CSU-Regensburg:Blumenstrauß und Buh-Rufe

Und es ist der Regensburger CSU doch gelungen: Sie hat eine Kandidatenliste für die Kommunalwahl 2008 aufgestellt.

Rudolf Neumaier

Es gab Lobeshymnen und wüste Vorwürfe. Versöhnungsappelle und aberwitzige Verschwörungstheorien. Einen Blumenstrauß und Buh-Rufe. Glanzvolle Sieger und enttäuschte Verlierer. Die Regensburger CSU hatte wieder einmal Unterhaltung par excellence zu bieten, als sie ihre Kandidaten für die Kommunalwahl im März 2008 nominierte.

CSU, Regensburg, ddp

Regensburger CSU: Oberbürgermeister Hans Schaidinger und sein Kritiker Thomas Fürst (rechts).

(Foto: Foto: ddp)

Was viele vor wenigen Wochen wegen der Affäre um möglicherweise rechtsradikale Tendenzen einiger Funktionäre noch für unrealistisch hielten, wurde nach einer nicht einmal vier Stunden dauernden Sitzung besiegelt: Die Regensburger CSU hat eine 50-köpfige Kandidatenliste zustande gebracht. Oberbürgermeister Hans Schaidinger darf sich erneut um das Amt bewerben.

Allerdings erhielt der OB nur 61 von 117 Stimmen. 51 Parteifreunde schrieben Nein auf ihren Zettel. Sie stammten wohl ausnahmslos aus dem Lager des umstrittenen Stadtrates Thomas Fürst. "

Diese Art von Denkzetteln lässt mich kalt", sagte Schaidinger. "Wenn jemand bei so einer Wahl Denkzettel austeilt, zeigt er, dass sein Politikverständnis von einem anderen Stern ist."

Obwohl er nur 54,5 Prozent der Delegierten-Stimmen erhielt, beteuerte Schaidinger, er sei mit allen Resultaten der Nominierung "vollauf zufrieden". Mit Victory-Zeichen grüßte er in den Saal und nahm vom Kreisvorsitzenden Franz Rieger einen Blumenstrauß entgegen.

Ein Delegierter aus dem Fürst-Umfeld hatte ihn vor der Abstimmung harsch attackiert. Er stellte in seiner Rede indirekt die These einer gemeinsamen Verschwörung Schaidingers mit Medien in den Raum und stützte seine Ausführungen auf die Platzierung einer Journalistin des Bayerischen Rundfunks auf Platz acht der Liste.

Mit christlichem Verhalten habe Schaidingers Verhalten nichts zu tun. Von den Fürst-Anhängern erhielt der Mann ebenso starken Beifall wie Fürst selbst. Der Stadtrat hatte tags zuvor beim Landgericht Regensburg eine einstweilige Verfügung gegen die CSU erwirkt: Der Richter hob einen Spruch des Oberpfälzer Bezirksvorstandes auf, wonach Fürst und zwei seiner Mitstreiter für fünf, drei beziehungsweise zwei Jahre ihrer Parteiämter enthoben wurden.

Daher durfte Fürst an der Sitzung teilnehmen und nahm triumphierend am Vorstandstisch Platz. In einer von seinen Freunden umjubelten Ansprache führte er die Vorwürfe des Rechtsradikalismus und der Netzwerkbildung als Instrumente in einem "verbissenen Machtkampf" gegen ihn zurück.

Ehe er seinen Verzicht auf eine Stadtratskandidatur erneut untermauerte, zitierte er den Vorsitzenden der CSU-Stadtratsfraktion, Herbert Schlegl, der bei einem Besuch im Kreisvorstand gesagt habe: "Hättet ihr eure Machtinteressen nicht so durchgesetzt, wäre das mit rechts niemals aufgekommen." Im Anschluss an die Versammlung versicherte Herbert Schlegl, seine Äußerung sei sinnentstellt und aus dem Zusammenhang einer zehnminütigen Rede gerissen worden.

Der Kreisvorsitzende Franz Rieger konnte mit seiner Lobrede Schaidingers schlechtes Ergebnis nicht verhindern. Er unterband aber mehrmals mit beschwichtigenden Gesten, dass Fürst-Unterstützer die Stimmung unter den knapp 120 Delegierten anheizten.

Mit seiner Taktik, die 50 Listenplätze in einer Blockwahl nach dem Vorschlag zu vergeben, der von ihm, Schaidinger und vier Funktionären ausgearbeitet worden war, hatte er Erfolg. 93 Delegierte billigten diese Liste, nur 21 lehnten sie ab. Auf den aussichtsreichen Plätzen sind die Kandidaten aus dem Schaidinger-Lager in der Überzahl. Rieger wertete das Votum als Triumph: "Es ist super gelaufen."

Zum zweiten großen Sieger des Tages avancierte Christian Schlegl, der ärgste Widersacher von Fürst. Obwohl ihn der Kreisvorstand wegen angeblich kirchenfeindlicher Äußerungen zum Verzicht auf eine Kandidatur aufgefordert hatte, ließ sich Schlegl für den freigehaltenen Platz 17 vorschlagen.

Die Abstimmung über ihn und einen Kandidaten, der für die Kolpingfamilie aktiv ist, galt als Testwahl, bei der sich die tatsächliche Stärke des Fürst-Lagers erweisen würde. Schlegl verzichtete auf eine Bewerbungsrede. Er erhielt 62 Stimmen, sein Kontrahent nur 54.

Aus den Reihen der Schaidinger-Gegner kamen Buh-Rufe, als der OB Schlegl gratulierte. Schlegl begründete seine Kandidatur später damit, dass er sich "nicht mit Leuten wie Fürst auf eine Stufe stellen" lasse. Bei einer weiteren Abstimmung unterlag der Bewerber aus dem Fürst-Lager ebenfalls. CSU-Generalsekretär Markus Söder wertete das Zustandekommen der Liste als Erfolg von Schaidinger und Rieger: "Ich hoffe, dass Ruhe einkehrt."

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