CSU: Monika Hohlmeier:Empörung war gestern

Monika Hohlmeier kann in Brüssel punkten und hat die Oberfranken-CSU für sich eingenommen - entgegen allen Erwartungen.

Kassian Stroh

Es ist allein das Drumherum, das diesen Satz so paradox erscheinen lässt. Ein Wohnzimmer soll das hier sein, doch es steht nur eine weiße Ledercouch-Garnitur darin. Es hängen noch keine Vorhänge. Dort, wo Lampen sein sollten, finden sich nur Kabel, ein paar Bilder lehnen am Kachelofen. Sind Sie angekommen in Oberfranken, Frau Hohlmeier? "Ja", sagt sie, "ich fühle mich total wohl."

CSU-Europawahlkampf Bayreuth

Monika Hohlmeier: Die CSU-Politikerin schlägt sich gut in Brüssel.

(Foto: sz.sonstige)

Nach dieser Vorgeschichte muss Monika Hohlmeier so etwas sagen, nach dieser Welle der Empörung, die ihr im Dezember 2008 entgegenschlug. Über Nacht präsentierte der CSU-Bezirkschef Karl-Theodor zu Guttenberg damals seinen oberfränkischen Parteifreunden Hohlmeier als Kandidatin fürs Europaparlament - ein von CSU-Chef Horst Seehofer eingefädelter Coup.

Überrumpelt stimmten sie zu, doch an der Parteibasis war der Zorn groß. Es gab Parteiaustritte, von "Zwangsbeglückung" war die Rede: eine Oberbayerin für Oberfranken, eine gescheiterte Kultusministerin noch dazu. Als Zeichen ihrer Ernsthaftigkeit musste Hohlmeier versprechen, nach Oberfranken zu ziehen. Seit gut einem Jahr lebt sie nun in Bad Staffelstein, seit Januar in diesem Haus. Ihr altes in Vaterstetten hat sie trotzdem behalten.

Verschwunden ist die Empörung, selbst Kritiker räumen ein, dass Hohlmeier sich Respekt erarbeitet habe, weil sie viel unterwegs sei in Oberfranken, sich auch nicht zu gut sei für die kleinen Veranstaltungen.

Christi Himmelfahrt in Altenbanz, einem Ortsteil von Bad Staffelstein. 213 Menschen leben hier, was die Freiwillige Feuerwehr aber nicht zögern ließ, zu ihrem 150-jährigen Bestehen ein Bierzelt für 3000 Menschen aufzustellen. Der Pfarrer hat eigens den Gottesdienst vorverlegt, damit die CSU einen politischen Frühschoppen abhalten kann - wofür ihm alle örtlichen Honoratioren ausgiebig danken. In den Grußworten ist ansonsten viel die Rede vom Stolz darauf, dass sich Hohlmeier ausgerechnet Bad Staffelstein als Wohnsitz gewählt habe. Ein Heimspiel für die Europaabgeordnete.

Bei ihren ersten Auftritten als Neu-Fränkin schlug ihr noch Skepsis entgegen, die am Ende oft verflogen war, weil Hohlmeier mit ihrem Charme die Leute für sich eingenommen hatte. Heute begegnet sie nicht einmal mehr der anfänglichen Skepsis. Mit Kleinigkeiten fängt sie in Altenbanz die vielleicht 400 Menschen im Zelt.

Vor ihrer Rede hat sie sich noch einen Kuchen geholt und nebenbei erfahren, dass die Altenbanzerinnen im Zuge der Feuerwehr-Festwoche 220 Kuchen backen werden. Prompt erwähnt sie es in ihrer Rede. Sich um die Bürger zu kümmern - das habe sie von ihrem Vater gelernt, Franz Josef Strauß, lobt ein wichtiger oberfränkischer CSU-Mann. Das ist das eine.

