CSU-Politiker Markus Söder:Ende der Flegeljahre

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Vielen ist Markus Söder bekannt als Dreschflegel im Dienste der CSU. Doch jetzt gibt sich der Minister den Politiker im Reifeprozess.

Cornelia Bolesch

Die bayerische Landesvertretung in Brüssel ist ein beliebter Treffpunkt. Die Auftritte der aus Bayern anreisenden Prominenz werden in dem sorgfältig renovierten Schlösschen im Europaviertel gerne mit Bier, Brezen und Weißwürsten garniert und darum auch gerne wahrgenommen.

Am Mittwoch haben die Gäste im holzgetäfelten Keller der Bayern-Repräsentanz sogar noch etwas serviert bekommen, mit dem sie gar nicht gerechnet hätten: einen Politiker im Reifeprozess. So geschehen bei der Vorstellung des alten CSU-Generalsekretärs und neuen bayerischen Europaministers Markus Söder.

"Als Generalsekretär war ich eher militaristisch. Jetzt sind sanftere Töne gefragt, verstehen Sie?" Der große, dunkelhaarige Mann ist den meisten am Tisch nur aus dem Fernsehen bekannt: als Dreschflegel im Dienste der CSU. "In diesem Job müssen Sie kämpfen. Sie können nicht weicheiern", erläutert Söder seine politische Vergangenheit. Er räumt ein: "Ich war sehr bekannt, aber nicht besonders beliebt."

Vier Jahre unbeliebt sein, das hält der härteste Franke nicht aus. Söder wollte weg. Er wollte nicht mehr Generalsekretär sein. Nicht schon um sechs Uhr morgens alle Nachrichtenagenturen lesen, die Agenturen anrufen, reagieren auf das, was andere Dreschflegel gesagt hatten - und das den lieben langen Tag. Söder wollte etwas anderes machen. Etwas mit "weniger Worten und mehr Inhalt, verstehen Sie".

Er verschweigt nicht, dass er verblüfft war, als sein Ministerpräsident ihn zum Europaminister ernannte. Der Auftrag heißt: Söder soll Bayern stärker mit Brüssel und Brüssel stärker mit München "vernetzen". Er scheint entschlossen, das Beste aus der neuen Aufgabe zu machen.

Europa sei auch für ihn persönlich eine Chance. "Ich muss mich geistig neu verorten", kündigt Söder an. Viele schwierige Sachverhalte warteten auf ihn. Er will künftig "vorsichtiger sein", nicht mehr "den Schlaumeier spielen".

Mann mit feiner Witterung

"Europa ist weit weg, und wir sind dagegen" - dieses Uralt-Motto der CSU lehnt der neue Europaminister ab. Der 40-Jährige zählt sich zur jungen Parteigeneration, für die Europa längst Innenpolitik ist. Bayern müsse früher und schneller in das EU-Getriebe eingreifen, dafür will Söder sorgen.

"Obacht!", will er den Kabinettskollegen in München zurufen, wenn aus Brüssel neue Zumutungen drohen. Die geplante Bodenschutz-Richtlinie zum Beispiel gelte es auf jeden Fall zu verhindern. "Wenn die käme, müssten wir in Bayern alles neu vermessen." Das Problem Produktpiraterie wiederum will Söder "pro-aktiv" mit Hilfe von Europa lösen.

Markus Söder ist ein Mann mit feiner Witterung. Er hat schon bemerkt, wie weit in Europa die "Institutionen oben und die Emotionen unten auseinanderklaffen". Es wird voraussichtlich nicht immer ein sanfter Söder sein, der sich in diesem Spannungsfeld bewegt. Aus Brüssel hat er jetzt schon mal Bundesjustizministerin Brigitte Zypries aufgefordert, im Fall des inhaftierten 17-jährigen Marco "in der Türkei dafür zu sorgen, dass ein rechtsstaatliches Verfahren in Gang kommt". Reifeprozesse dauern.

© SZ vom 22.11.2007/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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