CSU und Guttenberg:Stille um den Star

Man könnte glauben, er sei in Vergessenheit geraten: Auf dem CSU-Parteitag erwähnen einstige Weggefährten Karl-Theodor zu Guttenberg mit keinem Wort. Ist der Mythos des einstigen Polit-Messias schon verblasst? Nein, die Parteibasis pflegt ihre Bewunderung vorerst im Stillen - und schwelgt in Rückkehrphantasien.

Roland Preuß, Nürnberg

"Ich finde", sagt Angela Merkel in die Stille hinein, "Karl-Theodor zu Guttenberg hat etwas mehr Beifall verdient." Da rühren sich die Hände der Delegierten - doch der Applaus verebbt nach wenigen Sekunden. Mit dem Schlüsselwort Guttenberg lässt sich nicht mehr verlässlich Applaus ernten. Das muss selbst die Kanzlerin auf dem Nürnberger CSU-Parteitag feststellen, als sie sich auf das Erbe Guttenbergs, die Bundeswehrreform, beruft.

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Die Scheinwerfer und Fernsehkameras sind derzeit auf andere CSU-Politiker gerichtet - doch die Parteibasis hat ihre einstigen Star nicht vergessen und glaubt an seine Rückkehr.

(Foto: AFP)

Was für ein Unterschied zu früheren Treffen. Nach seinem Rücktritt hatten alle aus der Parteispitze monatelang huldigende Sätze an Guttenberg eingeflochten und dafür so zuverlässig Zustimmung geerntet, als würden sie einen Jubel-Knopf drücken.

Der einstige Star wird mit keinem Wort erwähnt

So war es beim Aschermittwochstreffen, so war es auf Bezirksparteitagen, wo Seehofer Guttenberg versicherte: "Du bist sei einer von uns, Du bleibst einer von uns und wir wollen, dass Du wieder zurückkehrst in die deutsche Politik." Andere Parteispitzen schwelgten in Guttenberg-Nostalgie von Telefonaten mit dem fernen Star, die Partei zelebrierte ihren Trotz gegen seinen Rücktritt in der Plagiatsaffäre.

In Nürnberg lobt Seehofer die jetzigen CSU-Minister, einen nach dem anderen, streift die Kabinettsumbildung, die durch Guttenbergs Fall ausgelöst wurde - und erwähnt den einstigen Star mit keinem Wort. So wie die anderen CSU-Größen auch.

Ein gutes halbes Jahr ist Guttenbergs Rückzug nun her - der Mythos verblasst.

Guttenberg ist im Sommer in die USA gezogen, seine Rückkehr in die deutsche Politik damit weiter in die Ferne gerückt. "Für 99 Prozent der Delegierten ist seine Rückkehr überhaupt kein Thema", sagt ein CSU-Vorstandsmitglied. Nicht alle in der Spitze sehnen sich nach einem raschen Comeback, er hatte ja nicht nur Freunde.

Die Aufmerksamkeit ziehen in Nürnberg andere auf sich -Theo Waigel mit einer klugen Rede zur Schuldenkrise. Vor allem aber Peter Gauweiler, der mit harschen Sätzen gegen die Rettung Griechenlands und die "Finanzwalze" am Freitag die Parteifreunde am meisten begeistert - und die Objektive der Fernsehkameras auf sich zieht. Und der am Samstag schon für seine Bewerbungsrede zum Parteivizevorsitz Bravo-Rufe erntet, auch wenn er am Ende knapp gegen Peter Ramsauer verliert.

Die stille Guttenberg-Verehrung lebt weiter

"Gauweiler ist der neue Guttenberg", flachst ein Delegierter aus Unterfranken. Die Eurodebatte und die Gauweiler-Abstimmung verdecken so manches. Doch wer etwas kratzt an dieser Schicht der Aktualität, trifft schnell auf die stille Guttenberg-Verehrung, die an der Basis weiterlebt.

Dass KT, wie er intern heißt, in den Reden kein Thema mehr ist, sei der Schnelllebigkeit geschuldet, sagt Birgit Weber, Kreisvorsitzende im oberfränkischen Coburg. "Wer nicht mehr in Zeitungen und Internet präsent ist, der gerät schnell aus dem Blickfeld." Durch seinen Abgang sei ein Vakuum in der Partei entstanden, sagt ihr oberfränkischer Parteifreund Frank Altrichter. "Aber politisches Talent verliert man nicht." Beide hoffen nach wie vor auf eine Rückkehr des früheren Verteidigungsministers - und das tun auch Delegierte aus anderen Bezirken.

Die Basis fragt nicht, ob - sondern wann

Das Schweigen zu Guttenberg könnte das allgemeine Gefühl befördern, die Plagiatsaffäre sei lange her, er habe lange genug gebüßt - so zumindest die Hoffnung. "Das ist eine hilfreiche Ruhe", sagt Alexander Heimisch, Vizechef des Kreisverbands Ingolstadt. Jetzt aber sei es noch zu früh, auf die Bühne zurückzukehren.

Die Basis hatte Guttenberg im Frühjahr zum Parteitagsdelegierten gewählt, doch der 39-Jährige ist nicht gekommen. "Dies ist kein Desinteresse, das ist Realismus", sagt Heimisch. Der Glauben an eine Rückkehr lebt fort, an der Basis wird - wenn überhaupt - über den Zeitpunkt gerätselt. Schon zur nächsten regulären Bundestagswahl 2013, oder erst vier Jahre später? Oder geht er doch in die Landespolitik: Guttenberg, der weltläufige Außenpolitiker, in München?

"Jeder hat eine eigene Idee, wie er zurückkommt", sagt Weber. "Doch das kann dauern." Und dass von den Parteispitzen niemand mehr darüber redet? Es könnte Teil der Strategie sein.

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