CSU-Äußerungen:Einfach's Maul halten

Plenarsitzung im bayerischen Landtag

Redet gern, auch wenn die Lage nicht sicher ist: Joachim Herrmann im Landtag.

(Foto: dpa)

Herrmann über Roberto Blanco, Söder zu Paris, Seehofer neben Merkel, wieder Herrmann über Terroristen: CSU-Politiker reden und reden und reden. Da ist ein alter weiser Rat immer noch aktuell.

Von Wolfgang Wittl

Es ist mal wieder an der Zeit, an den römischen Staatsmann und Philosophen Anicius Manlius Severinus Boethius zu erinnern. Boethius wurde Ende des fünften Jahrhunderts geboren und brachte es am Hof von Theoderich, dem König der Ostgoten, zu einflussreicher Stellung.

In Erinnerung geblieben ist er jedoch durch ein Zitat, das es als Phrase jedes Pseudo-Intellektuellen bis in die Gegenwart geschafft hat: "Si tacuisses, philosophus mansisses" - wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben. Leider befolgte Boethius seinen Rat selbst nur halbherzig. Jedenfalls wurde er auf Wunsch des Kaisers mit dem Schwert vom Leben zum Tod befördert, da er angeblich Hochverrat begangen hatte. Hätte er besser mal im richtigen Moment geschwiegen.

Staatsmänner von heute leben zum Glück ungefährlicher. Sie haben begriffen, dass der Philosoph in der Politik weniger zählt als der Unterhalter. Warum also schweigen? Vor allem in der CSU setzt sich diese Auffassung mehr und mehr durch. Es ist daher weder gerecht noch zeitgemäß, wenn die Opposition fordert, mancher CSU-Mann sollte erst denken, bevor er spricht. Man stelle sich nur vor, wie fade die vergangenen Wochen und Monate dann gewesen wären.

Söder kommentiert, Herrmann erklärt, Seehofer redet und redet und redet

Es begann im Sommer mit dem schönen Auftritt von Joachim Herrmann, der den Schlagersänger Roberto Blanco beispielhaft als "wunderbaren Neger" lobte. Die Serie setzte sich fort, als Markus Söder glaubte, die Kommentierung der Anschläge von Paris sei erst mit seinem Twitter-Beitrag vollständig.

Tage später redete und redete und redete Horst Seehofer beim Parteitag so lange auf die neben ihm stehende Kanzlerin ein, bis sämtliche Variationen der Merkel-Raute durchgeprobt waren. Und nun wieder Herrmann, der entgegen der Faktenlage erklärte, einer der Paris-Attentäter sei womöglich in Bayern registriert worden. Kann passieren. Oder nicht?

Besonders Gestrengen kommt jetzt vielleicht der SPD-Hobbyphilosoph Kurt Beck in den Sinn, der die Kunst des Schweigens einst in die höfliche Frage kleidete: "Können Sie mal 's Maul halten 'nen Moment? Einfach 's Maul halten?" Der CSU sei fairerweise gesagt: Beck meinte weder sich noch einen anderen Politiker. Er sprach zum Bürger.

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