CSU nach Beckstein-Rücktritt:Das beste Pferd für Berlin

Horst Seehofer, der neue Superstar der CSU. Geht er als Ministerpräsident nach München, mag das die Nerven in Bayern beruhigen. Aber auch nur da.

Thorsten Denkler

Wäre Horst Seehofer nicht so ein alter politischer Fahrensmann, er müsste sich vorkommen, als ziehe gerade die Welt im Zeitraffertempo an ihm vorüber. Montags noch Bundesminister, dienstags schon Parteichef und Mittwoch schon fast so gut wie Ministerpräsident. So steil können Karrieren sein.

CSU nach Beckstein-Rücktritt: Strahlender Sieger einer Schlacht um die Macht: Horst Seehofer.

Strahlender Sieger einer Schlacht um die Macht: Horst Seehofer.

(Foto: Foto: Reuters)

Ein Hürde gibt es noch: Drei weitere haben Anspruch angemeldet auf das Ministerpräsidentenamt: Kunstminister Thomas Goppel, Innenminister Joachim Herrmann und Fraktionschef Georg Schmid. Wenn die sich bis kommende Woche nicht einigen, will Seehofer es machen.

Die Idee an sich zeugt schon davon, wie unvorbereitet die CSU die heftige Wahlniederlage getroffen hat. Alle gegen alle, lautet das Motto der Münchner Chaostage. Nur Horst Seehofer kann sich anscheinend zurücklehnen und entspannt zusehen, wie ihm die Ämter zufallen.

Die ganze Macht in einer Hand, so lautet die Forderung aus weiten Teilen der CSU bis hinein in die CSU-Landesgruppe in Berlin. Alles bei einem - das klingt griffig und scheint die logische Konsequenz aus dem Doppelspitzendebakel um Huber und Beckstein zu sein.

Doch mit dem Ministerpräsidentenamt bekäme Seehofer wohl mehr, als ihm lieb sein kann. Den Parteivorsitz wollte er, das ist klar. Aber auch die Ministerpräsidentschaft?

Seehofer fühlt sich wohl in Berlin. Er genießt hier seinen Einfluss auf bundespolitische Entscheidungen. Schon lange gilt er an der Spree als der heimlicher Parteichef der CSU. Mit dem Parteivorsitz wäre er mächtiger als je zuvor.

Für die strategische Ausrichtung der Christsozialen auf die kommenden Wahlen 2009 ist das nicht ohne Bedeutung. Es stehen Europawahlen und die Wahlen zum Bundestag an. "Die große Schlacht", wie CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer das nennt.

In solchen Schlachten spielt die Marschmusik auf bundespolitischer Bühne, in Berlin. Deshalb ist es seit Jahren das Bestreben vieler in der CSU-Landesgruppe, den Parteichef nach Berlin zu holen.

Stoiber war schon da, hat dann aber Manschetten bekommen und flüchtete zurück ins schöne Bayernland. Erwin Huber wollte in die Hauptstadt, wurde aber von der Wahlwirklichkeit überrollt. Seehofer ist die dritte Chance, die Idee wahr werden zu lassen - und nun sind die Bayern kurz davor, den Berlinern ihr bestes Pferd im Stall wegzuschnappen.

Welche Probleme die Entscheidung mit sich bringen kann, wird schon die Europawahl zeigen. Es ist die einzige Wahl, bei der die CSU bundespolitisch eigenständig auftreten muss. Will sie im Europaparlament vertreten sein, muss sie im Bundesschnitt die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Bisher hat sie das immer geschafft, vor allem mit Ergebnissen in Bayern von in der Regel über 50 Prozent.

Schafft sie es diesmal nicht, so wäre das nach den verlorenen Kommunalwahlen und der total vergeigten Landtagswahl die dritte schmachvolle Niederlage in Folge. Und das kurz vor der Bundestagswahl. Manche fürchten, das wäre dann das Aus für ein unionsgeführte Bundesregierung.

Ob das noch verhindert werden kann, hängt jetzt stark von Horst Seehofer ab. Die CSU lebte bisher von ihrem Mythos der Stärke, ihrer Durchsetzungskraft auch auf Bundesebene. Seehofer wäre da der richtige Mann.

Es wäre also gut, wenn sich Goppel, Schmid und Herrmann bald einigen. Besser morgen als übermorgen. Denn Seehofer zum Ministerpräsidenten zu machen, mag kurzfristig die Nerven in Bayern beruhigen - aber dann wäre in Berlin niemand mehr, der Stärke demonstrieren könnte.

Das ist doch richtig, Herr Glos, oder?

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