CSU-Klausur in Kloster Banz:Der Kampf Peter gegen Peter

Bei den Flurgesprächen im Kloster Banz ist längst klar, wen sich die CSU-Abgeordneten als Parteivize wünschen - Gauweiler und nicht Ramsauer. Doch keiner will dem Verkehrsminister die Wahrheit sagen.

Frank Müller

Man könnte natürlich auch sofort wählen, gleich jetzt, hier bei der CSU-Klausur im Kloster Banz: Würde die Frage, ob die CSU ihren Euro-Rebellen Peter Gauweiler zum neuen Vizeparteichef machen soll, schon bei dem gerade stattfindenden Strategietreffen der Landtagsabgeordneten entschieden und nicht erst in zwei Wochen auf dem Nürnberger Parteitag, dann wäre das Ergebnis klar: Zwei Drittel für Gauweiler, ein Drittel für seinen mutmaßlichen Gegner, den bei vielen unbeliebten Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, schätzt ein Abgeordneter. 70 zu 30 sogar, meint ein anderer.

Gauweiler kandidiert als CSU-Vizechef

Ganz entspannt: Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler will CSU-Vize werden.

(Foto: dapd)

Keine Frage: Der angeblich so einzelkämpferische, so schwer einzubindende Gauweiler hat Konjunktur hier im oberfränkischen Klausurkloster.

Dabei steht das Thema auf keiner Tagesordnung, hat nichts zu tun mit all den Debatten um Bildung und Landesentwicklung. Doch während die Abgeordneten ihren Klausurgästen wie Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt oder der aus Thüringen vorbeischauenden Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht lauschen, servieren sie nebenher einen Parteivize ab. Auf den Gängen und beim kleinen Getuschel zwischendurch ist es das Hauptthema: Hat Peter Gauweiler wirklich Chancen, einer der vier Stellvertreter von Parteichef Horst Seehofer zu werden? Und wird die Partei dafür wirklich mit Ramsauer immerhin einen Bundesminister in die Wüste schicken?

Es werden schon viele Szenarien durchgespielt in Banz, auch die Frage, wie beim Parteitag in Nürnberg gewählt wird und was daraus folgt. Denkbar sind zwei Szenarien: Über die fünf Kandidaten wird im Block abgestimmt, und wer die wenigsten Stimmen bekommt, ist draußen. Als wahrscheinlicher aber gilt eine Einzelabstimmung um jeden der vier Posten, dann käme es zum Showdown.

Der Kampf Peter gegen Peter ist nur eines von mehreren denkbaren Szenarien, aber das weitaus wahrscheinlichste. Vier Vizeposten sind zu vergeben: Die Wiederwahl der populären Landtagspräsidentin Barbara Stamm und der nicht ganz so beliebten Justizministerin Beate Merk kann im Zeichen der neuen CSU-Frauenquote als gesetzt gelten. Mit Ingo Friedrich hört zwar einer aus dem Quartett auf, für ihn hat die Parteispitze sich allerdings schon den Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt ausgeguckt.

Der ist zwar ein eher unbeschriebenes Blatt, aber Franke und hat daher aus Gründen des noch immer intakten Regionalproporzes gute Karten. Bleibt nur noch Ramsauer. Gegen ihn anzutreten, das passe auch zu Gauweiler, heißt es auf der Klausur. Einer wie er werde ja wohl nicht gegen Schwächere kandidieren.

Die Terminplanung will es, dass Ramsauer ausgerechnet am gestrigen Mittwochabend zu den Abgeordneten stößt: Pkw-Maut und Straßenbau standen auf der Tagesordnung. Danach, dass einer, ob Freund oder Gegner, den Mut haben würde, ihm die Wahrheit über die Stimmungslage ins Gesicht zu sagen, sah es aber nicht aus: Den Parteifreund herzlich willkommen heißen, hieß es stattdessen - und nach dem Treffen ab zur ökumenischen Andacht in die Klosterkirche. Auch Ramsauer selber wollte sich nicht in eigener Sache äußern: "Der Parteitag ist übernächste Woche, und heute machen wir eine schöne Klausurtagung", sagte er bei der Ankunft und entschwand hinter die Klostermauern.

