Christian Ude trifft Hubert Aiwanger:Bauernhof-Koalition

Erstmals haben sich Christian Ude und Hubert Aiwanger getroffen - die zwei, die nach der Landtagswahl in Bayern Koalitionspartner sein könnten. Auf dem Hof des Freien-Wähler-Chefs im beschaulichen Rahstorf ist die umstrittene dritte Startbahn ein Thema, aber wichtiger sind Ferkel, Kälber und das Du.

Frank Müller, Rahstorf

Nach einer guten Stunde gibt es endlich die Bilder mit dem Schwein. Christian Ude nimmt ein wenige Wochen altes Ferkel aus dem Stall der Aiwangers auf den Arm, redet beruhigend auf das kleine Tier ein. Hubert Aiwanger grinst, Christian Ude lacht, das Schwein verhält sich ruhig, die Dreier-Koalition wirft ihre Schatten voraus.

Gipfeltreffen zwischen Ude und Aiwanger

Spitzentreffen am Hof: Ude posiert mit Aiwanger und einem Ferkel.

(Foto: dapd)

Drei Dutzend Journalisten postieren sich im Halbkreis, die Fotografen schalten auf Dauerbetrieb. "Bisserl struppiger" sei es als die gewohnte heimische Katze, meint Ude. Das Schwein sagt nichts, dann quiekt es und darf zurück in den Stall. "Und wo sind jetzt die Kälber?", fragt Ude.

Der Tross setzt sich in Bewegung zur Rückseite des Aiwanger-Hofs. Dort postiert sich Ude am Stallgatter und redet auf die Kälber ein. Die Kälber machen Muh und linsen von weit hinten im Stall die beiden Koalitionsstrategen und die versammelte bayerische Presse an. Muhhhh, sagen die Kälber.

Ude nimmt Verhandlungen mit ihnen auf und streckt ihnen den Arm entgegen, aber sie bleiben im Eck. Dann greift Aiwanger ein und holt Heu. Die Kälber kommen ans Tor, die Fotoapparate klicken. "Können Sie das Heu bisserl höher halten?", rufen die Fotografen. Aiwanger hält das Heu höher. Alles bestens auf dem Bauernhofgipfel.

Es ist Ausnahmezustand im kleinen Rottenburger Ortsteil Rahstorf an diesem Samstag. 70 Menschen leben hier, mehr als halb so viele Ortsfremde haben sich an diesem Vormittag im Hof der Aiwangers postiert: Das erste Kennenlernen der beiden möglichen Landtags-Koalitionäre Christian Ude, SPD, und Hubert Aiwanger, Freie Wähler.

Die Aiwangers haben ihren Hof der Bedeutung des Anlasses entsprechend zu einer Art Pressezentrum umgestaltet. Fünf große Thermoskannen Kaffee, Kuchen und Brotzeit, zwei Partyzelte mit Arbeitsplätzen auf Bierbänken samt Kabeltrommeln für die Presse-Laptops. Nur Handyempfang und Internet gibt es nicht, dafür ist man schließlich im vielbeschworenen ländlichen Raum.

Nach drei Sekunden per Du

Es ist eine beiderseits sorgsam eingefädelte Inszenierung zweier Charakterköpfe, von der viel abhängt. Bekommt das viel beschworene Bündnis einen guten Start oder knirscht es von Anbeginn? Ude und Aiwanger können miteinander, weil sie wild entschlossen dazu sind.

Das machen schon die ersten Sekunden klar. Kaum steigen Ude und seine Frau Edith von Welser-Ude aus dem SPD-Audi, da sind sie mit dem auf sie zu eilenden Aiwanger schon per Du. Beide tragen Janker, Aiwanger Krawatte, Ude hat den Hemdkragen offen. Man tauscht Geschenke aus, ein Ude-Buch für Aiwanger, ein regionaler Spezialitätenkorb samt Wanderstock für den langen Weg zur Macht für Ude. Dann ziehen sie sich zum Gespräch hinter verschlossene Hoftüren zurück.

Das war als halbstündiges Treffen angekündigt und ob seiner Kürze schon vorab von der CSU verspottet worden. Es geht sogar noch schneller. Vor der Tür findet dann eine Art Pressekonferenz statt, schnell haben die beiden die Themen durch, eine Liste von Gemeinsamkeiten: Schulsystem, ärztliche Versorgung auf dem Land, Internetversorgung, Studiengebühren, Verkehrsanbindung, es geht alles zack-zack.

War noch was? Ach ja, der Flughafen. Ude und Aiwanger machen ihre unterschiedlichen Standpunkte zur dritten Startbahn klar und rüsten sprachlich ab. "Ich sehe kein Problem für die angestrebte Koalition", sagt Ude. "Am Flughafen wird eine Koalition nicht scheitern", sagt Aiwanger. Die unausgesprochene Hoffnung dahinter: Irgendwie wird das Problem schon gelöst, entweder durch Gerichts- oder Bürgerentscheid oder einen schnellen Baubeginn.

Nur einmal gibt sich Aiwanger resolut: Einer Ausklammerung des Themas aus dem Koalitionsvertrag werde er nicht zustimmen, notfalls müsse eine Dreierkoalition mit Mehrheit entscheiden - Freie Wähler und Grüne gegen die SPD. Und dann bietet er Ude noch blitzschnell eine Wette an: 1000 Euro für einen guten Zweck, dass bis 2018 nicht gebaut wird. Ude bleibt nur die Wahl, einzuschlagen.

Dass Aiwanger manchmal der Schnellere ist, das wird gelegentlich deutlich. Nach dem Bauernhof-Treff fahren beide nach Rottenburg zum Bürgersaal, dort ist die Hauptstraße gesperrt. Aiwanger fährt einfach durch, Ude folgt den Umleitungsschildern und verfranst sich. Aiwanger wartet eine Viertelstunde, dann kommt endlich Ude, gerade rechtzeitig zum 15-Uhr-Termin. "Pünktlich auf die Minute", sagt Aiwanger und grinst.

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