CSU-Parteitag:Seehofer lässt Kronprinzen schaulaufen

CSU-Parteitag

Wie soll es weitergehen mit der CSU? Bis zum Parteitag im November will Ministerpräsident Seehofer die Führungsmannschaft umbilden.

(Foto: dpa)
  • Ministerpräsident Seehofer will die Parteispitze neu aufstellen und eine "Spitzenmannschaft des Vertrauens und der Kompetenz" vorstellen.
  • Seine potenziellen Nachfolger bekommen in Bamberg je zehn Minuten Redezeit, der Chef ist zufrieden. Ob sie Teil der Mannschaft sind, sagt er nicht.
  • Deutlich wird aber: Das Amt des Parteichefs und das des Ministerpräsidenten soll auch in Zukunft in einer Hand bleiben.

Von Frank Müller, Bamberg

"Standort- und Richtungsbestimmung" hatte CSU-Chef Horst Seehofer für den Tag in Bamberg versprochen - seit zehn Uhr vormittags setzten die Delegierten das auf einem kleinen Parteitag sehr unterschiedlich in die Tat um. Da ist einerseits die liegengebliebene Sacharbeit. Ein ganzer Schwung von Anträgen ist vom regulären, dem "großen", Parteitag in Nürnberg im vergangenen Dezember übrig geblieben.

Es folgt Seehofers eigentliche Standortbestimmung in Bamberg: eine personelle. Das ist ein Novum auf einem Parteitag. Jeweils zehn Minuten sollen sich sechs Spitzenpolitiker der CSU in Kurzauftritten den 400 Delegierten und Gästen präsentieren: Mit Markus Söder, Ilse Aigner und Joachim Herrmann ist der engste Kreis möglicher Nachfolgeaspiranten dabei. Auf den Plätzen folgen die drei CSU-Bundesminister Alexander Dobrindt, Christian Schmidt und Gerd Müller.

Dobrindt beginnt. Er gibt den Infrastrukturminister, der vordringlich stets Bayern im Blick habe. "Liebe Freunde, wenn es darum geht, große Autobahnprojekte voranzutreiben, dann ist Bayern mit dabei." Scherzchen darüber, wie es anderswo in Deutschland sei, sorgen nur für marginale Lacher: "Ich war zu Gast in Pinneberg, nördlich von Hamburg, gehört noch zu Deutschland." Dort habe er sich rechtfertigen müssen, warum so viel Geld nach Bayern gehe für Straßen. "In Bayern gibt's Baurecht, da gibt's Straßen, in Schleswig-Holstein da gibt's kein Baurecht, da gibt's auch keine Straßen, so einfach ist das."

Dobrindt hat es schwer, Aigner stoibert los

Dobrindt hat es als Anheizer des Sextetts schwer, richtig Stimmung kommt nicht auf. Das ändert sich erst ein wenig, als Dobrindt auf seine Pkw-Maut kommt. Er fahre im Urlaub gerne durch Österreich und zahle Straßengebühren und Vignette. "Aber die gleiche Selbstverständlichkeit erwarte ich auch von allen anderen, die deutsche Straßen benutzen." Da gibt es endlich kurzen, aber deutlichen Applaus.

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ist als nächste dran. Sie stoibert sich in ihre Rede: "Es gibt zwei Projekte, die unser nächstes Jahrhundert ganz wesentlich prägen werden." Sie meint natürlich dieses Jahrhundert, sie spielt an auf Energiewende und Digitalisierung. Auf dem Dialogweg, wie bei der Energiewende, müssten solche Themen durchgesetzt werden. "Das ist moderner Politikstil, das ist auch der Weg der CSU." Ihrem Dauerkonkurrenten Söder verpasst sie gleich einen Seitenhieb, als sie über ihr Engagement für Arbeitsplätze spricht. "Das ist wirklich ein perfektes Programm für den ländlichen Raum", sagt sie mit Betonung auf "Das". Für den ländlichen Raum ist eigentlich explizit Söder zuständig.

Parteitag der CSU

Beim vergangenen Parteitag in Nürnberg posieren beide noch miteinander, in Bamberg übernimmt Ilse Aigner kurzzeitig sogar Edmund Stoibers Redestil.

(Foto: action press)

"Dankeschön, liebe Ilse Aigner", ruft Generalsekretär Andreas Scheuer in der Manier eines Conferenciers. "Und jetzt geht's gleich weiter mit dem dritten Redebeitrag." Scheuer schlendert in den Pausen lässig aufs Podium und wieder herunter und kündigt die nächsten Auftritte an, so wie man es auch bei einem Vorentscheid zum Eurovision Song Contest machen könnte.

