CSU Oberpfalz:Eine Liste wird zur Waffe

Das Wort "Dossier" weckt böse Erinnerungen an den Skandal der Münchner CSU. Nun kursiert ein neues Schriftstück - diesmal in der Oberpfalz.

Katja Auer

Fällt das Wort "Dossier", dann zucken sie in der CSU zusammen. Werden doch sogleich unschöne Erinnerungen wach an den Skandal in der Münchner CSU, der Kultusministerin Monika Hohlmeier vor vier Jahren das Amt kostete, weil sie private Informationen über Parteifreunde zusammengetragen hatte.

CSU, dpa

Das Wort "Dossier" weckt böse Erinnerungen. Nun kursiert ein neues Schriftstück in der Oberpfälzer CSU.

(Foto: Foto: dpa)

Nun kursiert ein neues Schriftstück, diesmal in der Oberpfälzer CSU. Eine zweite Dossier-Affäre ist das zwar noch nicht, aber dem zweitgrößten CSU-Bezirksverband beschert die Angelegenheit jede Menge Ärger.

Denn in dieser Dossier-Geschichte gibt es solche, die das besagte Schriftstück als unbedeutendes Papierchen bezeichnen. Und solche, die es als skandalträchtiges Dokument einstufen, dessen Verfasser dafür Konsequenzen zu tragen habe. Das nun ist Albert Rupprecht, 40.

Der Weidener Bundestagsabgeordnete hat das besagte Dossier in Auftrag gegeben. Vor sechs Jahren war das, als sich Rupprecht, damals Listenabgeordneter im Bundestag, anschickte, das Direktmandat in Weiden zu erringen.

Er ließ ein paar Praktikanten ein 30-seitiges Schriftstück erstellen, das als Grundlage für seinen Wahlkampf dienen sollte. Darin ist namentlich aufgelistet, wer zu wem hält, wer wie wichtig ist und wem eine Glückwunschkarte zum Geburtstag zu schicken ist. Für die Arbeit sei das aber "nicht brauchbar" gewesen, sagt Rupprecht heute. Im Übrigen sei es normale Praxis, solche Analysen erstellen zu lassen. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagt er.

Seine Unterstützer beurteilen das ebenso. Dieses Schriftstück werde nun "instrumentalisiert". Wer das Papier aus seinem Büro geholt hat, weiß Rupprecht nicht, aber weitergegeben habe es wohl sein ehemaliger Gegenkandidat um das Bundestagsmandat. Das ist Georg Girisch, der den Erfolg von Rupprechts Wahlkampf 2005 zu spüren bekam und ihm in einer Kampfkandidatur klar unterlag.

Einen Rachefeldzug weist der jedoch weit von sich. "Das soll mal einer sagen, dass ich das in Umlauf bringe, dann ist aber was los", poltert er. Er habe seine politische Karriere beendet, und damit sei der Fall für ihn erledigt. Nicht so für die Rupprecht-Kritiker in der Oberpfalz-CSU. "So geht man mit Parteifreunden nicht um", schimpft einer, ein anderer findet es "unmöglich" und sagt, da seien "Grenzen überschritten" worden.

Herbert Hahn, der Kreisvorsitzende der CSU Tirschenreuth, der im Dossier ebenfalls vorkommt und als "Schlüsselperson" beurteilt wird, fordert von Rupprecht vollständige Aufklärung. "Wir wollen wissen, wie das entstanden ist und ob es tatsächlich ein Entwurf geblieben ist", sagt er. Dann sei die Sache aber auch erledigt.

Ein Blick in den Bezirksverband ist erforderlich, um der Frage nachzuspüren, warum das Papier erst sechs Jahre später fleißig kopiert wird. Die Oberpfalz-CSU führt seit zwei Jahren Europaministerin Emilia Müller. Damals liebäugelte auch Rupprecht mit einer Kandidatur. Parteifreunde brachten ihn davon ab und trugen ihm stattdessen einen von vier Vizeposten an, auf den er mit einem miserablen Ergebnis auch gewählt wurde.

Manch einer nimmt Rupprecht heute noch übel, dass er damals eine Kampfkandidatur erwogen habe, andere denken schon weiter. Denn der junge Bundestagsabgeordnete gilt als ehrgeizig. Andere aber auch. Beispielsweise Sozialstaatssekretär Markus Sackmann aus Roding oder der neue Landtagsabgeordnete Albert Füracker aus dem Landkreis Neumarkt. Dass beide Rupprecht herzlich abgeneigt sind, ist kein Geheimnis. So vermuten die Rupprecht-Unterstützer den Anstoß der Dossier-Kampagne in den Sackmann'schen Reihen. "Das weise ich von mir ", sagt dieser und betont, dass er damit nichts zu tun habe.

Fest steht also nur, dass sich die Diskussion bis zum Bezirksparteitag am 29. Mai ziehen wird und dort möglicherweise ihren Höhepunkt erreicht. Dort kandidieren unter anderem Rupprecht, Sackmann und auch Füracker als Stellvertreter von Emilia Müller. Wer dann gegen wen antritt, das steht noch nicht fest.

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