CSU-Spitze:Welchen Franken hätten Sie denn gern?

München: Residenz NEUBÜRGEREMPFANG - Mit Joachim Herrmann + Markus Söder

Der Leise und der Laute - Innenminister Joachim Herrmann und Finanzminister Markus Söder.

(Foto: Johannes Simon)

Markus Söder oder Joachim Herrmann - einer wird Horst Seehofer als Nummer eins in der CSU wohl beerben. Es ist ein Duell der Gegensätze.

Von Wolfgang Wittl, Erlangen

Manchmal zelebriert Markus Söder eine Mischung aus Frechheit und Witz, dass sogar Joachim Herrmann herzhaft lachen muss - auch wenn er, wie jetzt, der Leidtragende ist. Es ist Samstagmittag, ein Hotel an der Autobahn zwischen Erlangen und Nürnberg, Herrmann und Söder skizzieren nach einer gemeinsamen Sitzung ihrer CSU-Bezirksverbände ihre Wahlkampfpläne. Sie schildern, wie sie mit (und trotz) Angela Merkel die Bundestagswahl gewinnen wollen.

Sie sprechen über innere Sicherheit und Steuerentlastungen, da leistet sich Söder plötzlich diese augenzwinkernde Unverschämtheit. Ob zu den fränkischen Direktbewerbern für Berlin "noch eine Kandidatur vom Joachim dazukommt, ist ja noch unklar", sagt Söder völlig unvermittelt, "deshalb wollen wir heute auch nicht darüber reden". Ah ja. Wie gut, dass keiner darüber gesprochen hat.

Fragen nach seiner Zukunft bekommt Herrmann derzeit ja öfter zu hören - er beantwortet sie dann stets mit der Begeisterung eines Pubertierenden, der auf seine Pickel angesprochen wird. Für Söder ist das Thema allerdings durchaus spannend: Wird Herrmann im Fall eines Wahlsiegs als Minister nach Berlin wechseln? Und viel wichtiger: Macht er das als Parteichef?

Am 6. Mai will sich Horst Seehofer erklären, ob er als CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident weitermachen will. In der Partei zweifelt zwar kaum noch einer, dass Seehofer seine politische Laufbahn fortsetzen wird. Aber wer vermag schon genau zu sagen, was Seehofer vorhat? Er selbst beteuert, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Wenn er nun doch aufhört?

Dann liefe es wohl auf einen Kampf der beiden Franken hinaus: Herrmann, 60, contra Söder, 50. Es wäre ein Fernduell aus nächster Nähe. Der eine aus Erlangen, der andere aus Nürnberg, nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Und doch sind sie Lichtjahre voneinander getrennt: im politischen Stil, in ihrem Auftreten und in der Art, ihre Ambitionen zu offenbaren.

Wer die beiden am Samstag einträchtig nebeneinander sitzen sah, den aufgedrehten Söder und den ruhigen Herrmann, mag sich so einen Zweikampf schwer vorstellen. Doch der Schein hat in der CSU nie über harte Gefechte hinwegtäuschen können, wenn es darauf ankam. Seit Monaten bietet Seehofer den Parteivorsitz an. Einzige Voraussetzung: Der neue Chef müsse in Berlin sitzen, um den bundesweiten Einfluss der CSU sicherzustellen. Söder, der auf seine Machtbasis in Bayern vertraut, hat das rigoros abgelehnt. Und Herrmann? Schweigt. Er hat andere, die für ihn sprechen, mal mehr, mal weniger offen.

Der Innenminister könnte auf die Unterstützung all jener bauen, die Söders Griff nach der Macht im Moment ablehnen. Das sind nicht wenige in der CSU, und es sind Menschen mit großem Einfluss. Die oberbayerische CSU-Chefin Ilse Aigner, der Chef der Konservativen im Europaparlament, Manfred Weber, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und nicht zuletzt Seehofer - sie alle haben wohl ein Interesse daran, dass Söder sich noch gedulden muss, sollte er überhaupt je zum Zug kommen. Zu sehr auf sich bedacht, zu wenig das Team im Blick, dieser Vorwurf begleitet Söder seit seiner Jugend.

