Wenn alles so bleibt, werde ich wieder kandidieren. Ich habe es immer auch als ein Stück Selbstverständlichkeit in der Demokratie betrachtet, dass es auch möglich sein muss, dass es Auswahlen gibt." Auf die Frage, ob er Ende 2011 noch CSU-Chef sein werde, sagte er dreimal hintereinander: "Ja."

Guttenberg selbst spielte die Bedeutung seines großen Popularitätsvorsprungs vor Seehofer in Kreuth demonstrativ herunter. "Die Dinge ändern sich immer wieder und deswegen sollte man darauf nichts geben." Die 45 Prozent seien "eine Teamleistung von vielen lustigen Charakteren". Diese Teamleistung werde man auch weiter erbringen.

Und Seehofer sagte: "Meine Werte waren immer irgendwo in der Nähe meiner Partei und deshalb bin ich ganz zufrieden." Die CSU habe für Deutschland und Bayern erstklassige Ergebnisse abgeliefert. "Ich habe gesagt, dass ich mich pudelgesund finde und deshalb auch mit großer Freude weiterarbeiten kann." Er sei hoch motiviert.

Politische Akzente will die CSU in Kreuth in der Europapolitik und der Terrorismusbekämpfung setzen. Bei letzterem tritt die Partei weiterhin für eine vorsorgliche Speicherung von Telefon- und Internetdaten ein, die der Koalitionspartner FDP jedoch ablehnt. "Es geht darum, Sicherheit für die Menschen in Deutschland zu schaffen", sagte Generalsekretär Alexander Dobrindt. Er sei sich sicher, dass bald auch die FDP auf diesen Kurs einschwenken werde und der Vorratsdatenspeicherung zustimme.

Die Debatte um Steuervereinfachungen sieht Seehofer auf einem guten Weg. Es gebe eine Vereinbarung mit Kanzlerin Angela Merkel und Westerwelle, diese nach der Prüfung durch die Fachleute so rasch wie möglich umzusetzen.

Aus Unmut über Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellt die CSU im Bundestag den Kompromiss zur Steuervereinfachung infrage. "Wir müssen darauf bestehen, dass wir nochmal neu Bedingungen aushandeln", sagte der Chef der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, am Rande der Klausur. Die CSU werde die einseitige Aufkündigung des Kompromisses nicht hinnehmen. Schäuble will wesentliche Steuervereinfachungen erst 2012 umsetzen. Die Fraktion hatte 90 Vorschläge gemacht, der Kompromiss sah dann deutlich weniger vor.

© sueddeutsche.de/dpa/dapd-bay/reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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