Buttenheim:Levi Strauss ist Oberfranke - nur wusste das seine Heimat lange nicht

Buttenheim: Levi Strauss hieß noch Löb Strauss, als er das Schiff gen Amerika bestieg. Sein Porträt hängt selbstverständlich im Museum.

Levi Strauss hieß noch Löb Strauss, als er das Schiff gen Amerika bestieg. Sein Porträt hängt selbstverständlich im Museum.

(Foto: Levi Strauss Museum/oh)

Der Erfinder der Jeans wanderte 1847 von Deutschland nach Amerika aus. In Buttenheim steht heute noch sein Geburtshaus.

Von Magdalena Hechtel, Buttenheim

Bis 1983 wussten die Buttenheimer nichts von dem wohl prominentesten Sohn ihres Ortes. Ein Bub namens Löb Strauss wurde am 26. Februar 1829 in dem oberfränkischen Markt geboren. Mit 18 Jahren bestieg er ein Schiff in Richtung Amerika und erfand dort ein Kleidungsstück, das wohl wirklich jeder kennt: die Jeans.

Aus dem Buttenheimer Buben wurde so ein reicher Mann. Zum Zeitpunkt seiner Erfindung war Löb schon Amerikaner und hatte seinen Vornamen geändert. Er nannte sich nicht mehr Löb, sondern Levi - Levi Strauss. Vermutlich wegen seiner Auswanderung war die Herkunft des Jeans-Erfinders so lange unbekannt. Mittlerweile ist der 4000-Einwohner-Markt Buttenheim aber stolz auf seinen Sprössling. Seit dem Jahr 2000 gibt es dort ihm zu Ehren das Levi Strauss Museum.

Mitten im Ort steht Levis Geburtshaus, ein kleines Fachwerkhaus mit grauen Balken und blauen Fensterläden. Sein Dach ist etwas krumm und man könnte fast meinen, dass das Haus leicht nach hinten kippt. Im Inneren wirkt es eng und bescheiden. Die Decken sind niedrig, die Fenster winzig. Durch die Balken ziehen sich Spuren von Holzwürmern, der Boden knarzt. Und durch den Audioguide erzählt ein fiktiver Levi von seinem Leben in Buttenheim.

Von Jeans und Levi Strauss wusste die Museumsleiterin Tanja Roppelt vor ihrer dortigen Tätigkeit nicht besonders viel. Mittlerweile hat sie Kontakte in die ganze Welt geknüpft und tauscht sich mit Kollegen in Korea ebenso aus wie mit der Firmenhistorikerin von Levi's, die am Hauptsitz der Firma in San Francisco arbeitet.

Aber zurück ins Buttenheim des 19. Jahrhunderts. Wie viele andere Juden betrieb Levis Vater Hirsch einen Handel, er verkaufte Tuch und Kurzwaren. Als er 1846 starb, sah sich Levis Mutter gezwungen, mit ihren übrigen Kindern zweien ihrer Söhne nach Amerika zu folgen. 1847 reiste die Familie aus Buttenheim nach Bremerhaven und von dort mit dem Schiff nach New York. Der virtuelle Levi erzählt von der schwierigen Überfahrt, auf die pro Person nur eine Kiste mitgenommen werden durfte.

Bescheiden war auch das Essen an Bord: "Besondere Zutaten wie gesalzene Butter, gedörrte Zwetschgen, geräucherter Schinken, Essig und etwas Branntwein mussten wir uns vor der Reise selbst besorgen", sagt er. In New York angekommen, arbeitete er für den Tuch- und Kurzwarenhandel seiner Brüder. Schnell passte er sich der neuen Heimat an. Er änderte nicht nur seinen Namen - vermutlich, weil sich Löb nur schwer ins Englische übersetzten lässt -, sondern wurde drei Jahre nach seiner Auswanderung amerikanischer Staatsbürger. "Ich hatte keine Absicht mehr, nach Bayern zurückzukehren", sagt der Levi aus dem Audioguide.

1848 wurde in Kalifornien das erste Gold entdeckt. Schnell war den Brüdern Strauss klar, dass ihre Ware auch an der Westküste benötigt werden würde. Levi wurde damit beauftragt, ein Geschäft in San Francisco zu eröffnen - eine Goldgrube. So hatte Levi das nötige Kleingeld, um 1872 gemeinsam mit einem Kunden ein Patent anmelden zu können. Sie nannten ihre Erfindung "Halboverall" - die Ur-Form der Jeans. Als Arbeitshose sollte sie vor allem praktisch sein. Instabile Stellen, wie etwa die aufgesetzte Tasche oder der untere Teil des Latzes, wurden durch Metallnieten verstärkt. Die Haltbarkeit wurde damit deutlich erhöht.

Ob sich die Jeans seit ihrer Erfindung stark verändert hat, darüber lässt sich streiten. Für heutige Verhältnisse wirkt der Schnitt der Jeans eher sackig, mit einem Riegel am Bund konnte dessen Weite verstellt werden. Außerdem durften bei einer Arbeitshose Knöpfe für die Hosenträger nicht fehlen.

Buttenheim: Das Geburtshaus beheimatet heute das Levi-Strauss-Museum.

Das Geburtshaus beheimatet heute das Levi-Strauss-Museum.

(Foto: Levi Strauss Museum/oh)

Gemeinsamkeiten zwischen einer heutigen "Levi's" und dem damaligen Modell gibt es trotzdem. Das Lederetikett, auf dem zwei Pferde versuchen, eine Jeans zu zerreißen, ist erhalten geblieben, ebenso wie die Kontrastnähte in Gelb oder Orange. Die geschwungene Form auf den Taschen symbolisiert die ausgebreiteten Flügel eines Adlers in den Rocky Mountains und sollte als besonderes Erkennungszeichen dienen.

Erhalten geblieben ist auch der Stoff, aus dem bis heute Jeans hergestellt werden - Denim. Dafür werden ein naturbelassener und ein blau eingefärbter Baumwollfaden verwoben. Zu Beginn erhielt der blaue Faden durch das pflanzliche Indigo seine Farbe. Es umschließt das Gewebe nur, was bei längerem Tragen zu Abnutzungserscheinungen führt.

Seit 1890 kann Indigo künstlich hergestellt werden, außerdem ist es möglich, den sogenannten Used-Effekt auch ohne langes Tragen zu erzielen. Waschmaschinen mit Bimsstein sorgen für das spezielle Aussehen, werden beim Waschen in der Fabrik weitere Stoffe, wie etwa Chlor hinzugegeben, bleicht der Denim aus. Apropos - seinen Namen hat er wohl von einem französischen Stoff, dem "Serge de Nimes", der im Amerikanischen schnell zu Denim verkürzt wurde.

1902 starb Levi Strauss. So blieb ihm ein schwerer Schicksalsschlag für sein Unternehmen erspart. Große Teile der Konzerngebäude fielen dem Erdbeben von 1906 zum Opfer. Dabei gingen zahlreiche Dokumente über Levi verloren, weswegen nur wenig über seine Persönlichkeit bekannt ist. "Er war ein Workaholic, aber gleichzeitig ein Teamplayer", sagt Tanja Roppelt, "als Geschäftsmann war er sehr geschätzt."

Über Levis Zeit in Franken gibt es kaum Dokumente. Deswegen hofft Tanja Roppelt auf ein zweites 1983, als Buttenheim plötzlich nicht mehr nur ein oberfränkischer Markt, sondern der Geburtsort von Levi Strauss war. "Vielleicht findet irgendwann noch jemand was auf dem Dachboden", sagt Roppelt und schlägt die Beine übereinander. Sie trägt Levi's-Jeans.

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