CSU: Vor der Bundestagswahl:Seehofers Strategien

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Doppell-Strategie für den 27.September: CSU-Chef Horst Seehofer will nicht nur die SPD Wähler abwerben- auch die FDP hat er weiterhin im Visier.

Kassian Stroh

Der kleine Mann soll es richten für den großen. "Die CSU wird die Partei der kleinen Leute bleiben", verspricht der hochgewachsene Horst Seehofer. "Dafür verbürge ich mich ganz persönlich." Sein Programm ist das von jeher, seit Montag spätestens ist dies auch die erklärte Stoßrichtung der CSU-Spitze. Bis zur Bundestagswahl am 27. September möchte die CSU vor allem von der SPD Wähler abwerben, mit einer Konzentration auf soziale Themen.

CSU-Parteichef Horst Seehofer fährt eine Doppelstragie im Wahlkampf. (Foto: Foto: dpa)

Die Sozialdemokraten seien abgefieselt bis auf die Knochen, nun wende man sich dem Knochen zu, lautet Seehofers Analyse. Seit er Parteichef sei, habe die CSU vor allem von der SPD Stimmen geholt, sagte er am Montag. Von den CSU-Wählern, die bei der Landtagswahl in Scharen zur FDP abgewandert und damit ein Grund für den Verlust der absoluten Mehrheit waren, seien aber keine zurückgekommen. "Da tritt man auf der Stelle", sagt Seehofer.

Und das war nach allem, was zu hören ist, auch die allgemeine Einschätzung in der Sitzung des CSU-Präsidiums am Montag, das sich mit den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland beschäftigte.

Daraus resultiert eine Doppelstrategie der CSU mit Blick auf die Bundestagswahl in vier Wochen. Er wolle zwar weiterhin eine schwarz-gelbe Mehrheit, beteuert Seehofer. Doch zugleich erklärt er, dass er sich der FDP entgegenstellen werde. Er wolle ein "neoliberales Streichkonzert" verhindern, wie es die FDP plane. "Hände weg vom Kündigungsschutz", fordert er, Mindestlöhne dürften nicht rückgängig gemacht, überzogene Boni und Abfindungen für Manager müssten verhindert werden. Diese seien ein "Ärgernis ersten Grades", sagt Seehofer vor der Presse.

Dämpfer für Guttenberg

In der Sitzung soll er diesbezüglich den Parteifreund und Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gerügt haben - der hatte sich nämlich gegen entsprechende gesetzliche Regelungen ausgesprochen. "Wir werden im Wahlkampf das soziale Gewissen geben", verspricht der Parteichef.

Zugleich malt Seehofer seit den Ergebnissen der Wahlen vom Sonntag das Bild der zwei Lager an die Wand: hier eine "stabile politische Option", nämlich Schwarz-Gelb, drüben "Instabilität durch Rot-Rot-Grün".

Die Rote-Socken-Kampagne oder auch die Idee vom "politischen Kreuzzug" gegen links, mit dem die CSU vor einem Jahr scheiterte, will Seehofer aber nicht wieder hervorholen. Er hält auch den Begriff Lagerwahlkampf für falsch, den habe es nur 2005 gegeben, als Union und FDP sogar gemeinsame Pressekonferenzen abhielten.

Der niederbayerische CSU-Bezirkschef Manfred Weber sieht das anders und fordert ebendiesen "Lagerwahlkampf" : Die Kanzlerin müsse die zur Wahl stehenden Alternativen deutlich machen. Weber greift damit auf, was in der CSU manchen umtreibt - dass Merkel bislang einen viel zu zurückhaltenden Wahlkampf geführt habe.

Doch Seehofer tut alles, um den Eindruck zu vermeiden, er kritisiere Merkel. Zu einem Strategiewechsel bestehe kein Grund, sagt er. "Das Allerwichtigste ist, dass die Union zusammensteht." Intern soll er mit Blick auf Weber gesagt haben, jetzt sei nicht die Zeit für öffentliche Ratschläge.

Bei der bayerischen FDP hat man Ansätze eines Strategiewechsels der CSU gesichtet. Wenn sich Seehofer nach sechs Wochen ständig zunehmender Kritik am Koalitionspartner in Bayern nun gegen die SPD wende, "wachsen vielleicht die Chancen" für Schwarz-Gelb auch im Bund, glaubt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Die FDP werde aber weiter keinen Koalitionswahlkampf führen, sondern nur für sich werben. "Das kann die einzige Linie sein, gerade wenn man die letzten Wochen bedenkt", sagt die FDP-Landesvorsitzende, verschnupft über Seehofers Attacken.

Auch der SPD scheint es nur recht zu sein, wenn Seehofer nun eine "stärkere inhaltliche Profilierung" verkündet. "Wir werden die inhaltliche Zuspitzung suchen", sagt Landeschef Florian Pronold. Dann lasse sich deutlich sagen, wie die CSU in Berlin beispielsweise gegen Mindestlöhne Politik gemacht habe. Seehofer gebe sich gerne "als Reinkarnation von Robin Hood", kritisiert Pronold. "Aber wenn es drauf ankommt, ist er der Sheriff von Nottingham."

Und sollte es der CSU-Chef doch mit der Roten-Socken-Kampagne probieren, werde dies, da sind sich Pronold wie auch Grünen-Landeschef Dieter Janecek einig, erfolglos bleiben. "Die ist schon so alt, dass die Socken stinken", sagt Pronold.

© SZ vom 01.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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