Bundeswehr baut Stellen ab:Der ganz große Zapfenstreich

Die Bundeswehr will mehrere zehntausend Arbeitsplätze streichen. Deshalb kommt in den bayerischen Kommunen nun Angst auf. Vor allem die CSU ist in Alarmstimmung.

Frank Müller

Es ist ein Standortwettbewerb wie um jeden anderen Großkonzern auch: In ganz Bayern bangen Bürgermeister und Landräte bis hinauf zu den Abgeordneten im Landtag um Tausende Arbeitsplätze ganz besonderer Art: um Soldaten-Planstellen.

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Die Bundeswehrreform wird auch in Bayern zum Abbau von Soldaten führen.

(Foto: dapd)

Seitdem die Bundesregierung noch unter dem mittlerweile ausgemusterten Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die Schrumpfung und den Umbau zur Freiwilligen-Armee in die Wege leitete, ist klar, dass der massive Personalabbau auch Bayern treffen wird. Nun kommt es zum Schwur. Guttenbergs Nachfolger Thomas de Maizière will im Oktober die Standorte nennen, die er schließen will. Bis dahin läuft das Rennen: Am heutigen Dienstag etwa ist de Maizière zu Gast bei der Landtags-CSU auf deren Klausur in Kloster Banz. Und Fraktionschef Georg Schmid macht schon deutlich, dass er den Minister umgarnen will mit all den Standortvorteilen, die Bayern der Bundeswehr zu bieten habe.

Fest steht bislang lediglich, dass die Bundeswehr mehrere zehntausend Arbeitsplätze streichen will: Von zuletzt 220 000 Einsatzkräften sollen nach der Aussetzung der Wehrpflicht 170 000 Berufssoldaten und höchstens 15 000 Wehrdienstleistende übrig bleiben. An diesen bereits seit Mai bekannten Zahlen werde sich trotz der Spekulationen um einen weiteren Rückgang auch nichts mehr ändern, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der SZ.

Ohnehin ist die Truppe seit dem Wehrpflicht-Stichtag am 1. Juli schon spürbar geschrumpft. Noch aber stehen die Konsequenzen dieses Trends für die Standorte aus. An der Schließung zahlreicher Einheiten wird auch für Bayern kein Weg vorbeiführen: Selbst wenn de Maizières Abbau den Freistaat nur im rechnerischen Durchschnitt treffen würde, hätte Bayern mit seinen 68 Kasernen am Ende des Prozesses gut 8000 Soldaten weniger. Jetzt sind es noch 49 000, Zivilangestellte nicht mitgerechnet. Vor allem auf dem Land markiert das für Kommunalpolitiker den Ernstfall: Für viele Gemeinden ist die Armee ein Großarbeitgeber, an dem die lokale Wirtschaftskraft hängt.

Die Bundeswehr ist gut für Bayern

Im Landtag sind sich CSU und SPD daher bei einer Frage einig: Wenn schon Abbau, dann soll zumindest der Bund die nötigen Konversionsprogramme für die Abbauregionen bezahlen. Ansonsten aber unterscheiden sich die Ansätze: Die SPD appelliert an die innerbayerische Solidarität und regt an, große Städte wie München sollten freiwillig auf Bundeswehr-Präsenz verzichten und so den Kommunen in der Fläche Schützenhilfe leisten.

Die CSU dagegen setzt auf föderalen Wettbewerb: Sie wolle die Vorzüge Bayerns offensiv deutlich machen, sagte Fraktionschef Georg Schmid der SZ vor dem gestrigen Auftakt der CSU-Klausur in Banz. An seine Abgeordneten hat Schmid zur Vorbereitung der Debatte ein sechsseitiges Papier verschickt, das sich über weite Strecken wie Standort-Werbung liest: "Die Bundeswehr ist gut für Bayern und Bayern ist vor allem gut für die Bundeswehr", heißt es darin.

Der Freistaat biete den Soldaten "bestmögliche Rahmenbedingungen", etwa gute Schulen, hohes Bildungsniveau und beste Jobperspektiven - "auch für die Lebenspartner", betont Schmid: "Wir wollen an diesem erfolgreichen Pakt zwischen Bayern und der Bundeswehr festhalten." Um das zu unterstreichen arbeitet die Fraktion auch auf atmosphärischer Ebene: Die Landkreise sollten ihren von Auslandseinsätzen zurückkehrenden Soldaten Empfänge ausrichten, natürlich mit CSU-Beteiligung. Auch in Schulen, bei Regierungsveranstaltungen und in der Jugendarbeit solle die Bundeswehr präsent sein.

Das gesammelte Liebeswerben dürfte de Maizière auch bei seinem heutigen Besuch der CSU-Truppe zu spüren bekommen. Ob das hilft, ist zwar nicht sicher, aber auch nicht ausgeschlossen: "Es ist noch nichts entschieden", hieß es gestern im Verteidigungsministerium.

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