CSU-Politiker Bernd Posselt:Unermüdlicher Einsatz für die Versöhnung

Bernd Posselt.

Wird nicht mehr im Europaparlament sitzen: Bernd Posselt von der CSU.

(Foto: dpa)

"Ich werde weiterhin an der europäischen Front tätig sein": Europapolitiker und Sudetendeutschen-Vertreter Bernd Posselt ist nach dem miserablen Ergebnis der CSU bei der Europawahl aus dem Parlament geflogen. Er plant für 2015 den ganz großen Wurf.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Wann hat es das zuletzt gegeben? Bernd Posselt, der stets gerne und viel und druckreif spricht, hat beim Reden hörbare Probleme. "Ich habe mich verkühlt", sagt der Noch-Europa-Abgeordnete der CSU. Er ist heiser, und das ist - wenn man so will - symbolisch für die Situation des 58-jährigen Münchners: Durch die überraschende Wahlschlappe der CSU wurde er nach 20 Jahren aus dem EU-Parlament katapultiert. Damit steht er plötzlich ohne Stimme da, und die Sudetendeutschen verlieren ihr langjähriges und omnipräsentes Sprachrohr, das sich europaweit für die Interessen der Vertriebenen aus dem Gebiet des heutigen Tschechien zu Wort gemeldet hat.

Könnte man jedenfalls meinen.

Doch Bernd Posselt sieht das ganz anders. "Egal, ob mit Mandat oder ohne", sagt er kämpferisch, "ich werde weiterhin an der europäischen Front tätig sein." Er will gar nicht lange über seinen Abschied aus Brüssel sprechen. Stattdessen zeigt er sich wild entschlossen, nach dem historischen Besuch des tschechischen Ministerpräsidenten Petr Necas im Landtag vor einem Jahr die nächsten großen Schritte auf dem weiten Weg zur Versöhnung zu gehen.

Bei der bayerisch-tschechischen Annäherung habe man zuletzt "viele Durchbrüche erzielt", da gebe es jetzt "viele weitere Aufgaben", bei denen er "mit anpacken" will. "Wir stehen vor neuen wichtigen Impulsen", sagt er und zählt auf: Noch 2014 wird der Freistaat in Prag eine offizielle Vertretung eröffnen. Mit dem neuen tschechischen Kulturminister Daniel Herma arbeitet er an einem bayerisch-tschechischen Kulturabkommen. Und beim alljährlichen Treffen der Sudetendeutschen in Augsburg plant er für das kommende Jahr den ganz großen Wurf.

"2015 jährt sich die Vertreibung zum 70. Mal", sagt Posselt, "da habe ich fest vor, einen internationalen Kongress zu diesem Thema in Augsburg zu veranstalten." Vertreibung sei "ein weltweit aktuelles Thema", dieses sollen "hochkarätige Wissenschaftler und Politiker" diskutieren. Dabei werde es nicht nur um die Vertreibung der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien nach 1945 gehen. "Ich hoffe, dass 2015 erstmals ein tschechisches Regierungsmitglied nach Augsburg kommt."

Posselt soll eine neue europapolitische Aufgabe bekommen

In den vergangenen Jahren seien manche Minister bereits interessiert gewesen, berichtet Posselt. "Aber sie mussten erkennen, dass die Zeit noch nicht reif war." Insgesamt machen die grenzüberschreitenden Beziehungen laut Posselt zwar Fortschritte, "aber wir haben noch keine Normalität". Dies sehe man daran, dass zuletzt ein Regierungsmitglied aus Tschechien das Sudetendeutsche Haus in München besucht habe - "aber mit der Bitte, das nicht zu veröffentlichen". Beim 65. Sudetendeutschen Tag in der Augsburger Messe am Wochenende ist der prominenteste Besucher aus Tschechien Bischof Václav Maly aus Prag. Er war Mitbegründer der Freiheitsbewegung Charta 77, die den Kommunismus zu Fall gebracht hat.

Bernd Posselt gilt als der wichtigste Repräsentant des sogenannten "vierten Stammes der Bayern", er ist seit sechs Jahren Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft, in diesem Jahr hat er zusätzlich das Amt des Bundesvorsitzenden übernommen. Sein Amtsvorgänger Franz Pany zeigt sich ebenfalls überzeugt, dass Posselt auch ohne Sitz im Europa-Parlament ein effektiver Interessenvertreter der Sudetendeutschen bleiben wird: "Ich glaube nicht an den großen Einbruch."

Posselts "weitreichende Netzwerke" bestünden ja nach wie vor und die CSU habe weiterhin Interesse an den Vertriebenen als Mitglied im Parteivorstand. "Außerdem hat er als Mitglied des Parteivorstands noch viel Einfluss." Innerhalb der CSU gibt es offenbar schon Überlegungen, Posselt eine profilierte europapolitische Aufgabe zu übertragen. Er selbst will sich dazu nicht äußern, nur so viel: "Ich habe vor, das europäische Profil der CSU zu schärfen."

Einen anderen Plan verkündet Posselt dagegen sehr offen: "Bei der nächsten EU-Wahl in fünf Jahren werde ich wieder kandidieren, da bin ich fest entschlossen." In diesem Moment klingt seine Stimme fast so kräftig wie gewohnt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: