CSU:Möge die Lot noch lange gludern!

Ein super Tänzer, ein strenger Chef und mitunter ein etwas orientierungsloser Redner: Zu seinem 75. Geburtstag schildern Weggefährten ihre Erlebnisse mit Edmund Stoiber.

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CSU Parteitag Stoiber

Quelle: dpa/dpaweb

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Edmund Stoiber feiert an diesem Mittwoch seinen 75. Geburtstag, allerdings nur in kleiner Runde mit der Familie. Die Gratulanten haben deshalb ihre Erlebnisse mit dem früheren Ministerpräsidenten und CSU-Chef hier zu Protokoll gegeben:

Stoiber bei Hohlmeier-Untersuchungsausschuss

Quelle: dpa

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Monika Hohlmeier, 54, CSU-Europaabgeordnete:

"Am Anfang war Edmund Stoiber ja so ein richtiger Workaholic. Na ja, was heißt am Anfang! Ich kann mich noch gut an eine Kabinettssitzung kurz vor den Sommerferien erinnern, das muss 1995 gewesen sein, als er die gestrenge Frage stellte, wer denn eigentlich in den Urlaub fahren wolle. Das klang schon leicht gestreng, fast militärisch. Da gingen 20 Köpfe runter, und jeder Einzelne erklärte, dass er freilich allenfalls ein bisschen Urlaub auf Balkonien machen wolle oder höchstens mal zum Baden an den Kleinhesseloher See fahren würde. Gerade hatte Hans Zehetmair erklärt, dass er natürlich in Erding bleibe, da war auch schon ich dran, seine Staatssekretärin. Frei nach dem Motto "Ehrlich währt am längsten" vermeldete ich keck, dass ich mit den Kindern und meinem Mann drei Wochen nach Frankreich fahren würde. Da war Stille - und angespanntes Warten auf die Reaktion unseres Chefs. Die war dann recht verdattert. Na ja, meinte Edmund Stoiber, du hast ja auch Kinder. Du auch, Herr Ministerpräsident, entgegnete ich ihm schmunzelnd. Da meldete sich der Günther Beckstein und warf vorsichtig ein, dass er auch drei Kinder habe und eigentlich nach Südafrika reisen wolle, und Barbara Stamm vermeldete, dass auch sie plane, mit ihren Kindern nach Italien zu reisen. Am Ende sind wir dann doch so ziemlich alle in Urlaub gegangen inklusive des Ministerpräsidenten. Günther Beckstein hat sich nachher bei mir bedankt. Wir könnten ja nicht dauernd über den Wert der Familie reden und dann die eigene vergessen. Recht hatte er!"

CSU-Vorstand - Stoiber und Söder

Quelle: dpa/dpaweb

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Markus Söder, 49, bayerischer Finanz- und Heimatminister:

"Mich hat neben der strategischen Weitsicht vor allem die Verlässlichkeit von Edmund Stoiber beeindruckt. Nach 49 Prozent bei der Bundestagswahl 2005 gab es einige in der Partei, die versuchten, an meinem Stuhl als Generalsekretär zu sägen. Bereits am Wahlabend gab es erste Stimmen, die forderten: Jetzt müsse Generalsekretär Söder Verantwortung übernehmen. Am darauf folgenden Tag fragte ich Edmund Stoiber vorsichtig, ob er dies auch so sehe. Edmund reagierte fast sauer und erzürnt und hat mir nur geantwortet: "Man gewinnt gemeinsam, man verliert gemeinsam! Natürlich bleibst du mein Generalsekretär." Das hat mich tief beeindruckt. Zusammenzuhalten statt zu versuchen, Verantwortung auf andere abzuwälzen - auch deshalb verbindet uns bis heute ein enges Verhältnis."

RNPS IMAGES OF THE YEAR 2007 - GERMANY

Quelle: Reuters

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Gabriele Pauli, 59, ehemalige Landrätin von Fürth:

"Meine letzte richtige Begegnung mit Edmund Stoiber war am Tag, als der Orkan Kyrill über Bayern fegte. An dem Tag kündigt Stoiber an, neun Monate später sein Amt niederlegen zu wollen. Das hörte ich im Auto, auf dem Weg zu Stoiber. Ich hatte längere Zeit zuvor um einen Termin bei ihm gebeten, er weigerte sich lange. Ich wollte ihm bei dem Treffen sagen, dass die CSU sich ganz grundlegend ändern muss. Und genau auf dem Weg in die CSU-Landesleitung kam diese Meldung im Radio. Mir war dann eigentlich klar, dass unser Treffen nicht zustande kommen wird. Aber so ist Stoiber eben nicht. Wir trafen uns tatsächlich direkt nach seiner Rücktrittsankündigung. Das fand ich bewundernswert. Es wurde fast ein Monolog von ihm über 90 Minuten lang. Ich konnte ihm dennoch sagen, was in der CSU falsch läuft. Er erklärte mir, dass die Fraktion nicht mehr hinreichend hinter ihm stünde. Ich war also aus seiner Sicht nicht die "Königsmörderin". Es fiel kein böses Wort. Diese fast preußische Disziplin in so einer Situation, das war schon erstaunlich. Wir haben uns später im Landtag nicht mehr gesehen, ein bisschen schade ist das schon. "Bewahren Sie mir die Einheit der CSU", waren Stoibers letzte Worte an mich. Das hätte ich gerne getan, aber die Partei war zu aufgehetzt gegen mich."

Peter Gauweiler, 2015

Quelle: Robert Haas

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Peter Gauweiler, 67, ehemaliger Umweltminister und CSU-Vize:

"Es war der 28. Mai 1993, Edmund Stoiber wurde zum ersten Mal vom Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt. Das große Ziel war erreicht - der Mount Everest der bayerischen Politik erklommen. Die Masse der Parlamentarier drängte mit ausgestreckten Händen nach vorn, ihn zu beglückwünschen. Eine Berührung Stoibers war ab sofort eine Berührung der obersten Macht. Aber Edmund schlug sie mit einer fast unwirschen Armbewegung alle aus. Seine Gesichtszüge waren in diesem Moment des Sieges fast maskenhaft erstarrt - wir Hardliner sind zu jeder Grimasse bereit, wenn es gilt, unsere Rührung zu verbergen. Wie von einer unsichtbaren Hand gezogen, durchpflügte er den sich um ihn schon gebildeten Kordon politischer Leiber. Er schritt, nein, raste an den Rand des Saales. Dort saß Karin Stoiber, eine schöne, bei sich selbst gebliebene Frau. Stoiber wollte die wichtigste Minute seiner Sternstunde mit seiner Gattin teilen. Die Szene hatte nichts Einstudiertes, Glattes - im Gegenteil. Ich weiß nicht, was er ihr zuflüsterte. Offensichtlich dankte er ihr, und sie streichelte ihn. Es war der Augenblick innerster Solidarität eines Paares, das zu diesem Zeitpunkt schon seit 25 Jahren verheiratet war."

Kabarettist Wolfgang Krebs

Quelle: dpa

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Wolfgang Krebs, 50, Kabarettist und Stoiber-Double:

