CSU und das Betreuungsgeld:Eine Frage der Freiheit

Horst Seehofer ist wütend: Das Gezerre der Berliner Koalitionspartner um sein Heiligtum Betreuungsgeld hat den CSU-Chef bis zur Weißglut geärgert. Höchste Zeit, Front gegen die CDU zu machen.

Frank Müller

Erst ging er ins Kloster, dann kam er wieder raus, dann fuhr er zum Papst - und jetzt zieht sich Horst Seehofer schon wieder hinter Klostermauern zurück. Zwei Tage lang will der CSU-Chef Ende der Woche in Kloster Andechs Kräfte sammeln. Das tat Seehofer zwar schon auf eigene Faust, als er in der zweiten Osterwoche samt Ehefrau Karin bei den Zisterzienserinnen im oberpfälzischen Waldsassen abtauchte. Da schwieg Seehofer tagelang, wie es sich bei den Zisterziensern gehört. Obwohl ihm offenbar einiges auf der Zunge lag.

Bundesrat

Im Streit um das Betreuungsgeld will CSU-Chef Horst Seehofer nicht klein beigeben.

(Foto: dpa)

Diesmal wird die klösterliche Einkehr etwas vernehmlicher verlaufen. Dafür spricht nicht nur die Tatsache, dass Seehofer am Freitag und am Samstag die Brüder und Schwestern vom Parteivorstand mit nach Andechs nimmt. In Seehofer, dafür sprechen seine Äußerungen der letzten Tage, hat sich Wut aufgestaut, die allmählich in einer Form raus muss, dass sie bis Berlin zu hören ist. Denn das dortige Gezerre der Koalitionspartner mit dem Münchner Heiligtum Betreuungsgeld hat die CSU bis zur Weißglut geärgert. Mit am meisten verstört die Christsozialen, dass es nicht die böse FDP ist, die bei Seehofers Herzensprojekt einfach nicht mitspielen will. Sondern die Schwesterpartei CDU.

Eigentlich wähnte man in München die interne Revolte der 23 CDU-Bundestagsabgeordneten schon überstanden, die per Brief androhten, das Betreuungsgeld im Parlament zu Fall bringen zu wollen. Doch dann verschärfte sich der Konflikt noch einmal, so dass die CDU das Thema am Montag im Bundesvorstand sogar von der Tagesordnung nehmen musste. Bei der CDU gibt es viele kritische Stimmen gegen den Plan, denjenigen Eltern künftig 150 Euro monatlich in bar zu bezahlen, die für ihre Kleinkinder keinen Krippenplatz beanspruchen. Opposition, Gewerkschaften, Arbeitgeber und FDP sind sowieso dagegen, weil sie das Geld lieber in Betreuungseinrichtungen investiert sehen wollen. Für die CSU dagegen ist das Betreuungsgeld eine Frage der Freiheit: Eltern sollten selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder zu Hause, in Krippen oder bei Großeltern und Tagesmüttern betreuen lassen.

Noch zeichnet sich keine Lösung des Koalitionskrachs ab, Seehofer lässt durchblicken, dass er keine Kompromisse auszuverhandeln gedenkt, sondern einfach die Umsetzung der Koalitionsbeschlüsse erwartet: Er wolle "ein glasklares Gesetz, das jeder in zwei Sätzen versteht", hatte Seehofer im Spiegel erklärt. Die neueste Volte von CDU-Familienministerin Kristina Schröder, die Auszahlung an regelmäßige Besuche beim Kinderarzt zu koppeln, erfülle genau dies nicht, sagt auch Dobrindt: "Schröders Vorschlag ist mit der CSU nicht abgestimmt und findet auch nicht unsere Zustimmung." Zugleich droht Dobrindt immer offener mit Konsequenzen für das Regierungsbündnis: "Wer die Koalitions-Beschlüsse zum Betreuungsgeld jetzt an neue Bedingungen knüpfen will, der muss wissen, dass er damit eine ganze Reihe weiterer Koalitionsbeschlüsse wieder in Frage stellt."

Zugleich wehrt sich auch Sozialministerin Christine Haderthauer gegen Schröders Aussage, das Arztmodell sei mit ihr abgestimmt. Dafür versucht die Sozialministerin demonstrativ, die bayerischen Pläne als besonders fortschrittlich darzustellen und so die Kritiker rechts zu überholen. Von diesem Dienstag bis zum Donnerstag fährt Haderthauer nach Schweden, wo es, wie von Bayern geplant, Krippenausbau und Betreuungsgeld gleichzeitig gebe. "Wie Bayern steht auch Schweden für eine moderne Familien- und Sozialpolitik", lautet Haderthauers Botschaft, die auch Richtung Bayern-SPD gemünzt ist. Die will an diesem Dienstag ihre Massenpetition für mehr Krippenplätze und gegen das Betreuungsgeld vorstellen. Das Ziel von Generalsekretärin Natascha Kohnen: Bis zum 1. Juli so viele Unterschriften sammeln wie möglich.

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