CSU:Söders Spin-Doctor

CSU: Markus Söders Pressearbeit sucht sogar in der CSU ihresgleichen.

Markus Söders Pressearbeit sucht sogar in der CSU ihresgleichen.

(Foto: Claus Schunk)

Um die Bundespolitik von München aus aufzumischen, hat Bayerns Finanzminister Michael Backhaus engagiert. Kritiker sagen: Der frühere Journalist verstärkt die Schwächen seines Chefs.

Von Roman Deininger und Wolfgang Wittl

Für einen, den angeblich niemand leiden kann, macht er sich gar nicht so schlecht. Michael Backhaus ist auf eine Tasse Kaffee vorbeigekommen, das heißt, er nippt an einem Gläschen Orangensaft, dann erzählt er: von seinem ersten Berufsleben als Journalist, als er die Karrieren bedeutsamer Bundespolitiker beschleunigt oder jäh beendet habe; und von seinem zweiten Leben an der Seite jenes Mannes, der lieber heute als morgen zum bayerischen Ministerpräsidenten aufsteigen will.

Er, Michael Backhaus, soll Markus Söder dabei helfen. Es ist ein ausnehmend schöner Wintertag, blauer Himmel, ein paar reizende Wölkchen, wie auf einem Wahlplakat. Die CSU-Welt könnte so friedlich sein. Aber soll sie das überhaupt?

Es gibt Menschen in der CSU, die Backhaus das Gegenteil unterstellen. Er wiegele Söder gegen Parteichef Horst Seehofer auf, sagen sie. Er drücke aufs Tempo, wo er es eigentlich drosseln müsste. Er rate zur Konfrontation, wenn Schulterschluss gefragt sei. Er verstärke Söders Schwächen, statt sie einzudämmen.

Backhaus gibt sich überrascht, wenn er das hört. Er sagt: "Man tritt mindestens so oft auf die Bremse, wie man Gas gibt." Eines zeigen die Vorwürfe aber unabhängig vom Wahrheitsgehalt: Obwohl er nur im Hintergrund arbeitet, hat es Backhaus in eineinhalb Jahren mit Söder bereits selbst zur Reizfigur im CSU-Kosmos gebracht.

Dass Journalisten in die Politik wechseln, "auf die andere Seite", wie man so schön sagt, ist nicht unüblich. Die Bundeskanzler Schmidt, Kohl, Schröder und Merkel holten sich ihre Regierungssprecher aus der Medienbranche. Seehofers frühere Sprecherin in der Staatskanzlei kam vom Bayerischen Rundfunk, sein Parteisprecher vom Donaukurier.

Auch die Minister Ilse Aigner und Joachim Herrmann vertrauen auf ehemalige Journalisten, ebenso die Landtagsfraktionen von SPD, Freien Wählern und Grünen. Doch keiner polarisiert so wie Backhaus. Wenn er nach dem Grund dafür gefragt wird, lächelt er sanft und zuckt mit den Schultern. An seinem offiziellen Titel liegt es vermutlich nicht, schon eher an seiner Vita und seinem Chef.

Seit 1. Mai 2015 firmiert Backhaus, 60, in Söders Finanz- und Heimatministerium als Leiter der Stabsstelle "Kommunikation und Planung". Eingestellt wurde er im Rang eines Abteilungsleiters, Besoldungsgruppe B 6 im öffentlichen Dienst, etwa 9000 Euro im Monat.

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Es gibt wenige Fotos von Michael Backhaus. 2014, als er noch für Springer arbeitete, wurde dieses veröffentlicht.

(Foto: Niels Starnick/BamS/oh)

Das Geld dürfte für ihn aber kaum eine Rolle gespielt haben. Backhaus, geboren im westfälischen Münster, arbeitete in leitenden Positionen für den Stern, die Berliner Morgenpost, als Chefredakteur der Passauer Neuen Presse, dann als stellvertretender Chefredakteur von Bild und Bild am Sonntag. Zuletzt schrieb er für den Springer-Verlag nur noch als "Autor" - "auf eigenen Wunsch", hieß es offiziell. Frühere Kollegen behaupten: Backhaus' Wunsch, als Vize-Chef aufzuhören, sei so eigen nicht gewesen.

Söders Angebot, nach Bayern zu wechseln, kam jedenfalls zum richtigen Zeitpunkt. "Irgendwann ist jedes Interview geführt", sagt Backhaus, die neue Aufgabe habe ihn einfach gereizt. Söder und er kannten sich schon länger, hatten laut Backhaus "einen guten Draht". "Ich dachte: Das könnte gut passen, und das tut's auch."

