CSU-Fraktionschef Schmid:"Udes Weckruf brauchen wir nicht"

"Undankbarer Mensch": Zum Auftakt der Fraktionsklausur greift CSU-Landtagschef Georg Schmid den SPD-Herausforderer Christian Ude an. Über den Aufwärtstrend der Opposition und warum die Partei keine Angst vor dem Münchner OB hat.

Frank Müller

Nach den Abgeordneten von SPD und FDP startet an diesem Montag auch die CSU-Landtagsfraktion in ihre Herbstklausur - traditionsgemäß im oberfränkischen Kloster Banz. Mit Spannung wird vor allem erwartet, wie die CSU auf die erstarkte Opposition reagiert, die sich bereits auf eine Regierungsübernahme nach der Landtagswahl 2013 einstellt. Die SZ sprach mit CSU-Fraktionschef Georg Schmid.

CSU-Fraktionsvorsitzender Schmid verstaerkt Druck bei Bundeswehrreform

CSU-Fraktionschef Georg Schmid: "Das Wichtigste ist, gute Arbeit zu machen für Bayern und seine Menschen."

(Foto: dapd)

Die SPD hat sich auf ihrer Würzburger Klausur geradezu euphorisch gezeigt, kann die CSU da noch mithalten?

Die Euphorie in der SPD macht sich daran fest, dass sie in den Umfragen von 18,6 auf 21 Prozent gestiegen ist. Das ist der aktuelle Stand. Keine Sorge, wir werden sehr deutlich machen, dass wir die einzige wirkliche Gestaltungskraft in Bayern sind. Bei uns kommt der Spitzenkandidat auch nicht als Kopie wie bei der SPD mit Udes Nockherberg-Double. Wir brauchen kein Phantom und keine Schauspieler, zu unserer Klausur kommt Horst Seehofer, das Original.

Wie wollen Sie den Aufwärtstrend der Opposition denn stoppen?

Wir sind hochmotiviert, und wir kennen die Herausforderungen für Bayern. Unser klares Schwerpunktthema auf der Klausur heißt Infrastruktur: Wir wollen den Menschen zeigen, wie wir das Land nach vorne bringen, bei der Bildung etwa. Sie ist unser wichtigstes Politikfeld, alleine dafür geben wir 15 Milliarden Euro im Jahr aus. Bildungspolitik ist die Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts.

Wird die CSU nicht gerade hier zunehmend isoliert? Die SPD forciert ihre Gemeinschaftsschule, die CDU wendet sich vom dreigliedrigen System ab.

Wir sollten jetzt aufhören, ständig über Reformen und Strukturveränderungen zu reden. Im Vergleich zu allen Ländern dieser Republik und auch international verfügt Bayern über das beste und weithin anerkannte Bildungssystem. Wir haben die höchste Durchlässigkeit zwischen den Schultypen, nach dem Motto: Kein Abschluss ohne Anschluss.

Trotzdem: Viele sind unzufrieden.

Es gab teilweise Probleme, etwa bei der schnellen Einführung des G 8. Da hätte man manches besser machen können, aber wir haben rechtzeitig nachjustiert. Was wir jetzt brauchen, ist Ruhe und Stabilität für Lehrkräfte, Eltern und Kinder. Das heißt aber nicht Stillstand, sondern dass wir die Ganztagesangebote ausweiten, dass wir mehr Verantwortung an die Schulen selbst bringen und dass wir die Unterrichtsausfälle eindämmen - das ist dringend, da bin ich mir auch mit Kultusminister Spaenle einig. Wir sollten uns nicht durch die Diskussionen anderswo irritieren lassen. Bisher ist es immer noch so: Ein bayerischer Schüler, der in ein anderes Bundesland zieht, kann dort gut bestehen. Das Problem besteht doch eher in umgekehrter Richtung.

Was gehört noch zur Infrastrukturdebatte?

