Brand in Schneizlreuth:Geschäftsführer des Gästehauses in Untersuchungshaft

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  • Der Geschäftsführer der Eventfirma, die das Gästehaus in Schneizlreuth genutzt hatte, ist verhaftet worden. Es besteht Fluchtgefahr.
  • Die Staatsanwaltschaft Traunstein wirft ihm fahrlässige Tötung in sechs Fällen sowie fahrlässige Körperverletzung in weiteren acht Fällen vor.
  • Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, hatte die Eventfirma keine Genehmigung, im Dachgeschoss Gäste übernachten zu lassen. Die Genehmigung war der Firma ausdrücklich wegen des mangelnden Brandschutzes versagt worden.

Von Daniela Kuhr, München

Noch könnte man meinen, es gehe alles seinen gewohnten Gang bei der Eventgesellschaft in Schneizlreuth. Wer am Dienstagnachmittag die Internetseite der auf Outdoor-Aktivitäten spezialisierten Firma aufrief, sah zunächst zwar den Hinweis auf den katastrophalen Brand vor zehn Tagen und die Versicherung eines tiefen Mitgefühls - doch man musste nur wenige Zeilen weiter nach unten scrollen, und schon war man wieder bei den fröhlichen Dingen des Lebens: "Die ultimative Erfrischung im Sommer", hieß es da, "Wildwasser Rafting und Natur pur Canyoning". Alles buchbar, alles prima.

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Wirklich? Tatsache ist: Nur wenige Stunden zuvor war der Geschäftsführer dieser Eventfirma verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft Traunstein verdächtigt ihn der fahrlässigen Tötung in sechs Fällen sowie der fahrlässigen Körperverletzung in weiteren acht Fällen. In dem Gebäude, das die Firma des 46-Jährigen seit Jahren als Sitz genutzt hatte, war in der Nacht zu Pfingstsamstag aus noch ungeklärter Ursache ein Brand ausgebrochen.

Sechs Männer starben, acht Personen wurden verletzt

Zu diesem Zeitpunkt übernachteten in dem denkmalgeschützten Anwesen 47 Mitarbeiter der Arnstorfer Baufirma Lindner Group, die ein Team-Event gebucht hatten. Sieben weitere Personen schliefen ebenfalls dort. Als in den frühen Morgenstunden - womöglich wegen eines technischen Defekts - Feuer ausbrach, kamen im Dachgeschoss sechs Männer zu Tode. Sie waren im Schlaf vom Brand überrascht worden und kamen überwiegend durch Rauchgasvergiftungen ums Leben. Acht weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

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Wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte, hatte die Eventfirma keine Genehmigung, im Dachgeschoss Gäste übernachten zu lassen. Die Genehmigung war der Firma ausdrücklich wegen des mangelnden Brandschutzes versagt worden. Das habe der Geschäftsführer auch gewusst. 2009 soll er in einem Gespräch mit einem Mitarbeiter des zuständigen Landratsamts erklärt haben, dass er auf eine Genehmigung für Gästebetten in dem Anwesen verzichte, weil es "keine Möglichkeiten für die bauliche Veränderung bezüglich der Brandschutzverordnung" gebe, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit.

Geschäftsführer musste "mit einem Brandausbruch" rechnen

Daraufhin habe der Geschäftsführer ausdrücklich auf die Beherbergung von Personen in diesem Gebäude verzichtet. Doch obwohl er wusste, dass er das nicht durfte, ließ er am Pfingstwochenende die Betriebsgruppe in dem Anwesen schlafen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft musste er daher "mit einem Brandausbruch" sowie in dessen Folge mit "der Gefährdung von Menschenleben" rechnen. Aus diesem Grund werfen die Ermittler ihm fahrlässiges und somit schuldhaftes Handeln vor. Sie halten ihn für dringend tatverdächtig. Den Haftbefehl begründete die Staatsanwaltschaft mit Fluchtgefahr, schließlich drohen dem Geschäftsführer mehrere Jahre Gefängnis. Seit Dienstag sitzt er in Untersuchungshaft.

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Die Staatsanwaltschaft betonte, dass ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Sie werde den Sachverhalt weiter "umfassend untersuchen" und dabei auf alle rechtlichen Fragen eingehen. Dabei werde sie natürlich, wie vom Gesetz vorgesehen, nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden Umstände aufzuklären versuchen. Bis die Ermittlungen abgeschlossen seien, gelte für den Verdächtigen in jedem Fall weiterhin die Unschuldsvermutung. Ob das die Kunden der Eventfirma auch so sehen, wird sich noch zeigen.

Nach dem, was man auf der Internetseite der Firma sieht, hat es jedenfalls ganz den Anschein, als seien die Mitarbeiter von den Entwicklungen völlig überfordert. So wird da immer noch für "die etwas andere Partylocation" in Schneizlreuth geworben. "Unser 800 Jahre alter Bauernhof bietet alles, was eine Party braucht: eine große Tenne mit Bar und Chill-Ecke und Übernachtungsmöglichkeiten im Almhüttenstil." Dass dieser Hof vor zehn Tagen abgebrannt ist und dabei sechs Menschen ums Leben kamen, steht dort nicht.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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