Söder sieht das offenbar ähnlich, gerät fast ins Schwärmen. "Ein kluger Kopf", sei der Backhaus, "ein echter Gewinn, weil er viel Erfahrung hat", "ein Grandseigneur". Nicht zu vergessen: "Sein Überblick, sein Netzwerk in Deutschland - und er ist Teil des journalistischen Establishments." Man könnte auch sagen: Die Personalie Backhaus ist eine Ansage, sie steht für Söders nationalen Anspruch.

Backhaus' Bühne ist die Bundespolitik

Obwohl er es ablehnt, als CSU-Chef nach Berlin zu wechseln, würde er doch allzu gern die Bundespolitik von München aus aufmischen. Backhaus mit seinen Kontakten in die Parlamentsbüros der Hauptstadt soll ihm dabei helfen. Backhaus sagt dazu: "Man muss schon Themen haben, aus Gefälligkeit kommt man nicht in die Zeitung."

Söders Pressearbeit sucht sogar in der CSU ihresgleichen: Sie ist offensiver, aufdringlicher, aber auch cleverer als andere. Söder ist überall. Ein Beamter klagte einmal: "Es geht nicht drum, was gut ist, sondern was gut ins Fernsehen passt." Söder hat einen Stab um sich, der die bayerische Presselandschaft hegt und pflegt wie ein Bio-Landwirt seinen Getreideacker. Aber Backhaus hatte noch gefehlt. Er öffnet ein paar wichtige Türen: Wenn Söder beim Karneval in Aachen auftritt, erscheinen die Bilder in der Bild und der Bunten. Er plant und bearbeitet Interviews, kümmert sich um Fernsehauftritte und Gastbeiträge.

Backhaus' Bühne ist die Bundespolitik, Backstage bei Maybrit Illner liegt ihm mehr als Maibock im Hofbräuhaus. Seine Familie lebt nach wie vor in Potsdam; manche sagen, er fremdele im Freistaat. Zwar spricht er gerne über die Ähnlichkeit von Westfalen und Bayern, doch Kollegen in Passau ist er weder mit besonderer Kenntnis von Bayern noch mit besonderer Leidenschaft für Bayern in Erinnerung geblieben.

Man könne nie nur mit ihm plaudern, sondern habe stets das Gefühl, er verfolge einen Hintergedanken. Beim CSU-Parteitag bot sich kürzlich das seltsame Bild, dass sich Journalisten-Grüppchen für Söders Sprecherinnen öffneten, bei Backhaus aber wie eine Wagenburg schlossen.

Als Journalist war Backhaus für Kühnheit und Schmerzfreiheit beim Zuspitzen bekannt - im persönlichen Umgang ist er fast zurückhaltend. Seine Botschaften sind selten neu, dafür eingängig. Damit ein Witz, den Söder vorne auf der Bühne macht, bei den Journalisten auch wirklich haften bleibt, wiederholt ihn Backhaus hinten im Saal gern ein, zwei Mal. Ist so jemand nun Ratgeber, Stratege, Spindoctor? Und welchen Nutzen hat der Bürger von seiner Anstellung im Finanzministerium?

Backhaus sieht sein Wirken so: "Ich bin nicht der Chefberater oder Einflüsterer von Markus Söder. Ich bin komplett ins Ministerium eingebunden, ich stehe mitten im Aktenstrom." Außerdem habe er ein Faible für Steuerpolitik. Söder sagt, Backhaus sei kein Sprecher im eigentlichen Sinn, sondern ein Abteilungsleiter, der für das ganze Finanzministerium arbeite. Er schätze in der Beratung unterschiedliche Typen, "am Ende entscheidet aber immer der Politiker. Er muss auch dafür gerade stehen."

Als Backhaus vor 20 Monaten Söders Ruf folgte, soll er sich in Berlin bei Kollegen mit den Worten verabschiedet haben, er werde sie in Kürze als bayerischer Regierungssprecher wiedersehen. Vor gut zwei Jahren schrieb er in der Welt am Sonntag über den Kampf zwischen Seehofer und Söder: "Es ist ein Duell Erfahrung gegen Zukunft. Im Wilden Westen gewinnt meist derjenige, der am schnellsten den Colt zieht. In der Politik ist es häufig genau umgekehrt."

Nun ist Backhaus Söders Sekundant in diesem Duell. Und sagt: "Ich muss gar nichts mehr werden in diesem Leben."

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