CSU:Im Kandidatenstadl der CSU

CSU: Gewinner oder Verlierer? CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin.

Gewinner oder Verlierer? CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin.

(Foto: Tobias Schwarz/AFP)

Kehrt Horst Seehofer nun als Gewinner oder Verlierer aus Berlin zurück? Da sind die internen Urteile sehr unterschiedlich: Bei den Christsozialen geht der Machtkampf jetzt erst richtig los.

Von Wolfgang Wittl

Am Montagmittag packte Horst Seehofer in Berlin seine Sachen. Vier Wochen hatte er sich auf die Sondierungsgespräche konzentriert. Vier Wochen hatte er seine Partei in München schalten und walten lassen, wie sie wollte. Dem Zustand der CSU, so viel hat Seehofer auch in der fernen Bundeshauptstadt mitbekommen, hat das nicht gutgetan. Es herrscht blankes Chaos, zumindest in dieser Bewertung sind sich Seehofers Gegner und Unterstützer einig. Fragt sich nur, wer daraus den größeren Nutzen zieht: Markus Söder, Finanzminister und ehrgeiziger Herausforderer, der mit Macht bayerischer Ministerpräsident werden will? Oder doch Seehofer, weil nur er in dieser Phase der Konfusion die Dinge ordnen könne?

In einer Telefonschalte mit dem CSU-Führungszirkel übte Seehofer am Montag erstmals seit Wochen klare Kritik an dem Hauen und Stechen in seiner Partei. Wer solch ein Bild abgebe, sei von der Regierungsfähigkeit in Bayern meilenweit entfernt. Er werde nun in sich gehen und mit seiner Familie beraten, sagte er - und sprach von einem "organischen Übergang". Am Donnerstag will Seehofer der Landtagsfraktion berichten, in der Parteivorstandssitzung am Abend werde er dann einen Vorschlag vorlegen, "der die Blutgefäße nicht gleich zum Platzen bringt".

Söders Freunde, die damit gemeint gewesen sein dürften, schlossen daraus, Seehofer wolle ein Gesamtpersonaltableau für die künftige Ausrichtung der CSU vorstellen - inklusive der Landtagswahl 2018. Sie werden sich allerdings noch gedulden müssen. Seehofer meinte lediglich die nächsten Wochen und Monate, wie er der SZ sagte. Vorrang habe die Frage, wie es in Berlin weitergehe. Neuwahlen im Bund könnten alles ändern, davon hänge auch alles Weitere für die Landtagswahl ab. Niemand müsse sich aber Sorgen machen, dass etwas verschleppt werde, auch das sagte Seehofer in der Telefonkonferenz noch.

Nahezu alle Kernforderungen habe die CSU durchgesetzt, heißt es aus dem Lager Seehofers

Der CSU-Chef hat das schlechteste Bundestagswahlergebnis seit Jahrzehnten zu verantworten, Söders Freunde attackieren ihn seit Wochen. "Ohne Ergebnis aus Berlin zurückzukehren, das hätte jeder andere auch geschafft", sagte einer nach den abgebrochenen Verhandlungen. Dass Seehofer dennoch keineswegs aufgegeben hat, lässt sich aus den Reaktionen seines Umfelds ableiten. "Eine grandiose Leistung" habe der Chef abgeliefert, wenn Seehofer jemals seine Unverzichtbarkeit für die CSU bewiesen habe, dann in diesen Sondierungen, sagte ein Mitstreiter. Selbst wenn man die Euphorie des Jubelchores abzieht, klingt die Heldenhymne noch nach: Allein Seehofer sei es zu verdanken, dass der Schwarze Peter nicht bei der CSU, sondern bei der FDP gelandet sei. Nahezu alle Kernforderungen aus dem Bayernplan habe die CSU durchgesetzt, hätte die FDP nicht alles platzen lassen: Einkommensteuerreform, Kindergeld, Ausbau der Mütterrente, sogar die Begrenzung bei den Flüchtlingen und die Anerkennung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer habe er den Grünen abgerungen - und es trotzdem geschafft, das Verhältnis zu ihnen zu entspannen. Auch Seehofer betrachtet die Verhandlungen deshalb als Erfolg, nicht zuletzt wegen der neuen Geschlossenheit mit der CDU.

Ob das in München auch so gesehen wird? Der Missmut bleibt jedenfalls groß. "Hätte er ein Jahr früher mit der CDU den Schulterschluss gesucht, würden wir jetzt mit der FDP regieren", kritisierte ein Vorstandsmitglied. Die Personaldebatte reißt nicht ab. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner gab am Montag kurzfristig eine Pressekonferenz, in der sie die SPD aufforderte, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und in Gespräche einzutreten. Zugleich verteidigte sie ihren Plan einer Mitgliederbefragung in der CSU. Dabei gehe es nicht um Vorteile für sich, sondern um die Befriedung der Partei, sagte sie.

Rückendeckung erhielt Seehofer von seinen Stellvertretern an der Parteispitze. Sie könne sich nicht vorstellen, dass die CSU in dieser Situation auf Seehofer verzichten könne, sagte Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Der Europapolitiker Manfred Weber warnte, jedem in der CSU müsse klar sein, worum es gehe: "Für unser Land steht seine Stabilität zur Debatte, für unsere Partei, welche Rolle wir künftig noch spielen werden." Wenn die CSU jetzt nicht zusammenhalte und "die spaltende Tonalität" nicht ändere, "drohen wir in eine vertiefte Krise zu schlittern". Fraktionschef Thomas Kreuzer, einer der CSU-Unterhändler in Berlin, sagte im Deutschlandfunk, man werde über das Personal entscheiden, wenn Seehofer sein Zukunftsmodell vorgestellt habe. Grundsätzlich komme Markus Söder für jedes Amt infrage, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt könne einen guten Parteichef abgeben.

Die Kernfrage bleibt, was Seehofer und Söder planen. Seehofer würde die Entscheidung über den Parteichef und Spitzenkandidaten für eine mögliche Bundestagswahl wohl gerne unabhängig vom Spitzenkandidaten für die Landtagswahl klären; Söder will alle Personalien am Parteitag Mitte Dezember abgeschlossen haben. Am Montag sagte er kein Wort - weder über Jamaika noch über Seehofer.

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