Bürgerentscheid zu Olympia:Das leise Grummeln danach

War der Entscheid von Garmisch ein Triumph der Olympia-Befürworter? Oder doch ein Votum der Kritiker? IOC-Vize Thomas Bach sagt, er hilft der Münchner Bewerbung.

Heiner Effern, Silke Lode und Katja Riedel

Die Stimme des Triumphes war kraftvoll. Das Garmischer Original Biwi Rehm setzte zu einem Jodler an, und der klang, als müsste die Stimme noch im Münchner Rathaus zu hören sein. Um 22 Uhr, nach der Auszählung des Bürgerentscheids, stellte er sich kurzerhand mitten in die Siegesfeier der Olympia-Freunde, schaltete auf Kopfstimme und sang aus voller Brust: "Der erste Sieg ist errungen."

Buerger von Garmisch-Partenkirchen stimmen ueber Olympia ab

Der Wahlkampf für den Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen ist zu Ende, nur die Plakate hängen noch. Die Mehrheit der abstimmenden Bürger hat sich für die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 ausgesprochen. Die Frage ist, ob nun wieder Frieden im Ort einkehrt.

(Foto: dapd)

Und dass der zweite folgen werde in Durban, mit dem seine Heimat Olympia schon holen werde. Der heftige Beifall ließ die Stimmung im Olympiahaus unterhalb der Sprungschanze noch einmal steigen. Dort tranken Peter Fischer und Franz Mohr, die Köpfe des Bündnisses OlympiJa, erleichtert ihr Siegerbier.

Die unterlegenen Olympiagegner beschäftigte am Abend vor allem eine Frage: Wie gehen sie mit dem Resultat um? Die Bewerbung sei aus juristischer Sicht nicht mehr zu stoppen. Dennoch sei es weiter das erklärte Ziel von NOlympia, den Zuschlag für die Münchner Bewerbung unwahrscheinlicher zu machen, sagte Doering.

Am Tag danach wurde es aber doch juristisch: Mehr als zehn Prozent der Wahlzettel bei ihrem Bürgerentscheid gegen Winterspiele sind nämlich ungültig, weil sie gar kein Kreuzchen aufweisen. Deshalb erwog zumindest Doering, die Auszählung anzuzweifeln: "Bei nur 60 Stimmen, die uns zum Erfolg fehlten, ist das eine Überlegung wert", sagte er. Fest steht, dass die Gegner sich weiter als Kritiker der Spiele einsetzen wollen. Doering verwies am Montag darauf, dass die Mehrheit der Olympia-Befürworter im Ort kleiner sei, als das Ergebnis des Befürworter-Entscheids von 58 Prozent es suggeriert. Bei der Stichfrage zwischen beiden Entscheiden stimmten knapp 55 Prozent für Olympia. (Bericht unten)

Das Bündnis NOlympia werde sich wieder mehr auf München und die Arbeit der Bewerbungsgesellschaft konzentrieren, sagte auch der grüne Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann. "In Garmisch ist für uns jetzt nach dem Bürgerentscheid die Luft draußen." Das Ergebnis anzufechten, hält Hartmann für den falschen Weg. Die Mehrheit der Garmisch-Partenkirchener ist auch laut Stichentscheid für die Spiele.

Am Tag danach beschäftigte der Bürgerentscheid auch die Bundespolitik. Als "sehr gute Nachricht" begrüßte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) das Votum, denn Winterspiele in Deutschland würden als Signal "für die Weltoffenheit" des Landes dienen. Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt freute sich über das Ergebnis: "Es ist gute bayerische Tradition, dass die Menschen auch direkt über solche wichtigen Projekte abstimmen können." Er sei überzeugt, dass das Bürgervotum "ein zusätzliches und sympathisches Aushängeschild für eine erfolgreiche Olympiabewerbung" sein werde.

Nicht ganz so optimistisch wirkte das Mienenspiel des Geschäftsführers der Bewerbungsgesellschaft, Bernhard Schwank. Auch Schwank war am Sonntagabend im Olympiahaus bei der Siegesfeier eingekehrt. Während von Seiten der Staatsregierung die ersten Jubelmeldungen eintrudelten, zeigte Schwanks Mimik statt Triumph eher das, was am Tag darauf auch die meisten Kommentatoren schrieben: Dass sich über 58 Prozent zwar mancher Bürgermeister oder Ministerpräsident ausgelassen freuen darf - nicht aber eine Olympiabewerbung.

Zuvor hatte Schwank im Rathaus die Mehrheit für die Spiele auch darauf zurückgeführt, dass die Bewerber dazugelernt hätten: "Die Bewerbungsgesellschaft hat schon lange den Kurs geändert. Zu konstruktiven Gesprächen mit den Kritikern waren und sind wir weiter bereit", sagte er.

Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und IOC-Vizepräsident, hatte sich am Montag hingegen eine deutlich optimistischere Lesart zurecht gelegt: Das Votum sei eine "deutliche Stärkung der Bewerbung", da München nun als einzige der drei 2018-Kandidaten-Städte "harte Fakten präsentieren kann in Bezug auf die Zustimmung der Bevölkerung".

Bach sagte, man müsse das Ergebnis ins Gesamtbild einordnen: Mit einer Zustimmung von 58 Prozent am "kritischsten Ort der ganzen Bewerbung" sei die Olympiabewerbung das Großprojekt in Deutschland, das mit Abstand am meisten Zustimmung erfahre. Mit Blick auf die Kritiker betonte Bach, dass die Türen für den Dialog jetzt nicht geschlossen würden.

Fast wie einen Sieg werteten die Garmischer Grundeigentümer, die ihr Land nicht für Olympische Spiele zur Verfügung stellen wollen, das Ergebnis des Bürgerentscheids. "Dass es so knapp wird, hätte ich nicht gedacht", sagte Ignaz Streitel, der Sprecher der Grundstücksbesitzer. Für die Grundstücksverhandlungen habe sich nichts verändert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: