Breitbandausbau:Mehr Megabits fürs ganze Land

Inzwischen verfügen 80 Prozent der Haushalte über Anschlüsse mit bis zu 30 Mbit. Doch der Opposition im Landtag ist das noch zu langsam: Die Freien Wähler fordern die Gigabit-Offensive

Von Wolfgang Wittl

Es sind keine einfachen Zeiten für Markus Söder, um seine Frohbotschaften unters Volk zu bringen. Als er den bayerischen Kommunen vor ein paar Wochen eine bessere Förderung durch das Landesentwicklungsprogramm in Aussicht stellte, berichtete alle Welt vor allem über eine Terminkollision, weil Wirtschaftsministerin Ilse Aigner nahezu zeitgleich zur Jahrespressekonferenz eingeladen hatte. Seine Halbzeitbilanz zum Breitbandausbau wollte der Finanz- und Heimatminister bereits vor einem Monat vorstellen, doch da hatten schon der Kollege Joachim Herrmann, die CSU-Landtagsfraktion und das Verfassungsgericht mit seinem Urteil zur Windkraft die Nachrichtenhoheit erobert.

Nun also am Montag der nächste Versuch. Jenem Tag, an dem ausgerechnet Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt - Söders innerparteilicher Förderrivale beim Breitband, wenn man so will - durch Ostbayern tourte, um in Straubing und Cham seine eigenen Förderbescheide zu verteilen. Doch diesmal ging alles geordnet und auch friedlich über die Bühne.

Söder und sein Staatssekretär Albert Füracker bezeichneten den Breitbandausbau als "Erfolgsgeschichte". Bereits im kommenden Jahr und damit früher als geplant sollen sämtliche Gemeinden über schnelles Internet verfügen. In jeder Statistik verwies Söder auf zweistellige Zuwachsraten: Die Versorgung von Haushalten in ländlichen Gemeinden mit 30 Megabit pro Sekunde habe sich von 2013 (27,1 Prozent) bis Juni 2016 (55,1 Prozent) mehr als verdoppelt. In ganz Bayern verfügten nun bereits mehr als 80 Prozent der Haushalte über 30 Megabit, knapp 20 Prozent mehr als vor drei Jahren. Befanden sich damals nur 261 Gemeinden im Förderverfahren, so seien es jetzt fast 2000 (95 Prozent). Und der geförderte Glasfaserausbau stieg von null auf 14 700 Kilometer - "mehr als fünf Mal der Umfang Bayerns wird neu verlegt", sagte Söder. 1,5 Milliarden Euro stellt der Freistaat für die Breitbandförderung bereit. "Es gibt kein Bundesland, das sich so wuchtig engagiert", erklärte Söder.

Die Opposition zeigte sich nicht ganz so euphorisch. Zwar habe die Staatsregierung "nach Jahren des Nichtstuns den richtigen Weg eingeschlagen", sagte die SPD-Abgeordnete Annette Karl, doch sie warnte vor einer digitalen Zweiklassengesellschaft. Der ländliche Raum drohe weiter abgehängt zu werden, denn die im Förderprogramm vorgesehenen Bit-Raten seien viel zu niedrig - insbesondere für moderne Firmen. Während auf dem Land 30 Megabit angestrebt würden, gebe es in Metropolen wie München oder Nürnberg bereits Bandbreiten jenseits der 100 Megabit. Thorsten Glauber, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, forderte eine Gigabit-Offensive für den Mittelstand. Im nationalen Vergleich sei Bayern zwar vorne dran, international hinke der Freistaat aber meilenweit hinterher. Glauber fordert deshalb für Unternehmen Übertragungsraten von 1000 Megabit.

Ähnlich hatte es unlängst bereits die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) formuliert. Der Aufholbedarf zu Ländern wie der Schweiz oder den Niederlanden sei immens, sagte vbw-Präsident Alfred Gaffal unter Berufung auf eine Studie - gerade in ländlichen Gemeinden. Gaffal verlangte von der Staatsregierung noch mehr Einsatz: "Von der flächendeckenden Verfügbarkeit einer hochleistungsfähigen digitalen Infrastruktur" hänge die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ab.

Söder und sein Staatssekretär wiesen die Kritik am Montag zurück. Für ihn seien die Bürgermeister der Maßstab, sagte Füracker. "Wenn die sagen, es passt, dann ist mir das wichtiger als jede Studie, die mir auf den Tisch gelegt wird." Entscheidend sei in diesem Fall nicht der internationale, sondern der nationale Vergleich. Nachdem in Bayern lange Zeit nichts vorangegangen sei, sei man nun erst dank des staatlichen Engagements "sehr, sehr gut unterwegs", wie Söder sagte. Doch, klar, nicht jeder Weiler könne sofort als Ersterschließungsgebiet behandelt werden, Vorrang hätten Hochschulen und Gewerbegebiete.

Gerade bei den kleinen Ortsteilen setzt Dobrindts Bundesförderprogramm an. Im Landkreis Straubing-Bogen - einer der ersten in Deutschland - verteilte der Verkehrsminister 8,3 Millionen Euro, gut 1500 weitere Haushalte dort sollen mit mindestens 50 Megabit angeschlossen werden. Auch im Kreis Cham investiert der Bund einen Millionenbetrag, eine willkommene Ergänzung, wie Söder sagte. Mehr als zwei Milliarden Euro verteilt Dobrindt in Deutschland - für Söder ein weiterer Beleg, wie schlagkräftig im Vergleich dazu die 1,5 Milliarden Euro der Staatsregierung für Bayern zu bewerten sind. Damit Bayerns Kommunen das Bundesprogramm überhaupt abrufen können, brauche es zudem zusätzliche Unterstützung aus Landesmitteln.

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