Bischof Walter Mixa:Rücktrittsforderungen werden lauter

"Dieser Bischof ist nicht mehr zu halten": Massive Kirchenaustritte und Vorwürfe erhöhen den Druck auf Walter Mixa - doch der Bischof bleibt bei seiner Verteidigungsposition.

Ein Bistum im Ausnahmezustand. Während am Montag im restlichen Bayern die Priester nach einem anstrengenden Wochenende ihren wohlverdienten freien Tag genossen und sich erholten, herrschte unter den Geistlichen in Schwaben und im westlichen Oberbayern große Unruhe.

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Die Empörung über Mixa wächst, seine Glaubwürdigkeit steht in Frage. Immer mehr Menschen fordern offen seinen Rücktritt. Doch wird der Bischof von sich aus gehen?

(Foto: Foto: ddp)

Am Freitag hatte ihr Bischof Walter Mixa sein überraschendes Ohrfeigen-Geständnis abgelegt und der Anwalt Sebastian Knott seinen Bericht über finanzielle Unregelmäßigkeiten unter Mixa im Kinderheim Schrobenhausen abgegeben, seitdem rumort es in der Diözese Augsburg gewaltig.

"Dieser Bischof ist nicht mehr zu halten", sagt ein Mitglied des Priesterrats, das nicht genannt werden will. Viele Kollegen, so der Pfarrer, "fragen nicht mehr, ob der Bischof geht, sondern wann er geht." Die spannende Frage sei schon jetzt: "Wer kommt danach?" Mixa seinerseits kämpft weiterhin - zunehmend einsam, zunehmend verbissen - um seinen Posten. In seiner Predigt am Sonntag in der Augsburger Kirche St. Georg rief er das Bistum nahezu verzweifelt zum "Zusammenhalt" auf.

Am späten Montagnachmittag traf sich der Priesterrat zu einer außerordentlichen Sitzung. Mixa hatte diese auf Drängen der Priester einberufen. Die Pfarrer wollten dabei deutliche Worte an ihren Vorgesetzten richten. "Wir werden dem Bischof sagen, was in seiner Diözese los ist", sagt ein Teilnehmer. Die Stimmung unter den 1,4 Millionen Katholiken im Bistum sei verheerend.

"Die Leute draußen stellen die Glaubwürdigkeit des Bischofs in Frage", so das Mitglied im Priesterrat, "und innerkirchlich denken viele Pfarrer, wenn sie heute so wirtschaften würden wie damals der Bischof als Stadtpfarrer von Schrobenhausen, dann bekämen sie große Schwierigkeiten". Der Priester berichtet von einem "massiven Vertrauensverlust bei Spendern und Kirchensteuerzahlern."

Von massiven Kirchenaustritten ist die Rede, allein in Augsburg hat sich die Zahl im März im Vergleich zum ohnehin hohen Vorjahresstand verdoppelt - die Tendenz im April ist steigend. Der Augsburger Diözesanratsvorsitzende Helmut Mangold berichtet "erschüttert" davon, dass Mitglieder ihre Teilnahme an einem Festakt mit Mixa absagen, weil sie mit ihm "nichts am Hut" haben wollen.

"Wir werden noch keine Anträge stellen", sagte das Mitglied des Priesterrates vor der Sitzung. Mit anderen Worten: Noch hoffen sie auf ein Einsehen des Bischofs, dass er den vielfach ersehnten Schritt von alleine tätigt.

"Leugne dein Versagen so wenig wie Petrus es leugnen konnte"

Wolfgang Thierse, Vizepräsident des Bundestags und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, sagt: "Ich wünsche mir, dass Bischof Mixa ein Beispiel für die Fähigkeit auch von Bischöfen zu Reue und Umkehr gibt." Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx sprach am Samstag bereits bei Mixa vor. Man munkelt, er habe dem angeschlagenen Oberhirten nahelegen wollen, das Amt ruhen zu lassen. Es heißt, dass es derzeit mehrere Bischöfe gibt, die Mixa raten, sein Amt ruhen zu lassen bis zur Klärung der Vorwürfe. Doch Mixa bleibt bei seiner Darstellung, dass all die Vorwürfe unberechtigt seien, dass alles nur eine Medienkampagne sei, und dass er nicht gelogen habe.

Inzwischen hat das Bistum auf Veranlassung von Mixa auch eine detaillierte Prüfung der finanztechnischen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Verwendung von Geldern der Waisenhausstiftung in Schrobenhausen eingeleitet, teilte die Pressestelle am Nachmittag mit. Eine Münchner Anwaltskanzlei und die bischöfliche Finanzkammer sollen die fraglichen Sachverhalte aufklären. Dies soll in enger Zusammenarbeit mit der Regierung von Oberbayern erfolgen, der die staatliche Aufsicht über die Waisenhausstiftung obliegt. Auch der Bischof will aktiv zur Aufklärung beitragen.

Das späte Eingeständnis von Bischof Walter Mixa, er habe als Lehrer und Stadtpfarrer wohl doch Ohrfeigen ausgeteilt, beschäftigte am Wochenende vor und nach den Gottesdiensten in den Kirchen des Bistums auch die Gläubigen. In einer Augsburger Kirche nahm der Pfarrer die Gelegenheit wahr, aus dem Johannes-Evangelium abzuleiten, wie die Kirche und das Bistum ihrer aktuellen Krise begegnen sollten.

"Leugne dein Versagen so wenig wie Petrus es leugnen konnte. Hab den Mut und steh dazu. Kirche, gestehe deine Fehler ein: dein eigenartiges Verhältnis zu Sexualität, deine Angst vor Homosexualität, deine Unehrlichkeit in manchen Zusammenhängen, dein ,so tun als ob', dein Verstecken, Verschweigen und Leugnen. Lass Dich durch keinen machtgeilen Pressesprecher davon abhalten. Kirche, Bischof, Papst, Pfarrer, Christ, Mensch, weine über dein Versagen, gestehe es dir ein und staune, dass dich der Herr nicht fallen lässt", hieß es in der Predigt. Und weiter: "Oder kreist du nur um dich, liebst dein Pöstchen, dein Amt, das Tamtam um dich herum, den Weihrauch, die Kunst, den Luxus?" Die Gläubigen wussten, wer und was gemeint war.

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