Das andere ist die große Politik: Eine Stunde lang spricht Hohlmeier, die Hälfte der Zeit vom Euro und von Griechenland - es ist die Woche, in der die EU den 750-Milliarden-Rettungsschirm aufspannt. Sie redet über Mittelständler und Exportchancen, über Spekulanten und Kreditausfallversicherungen, über die Politik der Amerikaner und die Haushaltsprobleme der Briten. Aus dem Mund der meisten CSU-Abgeordneten aus Bund oder Land klänge das lächerlich anmaßend - sie sprechen lieber über Landwirtschaft und Hauptschulen. Bei Hohlmeier ist das anders. Denn angekommen ist sie inzwischen auch anderswo: in Europa.

In vier Ausschüssen des Europaparlaments arbeitet Hohlmeier, darunter der Haushaltsausschuss - kein schlechter Einstieg für einen Parlamentsneuling. Wenn sie von ihrer Arbeit dort erzählt - und das tut Hohlmeier ausgiebig -, dann zeichnet sie von sich das Bild einer fleißigen, selbstbewussten, energisch auftretenden Abgeordneten.

Dann erzählt sie, wie sie der EU-Kommission Zugeständnisse abringt, was die Zustimmung des Parlaments zu Gebäudenutzungen betrifft; oder wie sie mit kritischen Fragen die griechischen Regierungsvertreter in die Enge trieb, als sie neulich mit dem Haushaltskontrollausschuss in Athen die Verwendung der EU-Zuschüsse überprüfte. Hohlmeier war schon immer eine Politikerin, die mit Feuereifer die Aufgabe bearbeitete, die ihr gerade gestellt war. Als gäbe es nichts Wichtigeres im Moment. Und wenn man 44 Wochen im Jahr für jeweils vier Sitzungstage in Brüssel oder Straßburg sein muss - da komme man einfach nicht dazu, das Wohnzimmer schneller einzurichten, sagt sie.

Ohne Allüren und ganz kollegial sei sie in ihre neue Aufgabe eingestiegen, heißt es von den CSU-Kollegen im EU-Parlament. Ein Lob von Parteifreunden, das nicht selbstverständlich ist, wenn man sich an die Querelen im Vorfeld der Aufstellung der Europaliste erinnert.

Sie sei beliebt im Parlament, berichtet der Münchner CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt nun, sie wirke frei und souverän. Und Posselt hat dafür eine zweifache Erklärung: "Das internationale Parkett liegt ihr. Und in Brüssel ist sie nicht automatisch die Tochter von Franz Josef Strauß." Sondern einfach nur eine Abgeordnete.

Hohlmeier, die Englisch und Französisch beherrscht, widerspricht nicht. Im Gegenteil: So lange sie noch im Landtag war, sagt sie, habe jeder seine Klischees über sie gepflegt. "Das war für mich belastend." Als 2004 Vorwürfe laut wurden, sie sei in die Wahlfälschungsaffäre der Münchner CSU verstrickt, trat sie erst als deren Bezirkschefin zurück, im Jahr darauf als Kultusministerin. Ein Untersuchungsausschuss beschäftigte sich auch mit dem Vorwurf der Miss- und Günstlingswirtschaft in ihrem Ministerium.

Heute berichten viele CSUler von einer Monika Hohlmeier, die an innerer Ruhe und Souveränität gewonnen habe. Sie verneint entschieden, Ambitionen auf ein politisches Comeback in München zu haben, im Kabinett etwa. Viele haben ihr das vor einem Jahr unterstellt - und Zeit genug wäre dafür: Hohlmeier ist erst 47 Jahre alt. Sie habe sich nun für Europa entschieden, sie bereue es keinen Tag, sagt sie jedoch. "Ich war 18 Jahre im Landtag - der Abschnitt ist für mich beendet." Und: "Ich werde weiter für Oberfranken kämpfen."

"Sie gehört zu uns", hat der Landrat dort zur Begrüßung gesagt, "für die nächsten 20 Jahre, dafür werden wir sorgen." Hohlmeier nimmt den Ball sofort auf. "Warum eigentlich nur für 20 Jahre?", fragt sie zurück.

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