CSU und die Seehofer-Nachfolge:Bayern sucht den Kronprinzen

Wer folgt auf Horst Seehofer? Derzeit schätzt der Ministerpräsident noch keinen der möglichen Kandidaten als stark genug ein, ihn zu beerben. Finanzminister Söder und Sozialministerin Haderthauer müssen sich noch beweisen, fordert der CSU-Chef. Doch die besten Chancen hat ohnehin eine andere Frau.

Robert Roßmann und Mike Szymanski, München

Ilse Aigner kommt als Letzte. Der CSU-Parteitag hat längst begonnen. Generalsekretär Alexander Dobrindt hält schon seine erste Rede. Es geht um die bayerischen Sozialdemokraten, die eigentlich keiner Erwähnung wert seien. Und über die Dobrindt dann aber trotzdem ziemlich viele Worte verliert. Aber das ist schnell egal - denn jetzt richten sich alle Blicke nach hinten. Aigner-Auftritt. Sie weiß, wie man so etwas richtig anstellt.

Aigner marschiert durch den Mittelgang der Münchner Messehalle nach vorne. Und wenn die Größe eines Kamera-Schwarms um einen Politiker etwas über seine Bedeutung sagt, hat die Verbraucherministerin die Rangelei um eine mögliche Seehofer-Nachfolge jetzt schon für sich entschieden. Während sich Aigner der Vielzahl der Interviewwünsche kaum zu erwehren weiß, sitzen Markus Söder und Christine Haderthauer unbeachtet in der zweiten Reihe. Es dauert, bis Aigner ihren Weg nach vorne gefunden hat und Platz nimmt - in der ersten Reihe.

CSU-Parteitag 2012

Gute Chancen auf die Seehofer-Nachfolge: Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner.

(Foto: dpa)

Seehofer kann leicht spötteln

In München hat am Freitag der CSU-Parteitag begonnen. Es ist der erste nach der Ankündigung Aigners, 2013 nach Bayern zurückzukehren. Und weil auf der Tagesordnung kaum Interessantes steht, geht es vor allem um die Nachfolge-Frage. Horst Seehofer beschreibt den Wettbewerb der Jungen gerne mit dem Bild vom Onkel Franz, der Weihnachten mit Geschenken komme, um die sich die Kinder dann rangeln. Der Parteichef hält sich in der Geschichte natürlich für den Franz. Seehofer kann aber auch leicht spötteln: Seine Position ist gefestigt wie nie seit dem Amtsantritt 2008.

Für Finanzminister Söder und Sozialministerin Haderthauer ist die Lage nicht so kommod. In München versuchen sie zwar, den Wettbewerb kleinzureden. Auf die Frage, ob sie mit Aigner in Konkurrenz stehe, sagt Haderthauer nur: "Ne, wirklich nicht." Sie habe mit Söder und Aigner ein wunderbares Verhältnis. "Wir lachen immer darüber, was alles kolportiert wird." Zum Lachen dürfte ihr aber angesichts der neuen Konkurrentin eher nicht sein.

Aigner ist klug genug, sich trotz ihrer aussichtsreichen Position kleinzumachen. Am Freitag spricht sie nur von der Bedeutung Seehofers und des "Teams" dahinter. Außerdem regiere in Bayern schon lange kein König mehr, sagt sie. Weshalb es auch keine Kronprinzen gebe. Also auch niemanden, der rangeln müsse. Nun ja. Seehofer selbst erzählt gerade gerne: Wer den König - also ihn - beerben wolle, der müsse am Tag dessen Ablebens stark sein.

"Überstehen Sie das Jahr 2011?"

Sie sind vorsichtiger geworden in der CSU, was große Versprechen auf die Zukunft angeht. Auch Seehofer dimmt die Erwartungen an Aigner bewusst herunter. Er will nicht noch mal erleben, dass jemand neben ihm raketengleich aufsteigt - und ihm die Macht zu entgleiten droht. Kurz bevor Karl-Theodor zu Guttenberg über seine abgeschriebene Doktorarbeit stürzte, war Seehofer nur noch ein Parteichef auf Abruf: "Überstehen Sie das Jahr 2011?", solche Fragen hatte er sich von Journalisten anhören müssen.

Aus Seehofers Sicht ist noch keiner stark genug, ihn zu beerben: Aigner nicht, Haderthauer nicht und auch Söder nicht. Für den Ministerpräsidenten sind sie noch Lehrlinge im Politikbetrieb, die alle noch ihr "Meisterstück" abliefern müssten. Söder hat als Finanzminister in Bayern bisher eher einen schönen als einen schwierigen Job gehabt: Er kann so viel Geld wie nie verteilen. Söder müsse erst mal eine richtige Krise meistern, findet der Chef. Das gilt auch für Haderthauer als Sozialministerin.

Für Aigner hat Seehofer die Meisterprüfung höchstpersönlich ausgesucht: Sie soll die Herzkammer der Partei, die CSU in Oberbayern, wieder kraftvoll zum Schlagen bringen. In dem früheren Stoiber-Land hatte die CSU 2008 mit mehr als 20 Prozentpunkten die schlimmsten Verluste hinnehmen müssen. Aigner ist in Oberbayern willkommen. "Sie erfährt in der gesamten Partei und in der Bevölkerung nur Sympathie", sagt Landesgruppen-Chefin Gerda Hasselfeldt. Eine Garantie für ein gutes Ergebnis ist das aber noch nicht.

"Hoffnungsträger a.D."

Das Machtgefüge in der CSU unterhalb Seehofers verschiebt sich gerade. Natürlich gibt es dabei Verletzungen, auch wenn jeder versucht, sich seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen. Der machtbewusste Söder sah sich bis zum Sommer schon als künftiger Ministerpräsident. So selbstbewusst trat er jedenfalls auf. Wenn Seehofer nicht da war, setzte er sich im Landtag manchmal zu Vizeministerpräsident Martin Zeil (FDP) auf die Regierungsbank. Es habe ein paar Tage lange heftig in ihm gearbeitet, als Seehofer Aigners Wechsel nach München verkündete, berichten Parteifreunde.

Bei der Herbstklausur der Landtagsfraktion setzte er sich am Abend zu den jungen Abgeordneten, die sich gerne als Hoffnungsträger umschmeicheln lassen. Söder nahm Platz mit den Worten, er sei nun "Hoffnungsträger a.D.", wie einer aus der Runde berichtet. Auf die neue Situation angesprochen, sagt Söder, er sei ein "Langstreckenschwimmer". Am Ende entscheide Kraft und Ausdauer. Er krault weiter. Haderthauer reagierte dagegen mit einem vergiftigen Lob auf Aigners neue Mission. Aigner sei eine tolle Verstärkung für die Partei und die Frauen in der CSU, sagte Haderthauer: "Ich als Frau mit Familie, sie als ledige, kinderlose." Aigner weiß seither: Seehofer hat ihr die beste Startposition verschafft. Mehr bekommt sie aber auch nicht geschenkt.

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