CSU in Berlin:Das Ding mit der Doppelspitze

In der CSU-Landesgruppe kann man sich gut vorstellen, künftig wieder auf eine Doppelspitze zu verzichten. Eine Überlegung, die den Druck auf Ministerpräsident Beckstein deutlich erhöht.

Thorsten Denkler, Berlin

Seine Mundwinkel zucken kurz nach oben, als er nebenbei anmerkt, dass das ja jetzt seine zweite Kandidatur zum Vorsitzenden der CSU sei. Vielleicht schoss Verbraucherminister und CSU-Vize Horst Seehofer in dem Moment gerade durch den Kopf, dass er es ist, der am Ende als Sieger dasteht. Die Kampfkandidatur gegen Huber auf dem CSU-Parteitag vor fast einem Jahr hatte Seehofer noch verloren. Nach dem desaströsen Wahlsonntag aber steht Seehofer jetzt vor der Berliner Presse plötzlich als der große Heilsbringer der CSU da.

CSU in Berlin: Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

(Foto: Foto: Reuters)

CSU-Landegruppenchef Peter Ramsauer steht neben ihm. Er hat zuvor erklärt, wie er sich Seehofers Weg an die Parteispitze vorstellt. Seehofer, sagt Ramsauer, werde auf seinen Vorschlag hin von der Landesgruppe als CSU-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2009 in Betracht gezogen. Als solcher stehe ihm Platz 1 der Landesliste zu. Und der stehe "in der Regel" dem Parteivorsitzenden zu. Also Seehofer.

Mit dieser etwas umständlichen Begründung will Ramsauer wohl die Parteifreunde in Bayern nicht verärgern. Die Basis soll ja das Gefühl haben, auf dem Sonderparteitag der CSU am 25. Oktober frei über den Parteivorsitzenden abstimmen zu können.

Seehofer will jetzt von der ersten Stunde seiner Kandidatur an, dafür kämpfen, "verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen". Pflichtschuldig zollte er Erwin Huber Respekt für seine Entscheidung, das Amt des Parteichefs niederzulegen. Huber habe "in einer ungewöhnlich schwierigen Situation Verantwortung übernommen" und "Großartiges geleistet".

Weil auch Ministerpräsident Günther Beckstein im Wahlkampf ähnlich Großartiges geleistet hat, steht auch dessen Zukunft zur Disposition. Beckstein steht in Berlin nach dem Wahldesaster nicht mehr besonders hoch im Kurs. Ihm wird gedankt für geleistete Arbeit, aber ob er der richtige Mann für die Zukunft Bayerns ist: dazu allenthalben beredtes Schweigen.

Wenn es nach der Berliner Abordnung der CSU ginge, würde Seehofer nicht nur Parteichef werden. In der Landesgruppe haben ein halbes Dutzend Abgeordnete die Doppelspitze der CSU mehr oder weniger deutlich in Frage gestellt. Niemand hat widersprochen. Auch Seehofer und Ramsauer nicht, die sich in der Sondersitzung überhaupt recht wortkarg gegeben haben sollen.

Alles in einer Hand, das wurde schnell klar, kann nur eines bedeuten: Seehofer wird Parteichef und Ministerpräsident. Diese Übelegung erhöht den Druck auf Beckstein. Auch wenn er nach eigener Aussage nicht an seinem Amt klebe, die Tage im Amt des Ministerpräsidenten wären gezählt. Nur dass da die Landtagsfraktion in München noch ein Wörtchen mitzureden hat.

Das Wissen auch die Berliner. Manche in der Landesgruppe gehen jetzt sogar soweit, die Zuständigkeit der Landtagsfraktion für die Personalie Ministerpräsident in Frage zu stellen. "Das ist unter den gegebenen Umständen eine Frage der Gesamtpartei und nicht allein Sache der Landtagsfraktion", sagt etwa Stefan Müller, Chef der bayerischen Jungen Union. Worte, die die bayerischen CSU-Landtagsabgeordneten sicherlich verärgern wird. Denn auf eines legen sie großen Wert: Ihre Entscheidungen treffen sie noch immer gerne selbst.

Hartmut Koschyk, parlamentarischer Geschäftsführer, wiederspricht dem deutlich. Das müsse Sache der Landespolitiker bleiben. Er will nicht, dass Seehofer auch noch Ministerpräsident wird. Zumindest im Moment nicht. Der Grund: Die Europa- und Bundestagswahl 2009.

Bei der Europawahl tritt die CSU als eigenständige Kraft auf. Wenn sie da im Bundesschnitt unter fünf Prozent bleibt, sei das ein "katastrophales Signal für die Bundestagswahl", sagt Koschyk. Die Rechnung ist einfach: Ist das Ergebnis bei der Bundestagswahl ähnlich schlecht, dann ist es aus mit einer unionsgeführten Regierung. Darum brauche die CSU eine "optimale Aufstellung", also einen Parteivorsitzenden Horst Seehofer, der von Berlin aus die großen Wahlkämpfe im kommenden Jahr bestreitet.

Und Beckstein? Koschyk macht einen innovativen Vorschlag. Beckstein könne ja noch zwei Jahre im Amt bleiben. Dann könne Seehofer immer noch übernehmen. Morgen kommt die Landtagsfraktion in München zusammen. Eines aber ist jetzt schon klar: Beckstein hat seinen Posten noch nicht gerettet.

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