Auch die Parteiführung ignoriert das Thema offensiv. Zwar könnte man ja durchaus auf die Idee kommen, zu den Aufgaben eines Parteichefs Seehofer gehöre auch, einen Vize rechtzeitig abzuziehen, anstatt ihn auf dem Parteitag ins offene Messer laufen zu lassen. Doch solche Signale werden nicht bekannt, die CSU-Spitze überlässt die Sache sich selbst. So wie Seehofer überhaupt ungewöhnlich wenig Präsenz zeigt in Banz. An der Medienfront taucht er völlig ab, er sei mürrisch, wird über ihn berichtet.

Ist Seehofer die Anti-Ramsauer-Stimmung entgangen?

Dabei kann auch Seehofer die Anti-Ramsauer-Stimmung in der Landtagsfraktion nicht entgangen sein. Für zu arrogant und selbstverliebt halten ihn dort viele, das stärkt die Position Gauweilers ungemein. Doch der Münchner Bundestagsabgeordnete hat auch aus eigener Kraft einen guten Lauf: Je mehr Fahrt das Thema Euro aufnimmt, desto lieber hätten viele die europakritische Stimme Gauweilers im Vorstand. Die Stabilität der Währung sei schließlich "das Thema, das die Menschen am meisten beschäftigt", sagt Fraktionschef Georg Schmid. Gauweiler sei als intellektueller Kopf wichtig für die Partei: "Ich halte das für einen ganz normalen politischen Vorgang, dass es für vier Posten fünf Kandidaten gibt", sagt Schmid, als ob das für die CSU schon immer der normalste aller Normalfälle gewesen wäre.

CSU-Fraktion - Herbstklausur

Seine Chancen, Stellvertreter zu werden, stehen schlecht: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer.

(Foto: dpa)

Wie brenzlig die Lage für den Nochvize Ramsauer ist, zeigt, dass sich auch immer mehr Abgeordnete ganz offen positionieren: "So einen braucht's", sagt der unterfränkische Abgeordnete Bernd Weiß über Gauweiler und sagt offen, wie er in Nürnberg abstimmen wird: "Ich fahre da hin, um eine Jastimme abzugeben, und ich fahre auch hin, um eine Neinstimme abzugeben."

Und dass man damit immerhin den Ex-Chef der Berliner Landesgruppe abserviert? "Pfeif drauf", sagt Weiß fröhlich. Gauweilers alter Weggefährte Alfred Sauter ergänzt kaum minder deutlich: "Nach dieser Klausur ist für mich die zentrale Frage: Wer tritt gegen Gauweiler an - und nicht umgekehrt."

Vergleichbar aggressive Töne über den früher so oft angeeckten Gauweiler hört man auf der Klausur nicht, auch wenn Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Gauweilers Chefin in Berlin, zum Auftreten ihres Parteifreunds spitz anmerkt: "Ich würde mir gelegentlich wünschen, dass er etwas öfter in Berlin wäre."

Ob das dann auch noch gilt, wenn Gauweiler erst Parteivize ist, muss sich erst zeigen. Dass mit ihm die alte Parteischiene der Europa-Kritik wieder mehr Gewicht erhalten würde, das gilt als ausgemacht. Als "Esperantogeld" hatte Gauweiler einst den Euro verspottet - für Hasselfeldt ist das kein Beinbruch: "Wir haben ein breites Spektrum in der Partei", sagt sie, "das haben wir auch früher schon ausgehalten."

Nur einer will über die Sache Gauweiler momentan nicht reden: Gauweiler selbst. Der war gestern in München, ist heute wieder in Berlin, die Landtagskollegen bleiben dagegen bis heute in Banz. Für ihn, sagt Gauweiler am Telefon aus München, habe sich "nichts geändert".

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