BLM:Schneiders Freunde

Die Staatskanzlei lud ihr genehme Medienräte ein: Danach sprachen sich fast alle für den Gastgeber als BLM-Präsidenten aus.

Katja Auer und Mike Szymanski

Der 9. Dezember war für Staatskanzleichef Siegfried Schneider ein wichtiger Tag. Vom politischen Geschäft hat der CSU-Politiker genug. Schneider will Chef der Landeszentrale für neue Medien (BLM) werden, die den privaten Rundfunk in Bayern organisiert. Es ist ein lukrativer Posten und an diesem Tag ging es darum, die Weichen dafür zu stellen.

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Siegfried Schneider: Der CSU-Minister will Chef der BLM werden.

(Foto: SEYBOLDTPRESS)

Gegen Mittag traf sich in einem Vier-Sterne-Hotel in München eine handverlesene Gruppe an Politikern, Verbandsvertretern und Kirchenleuten. Alle sitzen im Medienrat, sie werden den BLM-Präsidenten wählen. Die Gruppe firmiert inoffiziell unter "Freundeskreis der CSU". Was die Teilnehmer verbindet, ist entweder die CSU-Mitgliedschaft oder eine wirkliche oder auch nur unterstellte Nähe zur CSU oder deren Zielen.

Gastgeber war an diesem Dezembertag Siegfried Schneider, 54. Er hatte die Medienräte auf Briefpapier der Staatskanzlei eingeladen und auch die Rechnung über 587,70 Euro übernahm die Regierungszentrale. Am Ende des Treffens ging eine Unterstützerliste herum, auf der die Medienräte für Schneider unterschreiben konnten. In der anschließenden Sitzung des Medienrates wurde er als Kandidat nominiert.

In drei Wochen soll die BLM ihren neuen Präsidenten bekommen. Nun wirft dieser jetzt erst publik gewordene Vorgang die Frage auf, ob Schneider der richtige Mann für diesen Job ist.

Es ist schon das zweite Mal, dass es Schneider mit der Trennung von Partei- und Staatsinteressen offenbar nicht so genau nimmt. Gerade erst hat der Oberste Rechnungshof jene Meinungsumfragen gerügt, mit denen die Staatskanzlei auf Steuerzahlerkosten unter anderem hatte abfragen lassen, welche Kompetenzen der CSU zugeschrieben werden. Bis heute findet Schneider daran nichts Anstößiges, die Opposition spricht von CSU-Filz, die SPD fordert seinen Rücktritt als Staatskanzleichef. Auch auf die BLM-Kandidatur soll er verzichten. "Ein Vertuscher und Verdecker ist für dieses Amt denkbar ungeeignet", sagt SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher.

Schneider widerspricht. "Ich sehe darin nichts Verwerfliches", sagt er über die Mittagsrunde. Ob die umstrittenen Meinungsumfragen oder Essenseinladungen für Medienräte - Schneider hat sich das nicht selbst einfallen lassen. Die Staatsregierung, bis 2008 allein in CSU-Hand, hat das schon immer so gemacht. "Seit Bestehen des Medienrates lädt der Medienminister zu einer Vorbesprechung ein", teilte die Staatskanzlei auf Anfrage der Grünen-Politikerin Ulrike Gote mit.

Tobias Thalhammer war in jener Sitzung dabei. Thalhammer, 31, ist Abgeordneter und der einzige Medienrat der FDP. Er sagt, er habe nicht gewusst, dass nur ausgewählte Leute eingeladen wurden. Dass sich Medienräte treffen und austauschen, das halte er für richtig. Aber bei diesem Treffen ging es nicht nur um den Austausch. Es ging die Unterschriftenliste rum. Schneider hatte keine Bewerbungsrede gehalten. Er habe sich lediglich bereit erklärt zu kandidieren, falls er vorgeschlagen würde, sagt er.

Als die Liste zu Thalhammer kam, reichte er sie weiter, ohne zu unterzeichnen. Der junge Politiker hält Schneider für den falschen Kandidaten, weil er nicht die nötige Staatsferne aufweise. "Es wurde stark beäugt, dass ich nicht unterschrieben habe", sagt Thalhammer. Schneider bestreitet, dass in der Runde Druck ausgeübt wurde. Etwa 20 Medienräte saßen im Raum, erzählen Teilnehmer. Als die Liste fertig war, rechtzeitig zur Sitzung, standen 15 Unterschriften drauf. "Befremdlich" findet Thalhammer das Prozedere.

Der Freundeskreis hat auch deshalb viel Einfluss, weil der Vorsitzende des Medienrates, Erich Jooß, regelmäßig dort zu Gast ist. Beim Dezember-Treffen fehlte er zwar, sonst aber hält er schon einmal die Grußworte, wenn sich Schneider verspätet. "Ich wehre mich dagegen, diesen Kreis als Kungelrunde zu bewerten", verteidigt er sich. Jooß kann kein Fehlverhalten Schneiders erkennen. "Es liegt doch bei der Staatskanzlei, wen sie einlädt." Das sind etwa 20 Medienräte "mit ähnlichen Grundpositionen wie die Staatsregierung", erklärt Schneider.

Aus der Sicht von Erich Jooß werde mit den Vorwürfen "Stimmungsmache" gegen Schneider betrieben. Jooß sagt, er lege Wert darauf, dass er selbst nicht in der CSU ist. Schneider hält er nach wie vor für den richtigen Kandidaten, obwohl es mit Gabriele Goderbauer-Marchner eine Gegenkandidatin gibt. Die Landshuter Medienprofessorin hatte die Opposition als Alternative präsentiert - zusammen mit FDP-Mann Thalhammer.

Auch bei anderen im 47-köpfigen Medienrat wachsen inzwischen Zweifel an der Eignung von Schneider. Manfred Treml, vom Heimattag entsandter Medienrat, gilt als inoffizieller Sprecher der Gruppe der unabhängigen Medienräte. Sie nennen sich die Grauen, weil sie für keine Partei sprechen, und sie stellen die Mehrheit im Medienrat. Auch sie hatten sich mit einer Unterstützerliste für Schneider ausgesprochen. 14 Medienräte unterschrieben.

Da war noch nicht bekannt, dass Schneider ausgewählte Medienräte auf Staatskosten zum Essen eingeladen hat. Treml sagt: "Das geht nicht in Ordnung." Er sagt, er sei nie eingeladen worden und er wäre auch nicht hingegangen. "Ich wollte mir meine Unabhängigkeit immer bewahren." Dass Jooß als Medienratsvorsitzender teilnehme, irritiert ihn. "Ich möchte einen Vorsitzenden, der alle repräsentiert", sagt er. Treml kündigt Konsequenzen an. Er will Aufklärung. Und er macht deutlich, dass Schneider die Wahl noch nicht gewonnen hat.

Denn die Unterschriftenlisten sind nicht verbindlich. Am 24. Februar wählen die Medienräte. In geheimer Wahl.

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