Bundesverkehrswegeplan:Straßenkampf

Die Reaktionen auf den Bundesverkehrswegeplan sind gemischt: Wo ein Projekt bewilligt wurde, jubeln die Politiker. Wer leer ausgeht, mosert - und hofft darauf, dass sein Vorhaben doch noch hineinrutscht in die Endfassung. Der Bundesverkehrsminister stellt klar: Mehr Geld gibt es nicht

Von Matthias Köpf und Wolfgang Wittl

Auf zwei Projekte hatten sie gehofft, zwei haben sie schließlich auch bekommen. Und doch staunten sie im Landkreis Forchheim, als sie einen genaueren Blick auf den neuen Bundesverkehrswegeplan warfen. Denn nicht die Ostumfahrung für Forchheim und die Umgehung für Ebermannstadt stehen in der Liste der wichtigsten Straßenbaumaßnahmen, sondern zwei völlig andere: die Ortsumgehungen an der B 470 für Wimmelbach und Oesdorf. "Uns freut's natürlich für die Bürger dort", sagt ein Sprecher des Landratsamtes Forchheim. Aber gerade für den Forchheimer Osten hatten sie etwas anderes erwartet - auch weil es bereits einen Kreistagsbeschluss für die 38,4 Millionen teure und 6,9 Kilometer lange Straße gibt, die nun vorerst in der Rubrik "weiterer Bedarf" versenkt worden ist.

So ist das im Leben: Mitunter kommt es anders, als man denkt, selbst bei einem von langer Hand vorbereiteten Konstrukt wie dem Bundesverkehrswegeplan. Das liegt vor allem daran, dass der Plan nicht wie früher ein Wünsch-dir-was-Sammelsurium darstellt, sondern diesmal tatsächlich nur Projekte auflistet, die in den kommenden 15 Jahren umgesetzt werden sollen. Auch die Finanzierung ist, anders als bei den Vorgängern, klar geregelt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wusste also schon vorher, dass er es nicht allen recht machen wird, und warnte im CSU-Vorstand vor: Er kenne die hohen Erwartungen, aber es gebe eben einen bestimmten Finanzrahmen.

Zumindest was die CSU angeht, war Dobrindts Skepsis wohl unangebracht: Am Mittwochabend stellten seine Staatssekretärin Dorothee Bär und Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann den neuen Plan in der CSU-Landtagsfraktion vor. "Erstaunlich sachlich und ruhig" sei das knapp zweistündige Treffen verlaufen, berichten Abgeordnete, obwohl manche vorher noch über mangelnde Beteiligung geschimpft hatten. Mit 11,4 Milliarden Euro - fast 17 Prozent vom Anteil aller Bundesländer - wird Bayern noch besser bedient als beim letzten Mal. Aber natürlich gab es nicht nur leuchtende Gesichter wie das vom Landshuter Abgeordneten Helmut Radlmeier, der sich über die Umfahrung der B 15 neu in seiner Heimatstadt freut.

Kritik äußerten etwa ostbayerische CSU-Leute, die den fehlenden sechsspurigen Ausbau der A 3 von Rosenhof nach Passau monierten. "Das ist schon enttäuschend, auch für mich", sagt der Niederbayer Erwin Huber, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses. Möglicherweise will das Ministerium abwarten, ob die Fertigstellung der A 94 nach Passau die A 3 entlasten kann. Auch die mangelnde Anbindung des Freistaats an Tschechien, gerade vom bayerischen Süden aus und auf der Schiene, führte zu Beschwerden. Der östliche Nachbar sei da wesentlich weiter.

Gemischte Reaktionen gibt es auch in anderen Regionen: Der oberbayerische Bundestagsabgeordnete und SPD-Bezirkschef Ewald Schurer bewertet es als großen Fortschritt, dass auf der Bahnlinie zwischen München und Mühldorf auch auf den letzten fehlenden Abschnitten ein zweites Gleis gebaut werden soll, wie er es selbst seit langem fordert. Jedoch sei das Geld für den Ausbau noch nicht gesichert. Dass die weitere Strecke von Mühldorf bis Freilassing zwar elektrifiziert, aber nicht zweigleisig ausgebaut wird, sollte aus Schurers Sicht nicht das letzte Wort sein.