Söders Unterstützer sitzen in der Landtagsfraktion, in den Kreis- und Ortsverbänden. Seit seiner Zeit als Generalsekretär hat er ein Netzwerk geknüpft, das Jahr für Jahr dichter wird. Seine Anhänger sehen im Finanzminister den Richtigen, um die CSU in die Zukunft zu führen und trotzdem ihre althergebrachte Mia-san-Mia-Mentalität zu bewahren.

Zu schrill der eine, zu bieder der andere

Sie trauen ihm zu, dieser Regionalpartei auch künftig bundesweit Gehör zu verschaffen und eigene Wähler stärker zu mobilisieren. Kritiker wiederum halten Söder für zu schrill, zu laut und zu wenig respektiert von anderen Parteien, als dass er gute Verhandlungsergebnisse für die CSU erzielen könne. Sie finden, der seriöse Herrmann wäre der Bessere.

Seit einer Umfrage hat sich das Duell noch mal zugespitzt: Sollte Seehofer aufhören, plädieren 38 Prozent der CSU-Wähler für Söder als Parteichef, 33 Prozent wünschen sich Herrmann - ein unerwarteter Anstieg für den Innenminister. Der kommentierte seinen Zuwachs wie immer, nämlich gar nicht. Das bedeutet nicht, dass Söders Freunde ihn nicht im Blick hätten. Nicht von ungefähr hält sich seit Monaten das Gerücht, Söder werde im Fall von Seehofers Rückzug definitiv für den Parteivorsitz kandidieren - auch gegen Herrmann und gegen den Willen des Establishments. Herrmann, so das Kalkül dieser versteckten Drohung, soll sich von einer Kampfabstimmung abschrecken lassen.

Gleichzeitig betonen Söders Kombattanten, wie gut sich die Familien Herrmann und Söder verstehen, wie sie sich gegenseitig zu Geburtstagen einladen, wie prächtig die beiden Mittelfranken angeblich harmonieren. Von Herrmann ist dazu nichts zu erfahren, was auch Rückschlüsse zulässt.

Dass der Innenminister offensiv nach dem Parteivorsitz strebt, gilt selbst bei Freunden als fraglich. Anders wäre es vielleicht, wenn er gebeten würde. Der treue Parteisoldat Herrmann hat sich selten einem Dienst verweigert, sogar beim Parteitag 2015 gehörte er zu den wenigen in der CSU, die Merkel aufrecht beklatschten. Söder indes lümmelte wie ein miesepetriger Schüler auf seinem Stuhl.

Auch der Umgang mit politischen Gegnern unterscheidet beide. Bei Plenardebatten wendet sich Herrmann selbst erbosten Zwischenrufern zu, die Opposition dankt ihm regelmäßig für seine Präsenz im Innenausschuss. Söder spricht stets nur zur "Mehrheitsfraktion"; allen anderen kehrt er den Rücken zu. Vielen in der CSU gefällt aber gerade das.

Herrmann spricht beim wichtigen Aschermittwoch

Wem Seehofers Gunst gehört, ist unschwer zu erraten. Herrmann lobte er in seiner Ansprache zum 60. Geburtstag als "grundanständigen Kerl", bei Söders Fünfzigsten dankte er vor allem dessen Frau, da er ja "den Markus besonders gut kenne". Herrmann wird, anders als Söder, auch beim Aschermittwoch sprechen. "Geradezu leichtfertig" wäre die CSU, sagt Seehofer, wenn sie beim Thema innere Sicherheit "so ein Ass mit bundesweiter Anerkennung" nicht sprechen lassen würde. Ob auch Söder reden werde, beantwortete Seehofer mit einem knappen: "Nein."

Herrmann äußert sich zu all dem nicht, eines sagte er am Samstag aber doch zum Parteivorsitz: Dass darüber nicht geredet worden sei. Und - für seine Verhältnisse vielsagend: "Wir reden intern klar und offen. Und nach außen reden wir ausschließlich hemmungslos gut übereinander."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: