CSU nach Europawahl:Gereizte Stimmung

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Auf die Kritik des EU-Spitzenkandidaten Ferber an Seehofers Stil und Inhalten reagiert der CSU-Chef gereizt. (Foto: dpa)

Bei einer Klausur des Parteivorstands will die CSU die Schlappe bei der Europawahl aufarbeiten. Doch die Stimmung ist schlecht, wie Parteichef Seehofer selbst beweist: Mit einem Kabinettsbeschluss geht er gegen seinen Kritiker Ferber vor. Ob das ausreicht?

Von Frank Müller, München

Es sind Tage der Anspannung für CSU-Chef Horst Seehofer: Kurz vor einer Klausur des Parteivorstands, auf der Seehofer die Schlappe bei der Europawahl aufarbeiten will, wird die Stimmung in der Partei immer gereizter. Das klarste Zeichen dafür lieferte der Ministerpräsident am Dienstag selbst: Nach nochmaliger Kritik des EU-Spitzenkandidaten der CSU, Markus Ferber, an Seehofers Stil und Inhalten führte Seehofer im bayerischen Kabinett einen speziell auf Ferber gemünzten Beschluss herbei. In diesem werden die finanzpolitischen Vorschläge Ferbers vom Tisch gewischt, um, wie Staatskanzleichefin Christine Haderthauer sagte, "ein Zeichen seriöser Politik" zu setzen.

In der Rangliste möglicher Eskalationsstufen steht diese Variante ziemlich weit oben. Üblicherweise begnügt sich der CSU-Chef damit, die immer wieder aufflammende Kritik an ihm als unbedeutende Einzelmeinungen enttäuschter Figuren von vorgestern abzutun. Das funktioniert offenbar nicht mehr ohne weiteres. Ferber hatte Seehofer persönlich die Verantwortung am Absturz bei der Europawahl Ende Mai auf nur noch 40 Prozent zugeschoben, weil der Parteichef bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin zu wenige originäre CSU-Positionen durchgesetzt habe. "Das war neben der Wahlmüdigkeit einer der Hauptgründe, warum sich die CSU bei der Europawahl so schwergetan hat, ihre Anhänger zu mobilisieren", legte Ferber am Dienstag in der Augsburger Allgemeinen nochmals nach.

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Er hielt Seehofer unter anderem vor, sich nicht für den Kampf gegen die sogenannte kalte Progression eingesetzt zu haben, eine als ungerecht empfundene Spezialität im Steuerrecht, die Einkommenszuwächse aufzehrt. Auch der JU-Chef Hans Reichhart schloss sich dem an. Er stammt ebenfalls aus dem von Ferber geführten CSU-Bezirk Schwaben, der damit immer mehr zur Problemzone für Seehofer wird.

Seehofer hatte sich schon unmittelbar nach seiner Rückkehr vom Papstbesuch in Rom, der ebenfalls unter dem Eindruck von Ferbers Attacken stand, zum Gegenschlag entschlossen. Er ließ das Thema auf die Tagesordnung des Kabinetts setzen und wollte einen entsprechenden Bericht samt Beschluss. Das bekam er. In dem Beschluss wird laut Haderthauer "festgestellt, dass für den Abbau der kalten Progression im Doppelhaushalt 2015/2016 kein Spielraum sein wird". Haderthauer ließ auch keinen Zweifel daran, dass sich Seehofers Kritiker direkt angesprochen fühlen sollen. "Es gibt dann doch immer wieder Wortmeldungen, die Anlass dazu geben, die Linie noch einmal festzulegen".

Ferber ist ja nicht der einzige Kritiker

Der Kabinettsbeschluss fiel einstimmig - alles andere hätte eine weitere Schwächung Seehofers bedeutet. Also stimmte auch Finanzminister Markus Söder mit, der ansonsten selbst zu den Dränglern beim Abbau der kalten Progression gehört. Söder unterlässt es aber, dies mit direkter Kritik an Seehofer zu verbinden. Doch am Dienstag legte er ein eigenes Papier zur Reform der Finanzströme zwischen Bund und Ländern vor, das vorwiegend auf Kosten des Bundes ginge. Dort regiert die CSU bekanntlich mit.

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Dabei sind Seehofer, Ferber und Söder in Sorge, dass die Union in Berlin mit ihrem Kernfeld Wirtschaft und Finanzen als zu schwach wahrgenommen wird, nicht weit voneinander entfernt. Auch beim CSU-Chef machte Eindruck, dass ihn jüngst Repräsentanten der bayerischen Wirtschaft fragten, warum sie CSU gewählt hätten, aber aus Berlin ständig SPD-Politik wie die Rente mit 63 oder den Mindestlohn geliefert bekämen. Seehofer zitierte diese Sätze inzwischen mehrmals als Mahnung.

Doch Hauptsorge des CSU-Chefs ist offenbar inzwischen, dass ihm die eigene Partei nicht auseinanderfliegt. Ferber ist ja nicht der einzige Kritiker, zuvor fanden Seehofers Vorgänger als Parteichef, Erwin Huber, und Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ebenfalls harte Worte. Friedrich ist oberfränkischer Bezirkschef - es gehören also zwei der in der CSU mächtigen Provinzfürsten ins Lager der Seehofer-Kritiker.

Das sorgt für Spannung vor der für Samstag angesetzten Vorstandsklausur. Seehofer lässt sie in der betont schmucklosen Münchner Landesleitung stattfinden und hat intern als Richtlinie ausgegeben, dass keine Kritik abgewürgt werden soll. Andererseits will der Parteichef offenbar auch nicht zu viel rückwärtsgewandte Schulddebatten zum Wahldebakel und zum Anteil des Parteichefs daran. Darauf deutet eine Idee hin, die Seehofer laut Teilnehmern am Dienstagnachmittag im Vorstand der Landtags-CSU präsentierte. Demnach erwägt der Parteichef, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt solle während der Klausur auch sein lange erwartetes Konzept zur Pkw-Maut präsentieren. Das könnte zwei Effekte haben: Man diskutiert nicht so lange über Vergangenes. Und zeigt, wie stark doch die CSU in Berlin ist.

© SZ vom 25.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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