"Es war Stoibers 66. Geburtstag. Er feierte ihn mit einem Delegiertenabend auf der Messe in München und hatte auch mich und Michael Lerchenberg eingeladen. Die Moderatorin fragte mich auf der Bühne, wie es mir denn so gehe als Stoiber-Double. Da erzählte ich, dass es oft stressig ist neben meinem Job . In der Früh ein Schützenumzug, mittags im Bierzelt, nachmittags ein Geburtstag und am Abend dann noch ein Auftritt als Stoiber. "Danach wissen sie nicht mehr, wie sie heißen und wer sie sind", sagte ich. "Dabei muss ich ja nicht mal regieren. Ich weiß gar nicht, wie das Stoiber macht." Danach kam Stoiber zu mir und sagte, wie er's macht und so, wie er's halt sagt: "Das, was Sie da gesagt haben, das war im Grunde genommen, also, das hat mich sehr bewegt. Mir ging's auch so. Also im Bundestagswahlkampf, da müssen Sie ja im Bus fahren. Sie halten vier oder fünf Reden am Tag. Da sind im Bus die Journalisten, dann steigen Sie aus dem Bus aus. Dann ging's mir so, dass ich irgendwo im Osten war und ich wusste nicht, wo. Und im Moment hat man mir nicht zurufen können, wo ich bin." "Oh Gott, was machen Sie denn da?", habe ich ihn gefragt. "Na, dann nähert man sich an", sagte Stoiber. Ich musste sehr lachen. Wie macht das Stoiber dann, wenn er nicht mehr weiß, wo er ist? Hm, Fachwerkbauten, das könnte - äh - Franken sein, oh, ein Brunnen, tja, oder vielleicht verrät das Logo hier etwas? Das fand ich damals sehr amüsant und sehr ehrlich von ihm."

LANDTAGSWAHL BAYERN STOIBER UND SCHMIDT

Quelle: DPA

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Renate Schmidt, 72, ehemalige Fraktionsvorsitzende der Landtags-SPD und Bundesfamilienministerin:

"Wir waren immer politische Gegner, da hat man sich nichts geschenkt. Uns als Opposition hat Stoiber damals ja kaum zur Kenntnis genommen. Er war einer, der von seiner Sache sehr überzeugt war und abweichende Meinungen weniger goutiert hat. Einmal aber, da hab ich ihn nicht als harten Hund erlebt. Stoiber wurde der Orden wider den tierischen Ernst verliehen. Er sollte für seine unfreiwillig komischen Wortverdreher ausgezeichnet werden. "Frau Schmidt, ich kann Ihnen nicht sagen, es hat mir noch nie vor etwas so gegraust wie vor dieser Veranstaltung", sagte Stoiber damals zu mir. Norbert Blüm oder auch Heiner Geißler gehen in so einen Abend zwar mit Lampenfieber, aber mit Begeisterung rein. Für Stoiber aber war es ein Graus. Dass er es zugegeben hat, zeichnet ihn aus."

Im Bild: Edmund Stoiber und Renate Schmidt nach der Landtagswahl 1998 in einem Fernsehstudio.

Theo Waigel wird 75

Quelle: Peter Kneffel/dpa

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Theo Waigel, 77, ehemaliger CSU-Vorsitzender und Bundesfinanzminister:

"Ich glaube, es war 1993 oder 1994. Wir sollten für einen Radiosender als Fußballkommentatoren ein Spiel zwischen Bayern München und dem TSV 1860 kommentieren. Jens Jeremies hat damals noch bei 1860 gespielt, später ist er ja dann zu Bayern gegangen. Stoiber als leidenschaftlicher Bayern-Fan hat kommentiert: "Und jetzt ist wieder Jeremias am Ball." In der Pause, als die Mikros aus waren hab' ich dann zu ihm gesagt: "Du, Edmund, wir sind mittlerweile im neuen Testament, nicht mehr im alten. Der heißt nicht Jeremias sondern Jeremies." Ihm ist der Fehler ein paar Mal passiert. Das war ihm ein bisschen peinlich. So Sachen mochte er gar nicht. Schon gar nicht beim Fußball. Stoiber will immer perfekt sein. Er hat es dann aber schnell korrigiert, das ist ja seine Stärke. Es ist dann 1:1 ausgegangen. 1860 hat am Schluss noch den Ausgleichstreffer geschafft - gegen Bayern. Das muss man sich mal vorstellen. Lang ist's her."

