CSU-Fraktionschef Georg Schmid:Seehofers Watschenmann

CSU-Fraktionschef Georg Schmid könnte der wichtigste Mann nach dem Ministerpräsidenten sein, doch ihm fehlt politisches Gespür.

Katja Auer

Georg Schmid kommt kein böses Wort über Ministerpräsident Horst Seehofer über die Lippen. Nach dessen ersten 100 Tagen im Amt sei überall eine "kreative Lebendigkeit" zu spüren, sagt der Chef der CSU-Landtagsfraktion. Allenfalls lächelt er ein wenig gequält. Kein Wunder, denn Schmid bekommt die neue Lebendigkeit arg zu spüren. Seehofer hält ihn für die falsche Besetzung an der Spitze der Fraktion, und das lässt er sich anmerken. Tatsächlich ist Schmid Seehofers Watschenmann.

CSU-Fraktionschef Georg Schmid: CSU-Fraktionschef Georg Schmid steht stark in der Kritik, Parteichef Seehofer setzt nicht auf ihn.

CSU-Fraktionschef Georg Schmid steht stark in der Kritik, Parteichef Seehofer setzt nicht auf ihn.

(Foto: Foto: ddp)

Erst am Dienstagabend bekam der 55-Jährige die volle Wucht des Seehoferschen Unmuts wieder einmal ab. Vor versammeltem Fraktionsvorstand kanzelte Seehofer ihn ab, weil er die Debatte über die Aufnahme von Guantanamo-Gefangenen in Bayern hatte aufkommen lassen. Schmid war vorgeprescht, hatte lautstark die FDP kritisiert, weil sie die in Guantanamo gefangenen Uiguren aufnehmen will - während Seehofer und sein Stellvertreter Martin Zeil (FDP) längst ausgemacht hatten, dass sich eine einmütige Lösung finden werde. "Diese Kraftmeierei hätten wir uns sparen können", schimpfte Seehofer später.

Kein Sturz im Wahljahr

Das ist nur ein Beispiel. Von Anfang an wollte Seehofer den jovialen Schwaben nicht an der Fraktionsspitze haben. Es ist ein wichtiges Amt, in einer Koalition sogar das zweitwichtigste nach dem Ministerpräsidenten. Immerhin muss der Fraktionschef dafür sorgen, dass die Koalitionskompromisse von den Abgeordneten auch eingehalten werden.

Das traute Seehofer dem Mann offenbar nicht zu, den sie in der CSU dafür belächeln, dass er im heimatlichen Stimmkreis jeden Spatenstich persönlich setzt. Seehofer hätte lieber den gerade zurückgetretenen CSU-Chef Erwin Huber oder den früheren Justizminister Alfred Sauter auf dem Posten gesehen und wollte Schmid zum Staatskanzleichef machen. Der wehrte sich jedoch, denn erst kurz vor der Kabinettsbildung hatten ihn die Abgeordneten - nach einigem Hin und Her - im Amt bestätigt.

Schon da war Schmid angeschlagen. Und dann machte er den Fehler und wollte selbst Ministerpräsident werden, bewarb sich neben Innenminister Joachim Herrmann, dem damaligen Wissenschaftsminister Thomas Goppel und Horst Seehofer - und zog nach zwei Tagen wegen Aussichtslosigkeit zurück. Fraktionschef wurde er vor allem deshalb wieder, weil die Abgeordneten genug davon hatten, einen nach dem anderen aus den eigenen Reihen abzusägen. Goppel soll Schmid damals deutlich zu verstehen gegeben haben, dass man sich schwer mit ihm tut, in Goppels Worten: dass "die Kontinuität für viele nicht einfach war, und das weißt du, Georg”.

Auch jetzt ist Schmid umstritten, aber es droht kein Sturz. Immerhin ist Wahljahr, und die CSU kann sich keine Führungsdebatte leisten. Trotzdem könnte es nach der Bundestagswahl eng werden für den Fraktionschef. Zumal sonst kein Ende absehbar ist. Denn Schmid ist für fünf Jahre gewählt.

Unter den Abgeordneten wollen viele Schmid schon allein deswegen halten, weil sie Seehofer damit ärgern können. Der Ministerpräsident regiert ihnen ein wenig zu harmonisch mit der FDP. Die noch der absoluten Mehrheit nachtrauernden CSU-Abgeordneten sehen es nicht gern, wenn Seehofer lieber die eigenen Leute als den Koalitionspartner schilt.

Schmid sollte der Gegenpol sein zum Ministerpräsidenten, wie es Fraktionsvorsitzende traditionell sind. Doch im Gegensatz zu Alois Glück, der sich ebenfalls harte Gefechte mit dem damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber lieferte, diesem aber sein Talent beim Strippenziehen entgegensetzen konnte, ist Schmid Seehofer letztlich nicht gewachsen. Schmid ist kein Stratege. Er war bislang politisch erfolgreich, weil er wegen seiner Leutseligkeit und Bürgernähe daheim hervorragende Wahlergebnisse einfuhr.

Seehofer setzt die Themen

Der politische Weitblick allerdings fehlt ihm. Da hatte er - getragen vom Bonus des frischgewählten Fraktionschefs - das strengste bayerische Rauchverbot durchgeboxt. Und musste sich nach verlorener Wahl dafür schelten lassen. Er räumte kleinlaut Fehler ein und muss jetzt zähneknirschend zusehen, wie die Koalition den Nichtraucherschutz wieder aufweicht. Bei der Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth wollte er offen mit der Umfrage umgehen, wonach ein Großteil der Bayern die CSU für verfilzt hält. Er machte sie öffentlich, Seehofer machte ihn klein.

Seit der Wahl hat Georg Schmid nicht an Profil gewonnen. Zumal seine Auftritte im Plenum nicht zu den Sternstunden des Parlaments gehören. Die Themen setzt längst Seehofer. Er gibt sogar den Kurs in der Fraktion vor. Am Dienstag verkündete Schmid, dass sich die CSU-Fraktion jetzt vor allem um die Ballungsräume kümmern werde - nachdem in Kreuth gerade noch der ländliche Raum auf der Tagesordnung gestanden hatte. Den allermeisten Abgeordneten war der neue Schwerpunkt noch gar nicht bekannt. Zufall, dass es Seehofers größte Sorge ist, die CSU könne junge Familien und Großstadtbewohner nicht mehr erreichen? Schmid fügt sich. Das verschiebt den nächsten Rüffel zumindest um eine Weile.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: