Chemieingenieur verurteilt:Fünf Jahre Haft für Laugen-Attacke

R. F. lebte in dem Wahn, dass andere ständig über ihn reden. Vor allem darüber, dass er keine Erfahrung mit Frauen habe. Von einem Kollegen fühlte sich der Chemieingenieur aus Gmund besonders verfolgt - und ging mit Natronlauge und einem Messer auf ihn los.

Von Andreas Salch

Ein freundlicher Blick oder ein Lächeln genügte, um R. F. in seinem Innersten zu erschüttern: Der 35-jährige Chemieingenieur, der in einer Papierfabrik in Gmund am Tegernsee arbeitete, lebte in dem Wahn, dass andere ständig über ihn reden. Vor allem darüber, dass er keine Erfahrung mit Frauen habe.

Von einem Kollegen fühlte sich R. F. dabei besonders verfolgt, dem 45-jährigen Jürgen M.. Der hatte sich lustig über den Angeklagten gemacht und ihn als "Jungfrau" bezeichnet. Am 11. September vergangenen Jahres kippte F. seinem Widersacher deshalb einen Becher Natronlauge ins Gesicht, um ihm das Augenlicht zu nehmen. Anschließend stach er Jürgen M. mit einem Messer in den linken Nierenbereich.

Für die Tat verurteilte die Schwurgerichtskammer am Landgericht München II R. F. am Donnerstag wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung zu fünf Jahren Haft.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte dagegen eine Verurteilung wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu siebeneinhalb Jahren Haft gefordert. Der Angeklagte habe "Wut und Hass" gegenüber seinem Opfer empfunden und es "maßregeln" wollen, so Staatsanwalt Eric Ende bei seinem Plädoyer.

Obwohl die Natronlauge eine Konzentration von dreißig Prozent hatte, kam Jürgen M. relativ glimpflich davon. Seine Augen wurden nicht weiter verletzt, ebenso hatte der Messerstich in den Rücken keine besonders gravierenden Folgen. Nach Überzeugung der Kammer war der Chemieingenieur zur Tatzeit in seiner Schuldfähigkeit erheblich vermindert. Ein psychiatrischer Sachverständiger sagte, der 35-Jährige habe unter einem "sensitiven Beziehungswahn" gelitten.

Im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs hat R.F. seinem Opfer 10.000 Euro gezahlt und Verantwortung für seine Tat übernommen. Die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sah das Gericht nicht erfüllt. Die Kammer habe den Eindruck, dass der Angeklagte sich jetzt deutlich von seiner Tat distanziere, erklärte der Vorsitzende Richter Martin Rieder bei der Urteilsbegründung.

R.F. nahm die Entscheidung ohne erkennbare Regung zur Kenntnis.

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