Es folgen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und Entwicklungshilfeminister Gerd Müller. Schmidt bleibt eher blass, er wettert gegen den "Kampfbegriff" Massentierhaltung. Müller, "der kleine Außenminister", wie ihn Scheuer vorstellt, wird sehr grundsätzlich und nachdenklich - wie immer. "Das, was wir im Augenblick erleben, ist nur der Beginn einer Völkerwanderung", sagt er auf die Flüchtlingsströme bezogen. Der Mittelstand warte auf motivierte Mitarbeiter, Tausende Stellen könnten mit Neuankömmlingen besetzt werden.

Söder überzieht am längsten und erntet den meisten Applaus - ein Zeichen?

Dann kommt Innenminister Joachim Herrmann. Er startet von null auf 100, redet sich sofort heiß. "In Bayern leben heißt sicher leben", ruft er gleich zu Beginn sehr laut und schnell. Der Applaus ist groß. Er macht mobil gegen die "skandalösen Straßenkrawalle" in Frankfurt. Wer sich von solchen "nicht klar distanziert, der ist mit verantwortlich für solche Gewalt." Es ist eine kämpferische Rede, "ungewöhnlich emotional", heißt es bei Delegierten. Eine Rede womöglich, mit der man sich noch eindringlicher für Höheres ins Gespräch bringen will.

Söder geht als letzter ins Rennen, Scheuer sagt danach, die Reihenfolge habe nichts mit Hierarchien zu tun. Söder pendelt zwischen lauten Ansagen und leisen Zwischentönen, ihm geht es vorwiegend um Europolitik und Griechenland. "Wir sind gutmütig, aber nicht naiv", ruft er. "Wisst Ihr was, ich finde, der Staat muss endlich lernen mit dem Geld, das er hat, auszukommen, liebe Freunde."

Saisonstart der bayerischen Seenschifffahrt

Heimatminister Markus Söder, der neue starke Kapitän der "Vertrauensmannschaft"?

(Foto: dpa)

Im Umgang mit den Mitbewerbern gibt sich Söder fast schon präsidial. Er erwähnt "die Ilse" und sogar Dobrindt, mit dem er sonst eher nichts anzufangen weiß: "Der Alex hat Breitband angesprochen, völlig zurecht, danke dafür." Er macht sich etwas lustig über das Schaulaufen: Da werde "gemessen, wer bekommt jetzt zwei Sekunden mehr Applaus oder weniger". Söder überzieht sein Redezeitkonto von zehn Minuten am deutlichsten, bei ihm folgt auch der Saal am andächtigsten und spendet den meisten Applaus.

Seehofer hat die Sechser-Runde gefallen. "Ich finde, das war ein gutes Format, mir hat jedenfalls das Herz gelacht." Seehofer schließt eine fast einstündige, eher durchschnittliche Rede mit immer heiserer werdender Stimme an. Politisch sagt er nicht viel Neues, sein Lob über die Führungspersonen verteilt er so, dass sich keiner bevorteilt sehen kann.

Es soll nur einen starken Mann oder eine starke Frau an der Spitze geben

Doch zugleich macht er deutlich, wie stark ihn die künftige personelle Aufstellung beschäftigt. Zum Jahresende steht seine eigene Wiederwahl auf einem CSU-Parteitag an, gleichzeitig plant er die Machtübergabe rund um das Jahr 2018. Dafür muss die engste Führungsriege neu aufgestellt werden. Zwei seiner Stellvertreter, Peter Ramsauer und Peter Gauweiler, werden als Vizechefs auf Abruf betrachtet, seitdem er sie kürzlich im CSU-Vorstand mit der Attacke "Ihr oder ich" belegte - aus Zorn über deren abweichende Haltung bei der Griechenland-Rettung.

Eine "Mischung aus Erfahrung und Perspektive" schwebe ihm vor, sagt er. "Es geht nicht um Spitzenkandidatinnen oder -kandidaten, sondern um eine Spitzenmannschaft des Vertrauens und der Kompetenz." Deren Führung für ihn klar in einer einzigen starken Hand liegen soll, wie auch das Amt des Parteichefs und das des Ministerpräsidenten. Eine Ämter-Teilung a la Huber/Beckstein wird es mit Seehofer nicht geben.

Das alles bedeutet: Er nimmt die Parteikollegen in die Pflicht und macht zugleich deutlich, dass er nicht an vorzeitiges Abdanken denkt. Die jüngsten Gerüchte darüber, warum er so oft Termine absagt, haben den CSU-Chef erkennbar genervt. Nun sieht er sie durch seinen Auftritt aus der Welt. "Die Frage, wo ist Seehofer, ist beantwortet."

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