CSU:Seehofer legt SPD Koalitionsaustritt nahe

CSU-Chef Horst Seehofer schont in Erlangen die Kanzlerin - und nimmt sich dafür die SPD zur Brust.

CSU-Chef Horst Seehofer versucht sich in einer neuen Doppelrolle: Schmusekater und schwarzer Panther. Nachdem die CSU wochenlang Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit immer neuen Forderungen provozierte, schlägt Seehofer am Samstag bei der Aufstellung der CSU-Bundestagsliste in Erlangen lieber sanftere Töne an.

CSU: Attackierte die SPD: CSU-Chef Horst Seehofer.

Attackierte die SPD: CSU-Chef Horst Seehofer.

(Foto: Foto: dpa)

"Möglicherweise", flötet Seehofer am Rande des Treffens über sein Verhältnis zu Merkel, "hat es noch nie einen so engen Kontakt zwischen den Vorsitzenden gegeben wie zwischen uns." Manche CSU-Mitglieder in Hörweite sind erheitert. Die Krallen fährt Seehofer jetzt lieber in Richtung SPD aus.

Der CSU-Vorsitzende legt den Sozialdemokraten nahe, die große Koalition zu verlassen. "Wenn es der SPD nicht mehr gefällt, soll es an der CSU nicht scheitern, dann sollen sie aus der großen Koalition aussteigen", sagte Seehofer.

SPD-Chef Franz Müntefering hatte zuvor in einem Zeitungsinterview gesagt, die CSU sei "so auf Krawall gebürstet", dass "sie unzurechnungsfähig ist". Dies belaste "die Koalition im Ganzen".

Die jüngste Kritik der SPD erinnere an den früheren Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni, "Kopf leer, bin am Ende", sagte Seehofer. Die SPD betreibe "reine Pöbelei", mehr seien die Aussagen der vergangenen Stunden nicht wert, sagte der CSU-Chef zu den Vorwürfen Münteferings.

Gleichzeitig kritisierte Seehofer Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit Blick auf mögliche Mehrwertsteuererleichterungen.

Steinbrück habe in Europa etwas durchgekämpft, was er nun hierzulande nicht zulassen wolle.

Auch die Arbeit von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wurde von Seehofer bemängelt: Deren Gesundheitsreform sei "Murks erster Güte".

Erstmals Franken- und Frauen-Quote

Bei der Landesdelegiertenversammlung wurde indes wie erwartet der Berliner CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer zum Spitzenkandidaten der CSU-Liste für die Bundestagswahl gewählt. Mit 89,1 Prozent der Stimmen schaffte er es auf Platz eins.

Für die Spitzenkandidatur Ramsauers hatte sich Seehofer bereits Anfang Januar bei der Klausur der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Wildbad Kreuth ausgesprochen.

Er trat damit Spekulationen über ein mögliches Zerwürfnis mit dem Landesgruppenchef entgegen. Ramsauer sagte anschließend, Seehofer bleibe der "gefühlte Spitzenkandidat".

Erstmals stellte die CSU vor einer Bundestagswahl eine Liste mit einer Quote sowohl für Frauen als auch für Franken auf. Auf den ersten zehn Listenplätzen kandidierten "fünf Frauen und fünf Franken", wie es in der CSU heißt. Mit den fünf Franken sollen die fränkischen CSU-Verbände beruhigt werden, in denen der Sturz von Ministerpräsident Günther Beckstein im vergangenen Herbst Zorn ausgelöst hatte.

Prominentester Franke ist Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auf Platz drei. Auf Platz zwei der CSU-Liste steht Bundestags-Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt, auf Platz vier Bundesagrarministerin Ilse Aigner.

Die rund 89 Prozent für Ramsauer waren zwar weniger als die für CSU- Spitzenkandidaten üblichen 90 Prozent plus x, wurden aber in der Partei angesichts der CSU-internen Turbulenzen nach der verlorenen Landtagswahl als "ordentliches Ergebnis" gewertet.

Seehofer hatte vor den Wahlen die Liste als "sehr ausgewogen und unterstützenswert" bezeichnet. "Wir haben uns bemüht, bei den ersten zehn Plätzen sowohl die regionale Ausgewogenheit als auch die Frauen zu berücksichtigen", sagte er. Dies sei auch gelungen, darum brauche die CSU keine Frauenquote.

Entgegen der Forderung der Frauen-Union ist auf dem ersten freien Listenplatz nicht die frühere Bundestagsabgeordnete Barbara Lanzinger aus der Oberpfalz, sondern Matthäus Strebl aus Niederbayern. "Wir haben uns arrangiert, wir sind zufrieden mit dem Vorschlag wie er jetzt steht", kommentierte die Vorsitzende der Frauen-Union, Emilia Müller.

Im ersten freien reinen Zehnerblock seien sechs Frauen, dies sei auch ein Signal an die Wählerinnen und ein Erfolg für die CSU-Frauen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: