CSU:Herrmanns Sinneswandel

Als CSU-Fraktionschef galt Joachim Herrmann nicht gerade als Verfechter der Online-Durchsuchung. Doch kaum ist er Innenminister, denkt er offenbar anders.

Kassian Stroh

Am Donnerstag quälte die Opposition tatsächlich die Sehnsucht nach Joachim Herrmann. Da beantragten SPD und Grüne im Landtag, was sie laut Verfassung dürfen, den neuen Innenminister herbeizuzitieren. Das Ansinnen scheiterte, wenig überraschend, an der CSU. Sie ersparte Herrmann auf diese Weise einen pikanten Auftritt.

Joachim Herrmann, CSU, dpa

Joachim Herrmann: Kaum ist er Innenminister, scheint sich seine Einstellung zu Online-Durchsuchungen gewandelt zu haben.

(Foto: Foto: dpa)

Schließlich debattierte der Landtag gerade, ob Online-Durchsuchungen gut (CSU) oder böse (SPD und Grüne) sind. Herrmanns Vorgänger und jetziger Chef, Günther Beckstein, ist ein leidenschaftlicher Verfechter derselben; Herrmann hingegen, bis vergangenen Dienstag CSU-Fraktionschef, lehnte sie bislang ab, wie aus der CSU zu hören ist.

Da scheint sich ein gewisser Sinneswandel zu vollziehen. Denn auf Nachfrage sagt er nun, er habe mit Online-Durchsuchungen "keine Probleme", wenn deren Zweck klar definiert sei und ein Richter sie anordne. "Wir dürfen den Terroristen keinen rechtsfreien Raum überlassen", argumentiert Herrmann.

Seine neue Rolle hat er offenbar auch bei einer anderen Frage schon verinnerlicht. Als Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor zwei Jahren vorschlug, die Daten des Lkw-Maut-Systems für Fahndungszwecke zu nutzen - was Beckstein unterstützt -, fühlte sich Herrmann noch an die Totalüberwachung im George-Orwell-Klassiker "1984" erinnert und kritisierte, man dürfe den Datenschutz nicht nachträglich aushöhlen. Jetzt sagt er, bei Schwerverbrechen oder wenn es um den Schutz vor Terroristen gehe, könne er sich das schon vorstellen.

Beckstein gab stets den innenpolitischen Hardliner. Einzuschätzen, wie sich Herrmann bei strittigen Fragen künftig positionieren wird, tut man sich in der CSU schwer. Er selbst bemüht das ewiggültige Mantra der deutschen Innenpolitik: Es gehe um die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit.

Der Frage, ob er ein liberal Denkender sei, weicht Herrmann aus: "Ich kann mit solchen Etiketten nichts anfangen."

Bei einem anderen Thema, das ihm sein Vorgänger hinterlassen hat, setzt Herrmann jedoch andere Akzente: Fuhr das Innenministerium im Verein mit dem Finanzressort bislang einen rigorosen Kurs gegen private Anbieter von Sportwetten, bleibt Herrmann bei seiner Skepsis gegenüber den Versuchen, das staatliche Wettmonopol zu bewahren.

Doch dieses Thema liegt derzeit auf Eis. Die Länder haben sich in einem Staatsvertrag auf eine harte Linie geeinigt. Die steht derzeit nicht zur Disposition - es sei denn, die EU-Kommission kippt sie wieder. Dann wird Herrmann Farbe bekennen müssen.

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