Bundespräsidentenwahl:Die Rebellin und die Kandidatin

Gabriele Pauli versteht sich gut mit Gesine Schwan, die Bundespräsidentin werden will. Doch wählen darf Pauli die SPD-Kandidatin nicht.

Katja Auer

Am Wochenende haben sie noch einmal miteinander telefoniert, die beiden Damen, die Rebellin und die Kandidatin. Da hat Gabriele Pauli bei Gesine Schwan angerufen und ihr gesagt, dass sie sie nun leider doch nicht zur Bundespräsidentin wählen wird am 23. Mai.

Bundespräsidentenwahl: Die Bundespräsidentschaftskandidatin der SPD, Gesine Schwan, und Gabriele Pauli trafen sich im Februar in Würzburg.

Die Bundespräsidentschaftskandidatin der SPD, Gesine Schwan, und Gabriele Pauli trafen sich im Februar in Würzburg.

(Foto: Foto: ddp)

Die Kandidatin der SPD sei natürlich enttäuscht gewesen, erzählt Pauli. Wenn die zehn ausgelosten Landtagsabgeordneten der Freien Wähler im Mai nach Berlin fahren, um in der Bundesversammlung ein neues Staatsoberhaupt zu wählen, dann soll das Votum einstimmig sein. Und zwar für Horst Köhler.

Das hat der Landesvorsitzende Hubert Aiwanger schon im Wahlkampf versprochen - und nach einigem Hin und Her sollen sich nun alle daran halten. Die zehn Parteifreien sind entscheidend, denn die Stimmen von Union und FDP reichen nicht aus, um Köhler ein zweites Mal zum Bundespräsidenten zu benennen.

Gabriele Pauli wird nicht mit nach Berlin fahren. Zwar wurde sie per Los auserwählt, aber weil sie sich nicht auf Köhler festlegen mag, muss sie daheim bleiben. So hat es die Fraktion beschlossen.

Obwohl sich die Freien Wähler immer rühmen, dass bei ihnen jeder abstimmen darf, wie er mag. Fraktionszwang gibt es nicht. Das ist im Landtag regelmäßig zu beobachten. Bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts etwa stimmten ein paar dafür, die meisten enthielten sich. Immer wieder gibt es unterschiedliche Voten.

Beim Doppelhaushalt 2009/2010 wird es wohl wieder so sein, sagt Fraktionsgeschäftsführerin Tanja Schweiger. Denn es werde weiterhin keinen Abstimmungszwang geben, betont sie, "das würde sich auch gar keiner gefallen lassen".

Das Los der Wahlfrau

In den Fraktionssitzungen würden zwar Stimmungsbilder eingeholt, aber entscheiden dürfe jeder für sich. Aber in diesem speziellen Fall sei Frau Pauli eben keine Abgeordnete, sondern Wahlfrau.

Das sei ja nun ganz etwas anderes, betont auch Fraktionschef Aiwanger. Wenn alle 21 Abgeordneten nach Berlin fahren dürften, dann könnte Pauli freilich wählen, wen sie wolle. Aber da nur zehn Auserwählte die Parteifreien vertreten sollen, sollten diese die Meinung der Fraktion wiedergeben. "Da haben wir uns vorher einstimmig festgelegt", sagt Aiwanger. Auf Köhler eben.

Stimmt, sagt Pauli. Sie selbst habe ja auch immer den amtierenden Bundespräsidenten wählen wollen. Die Festlegung der Fraktion stand allerdings vor dem Treffen mit Gesine Schwan Ende Februar in Würzburg. Als Gabriele Pauli da die SPD-Kandidatin kennenlernte, stellte sie gleich einige Gemeinsamkeiten fest.

Vor allem ihre Ansicht zur Parteiendemokratie sei ähnlich gewesen, sagt Pauli. Also wollte sich die einstige Fürther Landrätin, die als CSU-Rebellin bekannt wurde, nur ihrem Gewissen verpflichten. Mehr auf die Stimme des Einzelnen zu hören hatte sie schon gefordert, als sie noch in der CSU war. Regelmäßig stellte sie Anträge für mehr Mitgliederbefragung und die Demokratisierung der CSU. Ebenso regelmäßig blitzte sie im Vorstand damit ab.

"Ich hätte gerne die Aussagen beider Kandidaten verglichen", sagt sie. Horst Köhler allerdings hatte die Einladung der Neu-Abgeordneten zu einem Gespräch nicht angenommen. Und die Fraktion wollte Ruhe. Seit Wochen schon wird diskutiert, wie die Freien Wähler wohl abstimmen werden, immer wieder fielen Pauli und anfangs auch Aiwanger mit Äußerungen auf, wonach die Entscheidung noch nicht feststehe.

Die CSU hatte schon den Bruch von Wahlversprechen diagnostiziert.Eine Stunde lang wurde am Donnerstag in der Fraktion über Paulis Abstimmungsverhalten diskutiert. Sie hatte einen Antrag gestellt, wonach sie am 23. Mai frei entscheiden wolle. Am Ende sollen sie zumindest drei Abgeordnete unterstützt haben, doch Aiwanger und die Mehrheit der Kollegen waren dagegen, zwei sollen sich enthalten haben.

"Ich wollte den Rückhalt der Fraktion", sagt Pauli. Als sie den nicht bekam, verzichtete sie auf ihre Entsendung als Wahlfrau. Enttäuscht ist sie deswegen nicht. "Ein schönes Stück Demokratie bei den Freien Wählern", sei diese Diskussion gewesen, und sie habe volles Verständnis für die Entscheidung der Fraktion.

Am Montag nun eröffnen die Parteifreien ihren Europawahlkampf und geben sich wieder ganz basisdemokratisch. Zu fünft sind sie vor die Presse getreten, und jeder darf ausführlich seine Sicht der Dinge darlegen. Ein Programm gibt es noch nicht, denn das wird "nicht vom Vorstand, sondern von der Basis entwickelt", sagt Spitzenkandidatin Pauli. Aber das Kernthema sei dasselbe wie bei der Landtagswahl: mehr Mitsprache für die Bürger, mehr Mitbestimmung für die Basis.

Man wolle sich nicht im "Klein-Klein" aufhalten, sondern in der Europapolitik "die großen Linien vorgeben", sagt der Bundesvorsitzende Armin Grein. Dass ihnen das gelingt, daran hegen die Gesandten gar keinen Zweifel. Pauli geht davon aus, "dass wir gut über fünf Prozent kommen". Damit könne man dann "Schwung nehmen für Weiteres", sagt sie und meint die Bundestagswahl.

Die Spitzenkandidatur zur Europawahl mache ihr unglaublich viel Spaß, sagt Gabriele Pauli. Und die allermeiste Freude mache es, "zu sehen, wie unbefangen jeder seine Meinung äußert".

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