Auf dem Bild: Stoiber und Waigel moderieren ein DFB-Pokalspiel für den Radiosender Antenne Bayern im Münchner Olympiastadion.

CSU-Parteitag

Quelle: dpa

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Horst Seehofer, 67, CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident:

"Mein einschneidendes Erlebnis mit Edmund Stoiber war 2004, es war mein Kampf gegen die Kopfpauschale. Am Ende hat er sich mit Angela Merkel geeinigt und sich in der Sache gegen mich gestellt. Ich bin zurückgetreten, wir hatten dann ein langes Gespräch. Der gleiche Stoiber ist aber auch der Grund, warum ich jetzt hier als Ministerpräsident sprechen kann. Er hat mich mit seiner rhetorischen Brillanz überzeugt, in der CSU sein Stellvertreter zu bleiben. Ich galt damals als größter Konkurrent von Stoiber und als Anhänger von Theo Waigel. Meine Schlussfolgerung war: Wenn er mich in dieser Situation bittet, in der Politik zu bleiben, dann meint er das ehrlich. Wenn es um Sein oder Nicht-Sein geht in der Politik, gibt es für mich kein prägnanteres Ereignis. In meine Politik als Ministerpräsident hat er sich nie eingemischt. Er sagt nur: Früher war meine Zeit, jetzt ist deine. Er ist ein Mensch von besonderem Format, er steht über den Dingen."

Opposition fordert sofortigen Rücktritt Stoibers

Quelle: dpa

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Margarete Bause, 57, Fraktionsvorsitzende der Grünen:

"Am Augsburger Presseball wurde getanzt. Da dachte ich mir, warum nicht den Ministerpräsidenten auffordern. Stoiber schaute recht verdutzt, ein Blick zur Gattin, die gab ihre Erlaubnis, und wir drehten uns zum Walzer. Stoiber ist ein sehr guter Tänzer. Anders als sonst sind wir uns nicht auf die Füße getreten. Ein wenig Smalltalk mussten wir natürlich machen. Er sagte: "Also, Frau Bause, Sie haben doch auch eine Tochter." - "Einen Sohn." - "Ja genau, also, und wie machen sie das jetzt? Also mit der Familie und der Politik? Das ist ja nicht leicht zu vereinbaren. Das bekomme ich gerade mit bei meinen zwei erwachsenen Töchtern." Ich habe es mir damals gespart, auf all die Anträge der Grünen zu besserer Kinderbetreuung hinzuweisen, sondern mich einfach nur gefreut, dass er sich des Themas bewusst geworden ist."

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Quelle: Claus Schunk +49 1716039668

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Andreas Brunner, 50, früherer Trainer des Fußball-Bayernligisten BCF Wolfratshausen, Stoibers Heimatverein:

"Auch als Ministerpräsident wollte Edmund Stoiber immer sofort über unsere Ergebnisse informiert werden. Manchmal hat er auch persönlich vorbeigeschaut. Dann kam eine halbe Stunde vor dem Spiel das Einsatzkommando, hat alle Taschen durchsucht, alle mussten raus aus den Kabinen. Bei den Aufstiegsfeiern hat er immer ein Fass Bier spendiert. Und er hat nicht nur ein Grußwort gehalten, sondern ist bis weit nach Mitternacht geblieben. Als es am Tisch einmal zu eng war, hat er seine Bodyguards vor die Tür geschickt. Er sagte zu ihnen, es gebe keinen Ort, an dem er sicherer sei als hier. Unser Abteilungsleiter wusste, dass ich nicht gerade ein CSU-Sympathisant bin und bat mich, nicht mit ihm über Politik zu diskutieren. Das hat nicht ganz geklappt. Wir haben dann bei einer Meisterfeier zwei Stunden über Familienpolitik gesprochen und sogar Übereinstimmungen gefunden."

© SZ vom 28.9.2016/kaa/nell/prz/wiw/bica
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