CSU bei der Bundestagswahl:Seehofer vor dem Sturz

Die CSU wollte sich mit einer restriktiven Einwanderungspolitik und einer Obergrenze für Flüchtlinge oberschlau zur Retterin der Union stilisieren. Das ist großartig gescheitert.

Kommentar von Sebastian Beck

Nach der verheerenden Niederlage bei der Landtagswahl 2008 wird der 24. September 2017 als zweiter Katstrophensonntag in die Geschichte der CSU eingehen. Damals musste das glücklose Führungsduo Erwin Huber (Parteivorsitz) und Günther Beckstein (Ministerpräsident) den Platz räumen. Diesmal könnte es passieren, dass ausgerechnet der Retter von 2008, Horst Seehofer, ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl in Bayern stürzt.

Der Verlust von gut zehn Prozentpunkten bei der Bundestagswahl trifft Seehofer und die Partei völlig unerwartet. Mit ihrer Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge und einer generell restriktiveren Einwanderungspolitik hat sich die CSU in den vergangenen zwei Jahren als oberschlaue Retterin der Union stilisiert. Mit diesem Konzept sind Seehofer, aber auch Markus Söder und andere gescheitert.

Der Rechtsschwenk der CSU hat den Aufstieg der AfD nicht verhindert

Die AfD erreicht auch in Bayern ein ähnliches Ergebnis wie im Bund und ist damit noch wesentlich stärker geworden, als es die CSU befürchtet hatte. Was erschwerend hinzukommt: Der Rechtsschwenk der CSU hat den Aufstieg der AfD in Bayern nicht verhindert, zudem aber allem Anschein nach noch liberale Wähler verprellt. Sie liefen zur FDP oder den Grünen über. Sogar die Linke konnte in Bayern deutlich zulegen.

Für den Landtagswahlkampf ist das aus Sicht der CSU eine dramatisch schlechte Ausgangsposition. Denn im Gegensatz zu 2008 sitzt der geschwächten CSU nun außer den Freien Wählern auch noch die AfD im Nacken. Als Erster hat am Sonntag Erwin Huber eine neue Strategie für die Partei gefordert. Worin diese bestehen könnte, hat Wahlverlierer Seehofer sogleich präzisiert: Die rechte Flanke der Union müsse endlich geschlossen werden. In Berlin wird die CSU noch entschiedener auf die Einführung einer Obergrenze dringen.

Ob Seehofer aber noch der richtige Mann ist, um die Forderung bei Koalitionsverhandlungen durchzusetzen, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist das Szenario, dass der Vorsitzende demnächst den Weg frei machen muss für einen Nachfolger. Auch das entspräche einer Gesetzmäßigkeit der CSU: Die Übergabe der Macht in Partei und Regierung ist noch nie geordnet abgelaufen. Streibl, Stoiber, Beckstein, Huber - das Ende ihrer Karriere hatten die Ministerpräsidenten und Parteichefs nie selbst in der Hand. Seehofer plante seine Nachfolge bislang so, als ob er einen Erbhof zu vergeben hätte. Nun ist ihm die Bundestagswahl dazwischengekommen.

Gibt es gar ein vorzeitiges Comeback von Karl-Theodor zu Guttenberg?

Wer aber soll die Partei in das für sie schicksalhafte Jahr 2018 führen? Seehofers Intimus und Spitzenkandidat Joachim Herrmann? Markus Söder, den Seehofer mit allen Mitteln zu verhindern suchte? Oder gibt es gar ein vorzeitiges Comeback von Karl-Theodor zu Guttenberg, dem neuen König der Herzen in der CSU?

Die nächsten Wochen, das lehrt die Vergangenheit, wird die Partei wieder zur brutalstmöglichen Abrechnung und Erneuerung nutzen. Sie muss sich von diesem Schock schnellstmöglich erholen, denn davon hängt ihre ganze Zukunft ab.

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