Das sieht man bei der Deutschen Bahn ähnlich. Zwar begrüße man den Entwurf, der die eigene Netzkonzeption weitgehend bestätige. Was den Güterverkehr vom Brenner und dem Inntal weiter Richtung Norden betrifft, so sieht der Konzern seine jüngsten Überlegungen aber wieder infrage gestellt. Während den Bahn-Planern eine Schleife über Freilassing und Mühldorf sowie eine neue direkte Trasse um Rosenheim über Wasserburg und Mühldorf weiter nach Landshut, Regensburg und Hof und dann über einen Eisenbahn-Ostkorridor nach Hamburg vorschwebt, ist im Bundesverkehrswegeplan zunächst eine zweigleisige Westumfahrung um Rosenheim und dann weiter über Grafing nach München vorgesehen. Die Bahn versteht dies als Signal, dass der Bund einen Brennerzulauf über München wünsche.

Ferienverkehr in Bayern

Mit 11,4 Milliarden Euro - fast 17 Prozent vom Anteil aller Bundesländer - wird Bayern noch besser bedient als beim letzten Mal. Viele Autobahnen sollen zusätzliche Spuren bekommen.

(Foto: dpa)

Der Landrat des Berchtesgadener Landes, Georg Grabner (CSU), wähnt seinen Landkreis sogar regelrecht abgehängt. Grabner will nicht akzeptieren, dass das zweite Gleis zwischen Mühldorf und Freilassing bis auf weiteres als unrentabel zurückgestellt wird. Dobrindt selbst habe ihm versichert, dass die Bewertung noch offen sei. Auch Grabner setzt auf den Güterverkehr als Ausbau-Argument - unter anderem mit Transport-Kapazitäten für das oberbayerische Chemiedreieck. Ebenso wenig will er hinnehmen, dass der Ausbau der A 8 vorerst in Traunstein enden und nicht bis zur Grenze bei Bad Reichenhall komplettiert werden soll: "Da werden wir alle noch daran arbeiten müssen."

Die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig dagegen freut sich über den geplanten achtspurigen Ausbau der A 8 bis zum Inntaldreieck und die Verbreiterung auf mindestens sechs Spuren im weiteren Verlauf bis Traunstein. Bei der B 15 von Landshut bis Rosenheim setzte der Bund jetzt auf einen maßvollen Ausbau statt auf die umstrittene vierspurige B 15 neu. Enttäuscht zeigt sich indes die IHK München und Oberbayern über die Einstufung der B 15 neu. ‎"Wir werden uns jetzt den Entwurf genau anschauen", kündigt Hauptgeschäftsführer Peter Driessen an. Dann werde man entscheiden, wie man sich in der Öffentlichkeitsbeteiligung positioniere. Insgesamt sei der Plan "kein großer Wurf, aber gute Ausgangsbasis für Zukunftssicherung", findet Driessen.

"Viel zu wenig Mittel für die Schiene und viel zu viele Straßenbauprojekte" - so lautet die Kritik der Landtagsgrünen. Das sei eine völlig falsche Gewichtung, sagt der verkehrspolitische Sprecher Markus Ganserer. Hätte sich die CSU-Regierung "auf eine vernünftige Projektliste beschränkt", wäre die Zahl der Enttäuschungen wohl geringer ausgefallen, glaubt Ganserer.

In Forchheim jedenfalls leben die Hoffnungen weiter. Der Entwurf des Bundesverkehrswegeplans sei als Start der Diskussionen zu sehen, nicht als deren Ende. In der nun anstehenden Öffentlichkeitsbeteiligung wolle man mit Nachdruck dafür werben, dass das Nadelöhr in die Fränkische Schweiz durch eine Ostumfahrung entlastet werde, sagt ein Landkreis-Sprecher. Allerdings soll das keinesfalls auf Kosten der unverhofften Umgehungen für Wimmelbach und Oesdorf geschehen.

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