CSU:Wer von Seehofers Kandidatur profitiert - und wer um seinen Posten bangen muss

CSU-Vorstandssitzung

Auf den zweiten Blick, lässt sich Markus Söder nicht so einfach als Verlierer von Seehofers Verlängerung hinstellen. Er kann in Lauerstellung auf höhere Ämter bleiben.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Horst Seehofer will erneut als Ministerpräsident und Parteichef antreten.
  • Joachim Herrmann wird Spitzenkandidat für den Bundestagswahlkampf.
  • Von der Entscheidung werden einige CSUler wie Ilse Aigner und Alexander Dobrindt profitieren, andere wie Christian Schmidt müssen um ihre Posten bangen.

Von Wolfgang Wittl

Es ist in der CSU der Tag, der Horst Seehofer und Joachim Herrmann gehört. Der eine will erneut als Ministerpräsident und Parteichef antreten, der andere soll die CSU im September als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl führen. Es ist aber auch der Tag, an dem bereits die ersten Gewinn- und Verlustrechnungen aufgemacht werden. Wer sonst profitiert von der Entscheidung? Und wer würde diesen Montag am liebsten verwünschen?

Der vermeintlich größte Verlierer gibt sich als treuer Parteisoldat, ehe Seehofer seinen Entschluss überhaupt offiziell verkündet hat: Nur im Team könne die CSU erfolgreich sein, sagt Markus Söder. Die Partei müsse die schwierigen Wahlen geschlossen angehen, Seehofer habe seine "ehrliche Unterstützung". Sogar seine Kronprinzenrolle verleugnet Söder, die habe es "nie gegeben". Nanu? Söders Karrierepläne hatten mal anders ausgesehen, als jetzt anderen seine Hilfe anzubieten. Er wäre 2018 am liebsten selbst Ministerpräsident geworden, vorher Parteichef. Wahr ist aber auch: Bis auf die Zeitschiene hat sich für den Finanzminister nicht viel verändert. Zwar läuft er einerseits Gefahr, dass sich Konkurrenten nun wieder in Stellung bringen, andererseits kann ihm Seehofers Bewerbung viel Ärger ersparen.

Angenommen, Söder würde 2018 als Spitzenkandidat antreten und die absolute Mehrheit der CSU in Bayern verlieren, wären seine Tage als Nummer eins womöglich schon wieder gezählt. So liegt das Risiko bei Seehofer, Söder kann abwarten. In der CSU rechnet niemand damit, dass der Ministerpräsident mit dann 69 Jahren eine komplette Amtszeit von fünf Jahren anstrebt. Hört Seehofer während der Legislatur auf, wird der Regierungschef vor allem von der CSU-Landtagsfraktion gewählt. Und da hat Söder den besten Stand. Sollte er also keine Fehler machen und geduldig bleiben, hat er weiterhin die besten Aussichten auf Seehofers Nachfolge. Schwieriger wäre es für ihn geworden, hätte Seehofer jetzt einen anderen als sich selbst als Parteichef vorgeschlagen. Durch seine Ankündigung, gegen jeden Bewerber außer Seehofer anzutreten, hat Söder dieses für ihn unangenehme Szenario verhindert.

Der wahre Verlierer vom Montag ist daher ein anderer Franke: "Alles wunderbar", sagte Christian Schmidt auf dem Weg zur Vorstandssitzung. Doch wunderbar ist für ihn und seine politische Zukunft kaum noch etwas. Der Bundeslandwirtschaftsminister hat es bei der Listenaufstellung für den Bundestag nicht einmal unter die ersten fünf geschafft, in Joachim Herrmann ist ein anderer Mittelfranke an ihm vorbeigezogen. Dass Schmidt nach einem Wahlsieg der Union erneut als Minister ins Bundeskabinett einzieht, gilt daher nahezu als ausgeschlossen. Auch als stellvertretender Parteichef steht er dann auf der Kippe.

Sollten die Mittelfranken sich neu aufstellen, könnte der frühere JU-Landeschef Stefan Müller eine Rolle spielen. Wie Herrmann stammt Müller aus dem Stimmkreis Erlangen - ein Verbleib als Bildungsstaatssekretär im Bundeskabinett dürfte schwierig sein. Der 41-Jährige könnte dafür parteiintern aufsteigen. Vielleicht als neuer Parteivize? Oder als Bezirkschef in Mittelfranken, sollte Herrmann dieses Amt abgeben und selbst zum stellvertretenden CSU-Chef aufrücken wollen? Der Parteitag ist für Mitte November angesetzt.

Es bleibt die Frage, wer in Bayern welchen Kabinettsposten bekommt

Zu den Gewinnern zählen jene Leute in der CSU, die zu Söders Gegnern gerechnet werden: Ilse Aigner, Alexander Dobrindt, Manfred Weber. Sie gewinnen durch Seehofers Entscheidung Zeit, um sich besser zu positionieren. Aigner wird als oberbayerische CSU-Chefin versuchen, ihren Einfluss so auszuweiten, dass gegen den Willen der Oberbayern keine Entscheidung über den Ministerpräsidenten getroffen werden kann. Dobrindt dürfte Gerda Hasselfeldt an der Spitze der CSU-Landesgruppe im Bundestag beerben. Weber gilt in der CSU mit Söder und Herrmann als aussichtsreicher Kandidat, eines Tages den Parteivorsitz zu übernehmen. Allerdings sitzt er in Brüssel weit entfernt vom Machtzentrum München. Seehofer wird genau beobachten, wie Weber sich als CSU-Spitzenmann bei der Europawahl 2019 bewährt - und ihm wohl Freiheiten geben, sich zu profilieren. Schneidet Weber gut ab, wird das seine Chancen erhöhen.

Nicht zuletzt wird die Frage auftauchen, wer in Bayern welchen Kabinettsposten bekommt, sollte Herrmann wirklich zum Bundesinnenminister aufsteigen. Seehofer hat am Montag zwar klargestellt, er werde "energisch dazwischentreten", sollten solche Diskussionen geführt werden - zuerst habe der Souverän, der Wähler, zu entscheiden. Verhindern kann er die Spekulationen nicht.

Als aussichtsreichster Kandidat für das Innenministerium wird in der CSU Justizminister Winfried Bausback gehandelt. Für ihn spricht seine Erfahrung als Minister wie auch seine unterfränkische Herkunft. Bausbacks Posten im Justizministerium könnte dann der Oberbayer Florian Herrmann übernehmen, der derzeitige Vorsitzende des Innenausschusses. Ob Seehofer größere Kabinettsumbildungen plant, weiß niemand.

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