Die Bundeswehrreform zum Beispiel. In ein paar Wochen bekommen wir vom Verteidigungsministerium die Entscheidung, wo welche Standorte aufgelöst werden. Wir haben 49 000 Soldaten in Bayern und 15 000 Zivilangestellte an 63 Standorten. Es liegt auf der Hand, dass das ein Thema ist, das das ganze Land betrifft. Wir wollen für unsere Standorte kämpfen und haben deswegen zur Klausur auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière eingeladen. Wir werden deutlich machen, dass die CSU die Partei der Bundeswehr ist und bleibt. Während die Oppositionsparteien gegen Gelöbnisse demonstriert haben, standen wir immer zur Bundeswehr. Jetzt müssen wir der Bundeswehr deutlich machen, was sie davon hat, wenn sie an unseren Standorten bleibt: Familienfreundlichkeit, Perspektive, gut motivierte junge Leute. Und es muss sichergestellt sein, dass es für aufzulösende Standorte ein Konversionsprogramm gibt. Das können nicht die Länder bezahlen, da ist der Bund gefordert.

Da ist es ja wichtig, dass Sie Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt bei Laune halten. Der angestrebte CSU-Vizeposten für ihn ist ja wieder fraglich.

Wegen der Kandidatur von Peter Gauweiler? Es gibt halt jetzt mehr Wettbewerb, aber nicht nur für Schmidt, das gilt für alle Bewerber.

Markiert die Klausur endgültig den Auftakt zum Wahlkampf für 2013?

Die Halbzeit der Legislaturperiode liegt hinter uns, aber wir dürfen uns jetzt nicht auf einen zweijährigen Dauerwahlkampf einlassen. Das Wichtigste ist, gute Arbeit zu machen für Bayern und seine Menschen.

Sind Sie nicht trotzdem für den Ude-Weckruf ganz dankbar? Es hat ja ziemlich geknirscht im Regierungsbetrieb.

Inhaltliche Debatten in der Mitte der Amtsperiode sind normal. Einen Weckruf brauchen wir nicht, auch nicht von Herrn Ude. Aber dass wir die Herausforderung ernst nehmen, ist auch klar.

Keine Angst vor dem populären Ude?

Schauen Sie mal, was er erzählt. Ude greift die Privatisierungserlöse an, von denen München und er selbst profitiert haben, wie niemand sonst. Ausgerechnet er beschwert sich jetzt am meisten? Da muss ich sagen: He, undankbarer Mensch! Unehrliche Politik werden wir entlarven. Oder nehmen Sie die Beschlüsse, die die SPD jetzt zur Wirtschaftspolitik getroffen hat: Weniger Hightech-Begeisterung und mehr einfache Produkte bei bayerischen Unternehmen - das ist doch keine Politik! Ich halte das für Irrsinn, das würde das Land zurückwerfen. Das geht vielleicht in China, aber nicht bei uns. Wenn wir nicht Hightech auf Spitzenniveau liefern, dann sind wir im internationalen Wettbewerb ganz schnell weg vom Fenster. Ohne Hightech kein Wirtschaftswachstum und kein Wohlstand.

Haben alle in der Partei den Ernst der Lage kapiert? Auch der Regierungschef?

Jeder von uns weiß, worum es geht und wofür wir arbeiten.

War es klug, die Liberalen zeitweise nicht mehr als Verbündete, sondern als Gegner zu betrachten?

Der Auftrag der Wahl von 2008 war eindeutig. Die Wähler wollten diese Koalition. Ich habe als Fraktionsvorsitzender den Koalitionsvertrag unterschrieben. Für mich war vom ersten Tag an klar: Dieser Vertrag ist einzuhalten. Ich habe ein gutes Vertrauensverhältnis zu meinem FDP-Kollegen Thomas Hacker.

Warum gibt es dieses gute Klima zwischen den Fraktionen nicht im Kabinett?

Ich höre, dass alle Entscheidungen dort einvernehmlich getroffen werden.

Aber jeder hat das Zerwürfnis zwischen Horst Seehofer und seinem FDP-Vize Martin Zeil gesehen.

Das ist jetzt vorbei. Man muss auch zugeben, dass es nicht allen unseren Leuten leicht fiel, in einer Koalition zu arbeiten. Trotzdem: Diese Koalition ist ein Auftrag, der wird erfüllt, fertig. Was dann ab 2013 ist, entscheiden die Wähler. Mein Ziel ist es, das 2008 reichlich verlorengegangene Vertrauen in die CSU zurückzuerarbeiten. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel.

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