CSU:Beckstein und sein Ich

Noch hat Beckstein den Wandel vom Franken zum Landeschef nicht ganz verinnerlicht. Der Ministerpräsident lernt sich selbst neu kennen.

Uwe Ritzer

Günther Beckstein ist irritiert. "Du hättest mich ruhig mit dem Namen ansprechen und duzen dürfen, lieber Siggi", antwortet er dem Erlanger Oberbürgermeister Siegfried Balleis, der dezidiert "Ihnen, lieber Herr Ministerpräsident" eine Frage gestellt hatte.

Schließlich kenne man sich doch "seit mehr als 30 Jahren", sagt Beckstein. Wieder so ein kurzer Moment, in dem er verblüfft feststellt, dass am 9. Oktober aus dem Innenminister der Ministerpräsident Beckstein geworden ist. Seither wird er anders wahrgenommen, selbst in Nürnberg, seiner Heimatstadt.

Wie oft habe er hier, im Feuerbachsaal der Industrie- und Handelskammer, als Gast prominenten Rednern des IHK-Kammergespräches zugehört, sinniert Beckstein. Mächtige Konzernlenker sprachen hier, spätere Bundeskanzler und Bundespräsidenten, Botschafter und andere Exzellenzen. Und nun, bei der 130. Auflage, redet Günther Beckstein, der bayerische Ministerpräsident. Er kann es selbst kaum fassen.

"Es ist bewegend, hier zu stehen", sagt er zu Beginn. Eine Stunde lang laviert Beckstein, der am heutigen Freitag 64 Jahre alt wird, anschließend hin und her zwischen seiner alten Rolle als "einer, der sich hemmungslos für Nürnberg und Franken einsetzt", und der neuen als Landeschef, der "dafür sorgen muss, dass sich auch die Oberbayern nicht benachteiligt fühlen".

Man könnte auch sagen, er bewegt sich zwischen vertrauter Nähe mit seinen Zuhörern, von denen er viele duzt, und staatstragend-diplomatischer Distanz, die ihn vor den Unternehmern sogar die Gewerkschaften kräftig loben lässt.

Dabei gibt Beckstein unfreiwillige Einblicke in seinen Gemütszustand 44 Tage nach der Wahl in ein Amt, auf das er sich zwar lange vorbereiten konnte, in dem er aber noch nicht angekommen zu sein scheint. Etwa, wenn er ganz unvermittelt von seinen Gesprächen mit den Löschers dieser Welt erzählt oder von den montäglichen Schaltkonferenzen mit der Bundeskanzlerin, die im Übrigen häufig anrufe oder ihm SMS schicke.

"Das ist schon ein Gefühl, wenn man in der deutschen Politik Verantwortung hat", sagt Beckstein und bremst gleich zwei Sätze später seine Verblüffung über die eigene, gewachsene Bedeutung: "Beckstein ist aber ein Nürnberger, ein Franke, und das wird er auch bleiben." Es wirkt, als spräche er mehr zu sich als zu seinem Publikum.

Weil das allerdings nicht abgehoben und selbsttrunken wirkt, nimmt Beckstein von den Unternehmern im Saal auch keiner übel, dass er das eigentliche Thema seiner Rede weitgehend verfehlt. Über "Bayern im Zeitalter der Globalisierung" sollte er referieren.

Drei Viertel seiner Redezeit sind um, als Beckstein konkret wird: Erlangen werde 2008 ein Max-Planck-Forschungsinstitut erhalten, und die Staatsregierung werde die im fränkischen Ballungsraum stark vertretenen Technologiesparten Energie und Neue Materialien massiv fördern.

Trasrapid als Vorzeigeprojekt

Daneben brauche Bayern unbedingt den Transrapid als technologisches Vorzeigeprojekt. Vor allem aber müsse das Land in die Schulbildung investieren, wobei man aber "nicht ganz so hauruckmäßig vorgehen" dürfe wie beim "nicht gut gelungenen Prozess" der G-8-Einführung.

Nur einmal nimmt Beckstein den Namen Stoiber in den Mund, als er versichert, der Vorgänger habe das noch von ihm verkündete Zukunftsprogramm für Bayern "hundertprozentig mit mir abgestimmt". Am Ende ist der Applaus für den neuen Ministerpräsidenten freundlich und warm.

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