CSU:Erwin Huber, ein Haudegen aus Überzeugung

Erwin Huber geht in den Ruhestand

Erwin Huber auf dem Weg zum Maximilianeum: Er gehört zu den ganz wenigen in der CSU, die die Debatte mit Horst Seehofer nicht scheuen.

(Foto: Robert Haas)

Erwin Huber hat als Politiker alles erreicht und noch mehr verloren. Nun wird er 70 und bereitet sich auf seinen beruflichen Endspurt vor.

Von Wolfgang Wittl

Der Unterschied zwischen alter und neuer CSU lässt sich für Horst Seehofer ziemlich leicht errechnen, er ist ja auch nicht groß. Er beträgt zwei Jahre, elf Monate, neun Tage. Genau so viel ist Erwin Huber älter als Seehofer. Und jener Huber, sein Vorgänger als Parteichef, verkörpert wie kein anderer die alte CSU, Seehofer betont das nur zu gerne. Die Frage, wer für die neue CSU steht, erübrigt sich damit.

Huber mag solche Vergleiche nicht. Für ihn geht es nicht um alt oder neu, sondern um Überzeugungen und Werte. Für sie kämpft er in der CSU seit etwa 50 Jahren. Dass er es immer noch tut, zumal mit diesem Eifer, löst bei manchen Kopfschütteln aus. Denn Erwin Huber hat in der CSU alles erreicht und noch mehr verloren. Er war ihr Vorsitzender, bis die Partei 2008 bei den Landtagswahlen ihre absolute Mehrheit zerbröseln sah.

Andere, wie Ministerpräsident Günther Beckstein, ließen ihre Karriere ausklingen. Huber machte weiter, nicht bei null, wie er sagte, sondern sogar darunter. Wenn er an diesem Dienstag seinen 70. Geburtstag feiert, wird er dennoch die Glückwünsche als Mann entgegennehmen, der mit sich im Reinen ist.

Ein Café in der Nähe des Landtags, Huber hat sich eine Stunde freigeschaufelt. Er steuert nicht den großen Tisch mit Sofa an, sondern lieber den winzigen daneben mit zwei Stühlen. "Auf die Couch will ich nicht", sagt er. Seine Couch ist die Arbeit. Mit ihr betäubte er den Schmerz der historischen Niederlage, mit ihr hielt er sich im politischen Leben fest. Die Arbeit ist Hubers ständiger Therapeut, Politik beschrieb er als Sucht, die vermutlich nie völlig heilbar sei. In Hubers Fall muss man sagen: Was für eine grandiose Untertreibung.

Als er beschlossen hatte, 2013 erneut für den Landtag zu kandidieren, fragten ältere Parteifreunde, wie tief er eigentlich noch sinken wolle. Jüngere maulten, weil er ihnen im Weg stand. Journalisten orakelten, dass er seinen Vorsitz im Wirtschaftsausschuss abschreiben könne. Hubers Reaktion: Er krempelte die Ärmel hoch, wie er es sein ganzes Leben getan hatte. Sprach noch mehr Grußworte bei Dorffesten, hielt noch mehr Bürgersprechstunden, kniete sich rein, als müsse er zum ersten Mal gewählt werden.

Was anderen peinlich gewesen wäre, erfüllt ihn mit Stolz. Der Stolz, sich bewiesen zu haben, wenn auch auf kleinerer Bühne. Es freut ihn, wenn er als einziger Politiker aus dem deutschsprachigen Raum einer europäischen Elitegruppe zur regionalen Entwicklung angehört.

Wirtschaftsausschusssitzung im Landtag, auf der Tagesordnung stehen Ölheizungen und Radschnellwege. Huber sieht sich als Freund des Fortschritts, Kritiker halten ihn für ein Fossil einer rücksichtslos bauwütigen CSU. Als Generalsekretär hat er sich das Etikett des grimmigen Wadlbeißers verdient, jetzt schäkert Huber galant mit Abgeordneten von der Opposition. Einmal sagt er: "Es ist nicht meine Art, zu tricksen. Das wissen Sie ja." Großes Gelächter.

Anfangs, sagt SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen, habe sie gedacht: "Der Typ geht gar nicht." Inzwischen schätzt sie Huber als blitzgescheiten Gegner mit viel Humor und schneller Auffassungsgabe, einen Haudegen, der mit allen Wassern gewaschen sei und an dem man sich reiben könne. Nun müsse sie aber aufhören, sagt Kohnen, zu sehr loben wolle sie auch nicht.

Dass er den Vorsitz im Wirtschaftsausschuss noch immer innehat, darauf darf Huber sich etwas einbilden. Heute Nachmittag werde das Problem gelöst, lautete zu Beginn der Legislaturperiode die Parole im Kabinett. Nicht nur Seehofer, auch Markus Söder und Ilse Aigner sollen seine Ablösung betrieben haben. Diesem Trio getrotzt zu haben, können in der CSU nicht viele behaupten.

Zum einen war es wohl der Respekt vor Hubers Können, der vor allem Jüngere auf seine Seite brachte. Zum anderen das Wissen, dass er als einer von wenigen auch die Auseinandersetzung mit Seehofer nicht scheut. Wenn der Ministerpräsident im Streit um den Flughafenausbau wieder einen Bürgerentscheid anpeilt, klingelt bei Huber zwei Minuten später das Telefon, er müsse dagegen einschreiten.

2018, so hat Huber es für sich festgelegt, wird für ihn jedoch Schluss sein. Er wolle "nicht als seniler Greis im Landtag rumschlurfen". Nach dann 40 Jahren im Parlament hält er seinen Dienst an der Heimat für vollbracht. Dass mit seinem persönlichen Aufstieg auch der seines geliebten Niederbayern einherging, bleibt vielleicht seine größte Freude. Parteifreunde trugen ihm bereits den CSU-Ehrenbezirksvorsitz an, Huber lehnte ab. Noch sei er aktiver Politiker. Und wenn nicht mehr?

Er falle bestimmt nicht in ein Loch, behauptet Huber. Mehr lesen will er dann, sich um die Enkelkinder kümmern und vielleicht sogar ein Zweitstudium der Philosophie beginnen. Nicht mal der Streit mit seinem Dauerrivalen werde ihm fehlen. Er sehe sein Wirken nicht um die Achse Seehofer drehen, sagt Huber. Außerdem hat er ja noch zwei Jahre Zeit.

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