Bischof Müller zum Fall Riekofen:Schwere Vorwürfe gegen die Justiz

Bischof Müller will auch nach dem Urteil im Missbrauchsfall von Riekofen keine möglichen Fehler eingestehen - im Gegenteil.

Nach der Verurteilung des Riekofener Ex-Pfarrers wegen Kindesmissbrauchs hat der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller die Justiz angegriffen. Die Richter hätten das Bistum vor dem vorbestraften Pädophilen warnen müssen, als sie ihm 2003 eine Bewährungsstrafe erließen, sagte Müller am Freitag dem Bayerischen Rundfunk in Regensburg.

Bischof Müller zum Fall Riekofen: Der Regensburger Bischof Müller greift die Justiz an.

Der Regensburger Bischof Müller greift die Justiz an.

(Foto: Foto: ddp)

Laut Müller hat das Gericht damals erklärt, dass es für den Verurteilten keine Einschränkungen für einen allgemeinen pastoralen Einsatz gebe. Das Bistum habe "nach bestem Wissen und Gewissen" gehandelt. Der 40 Jahre alte Priester, der bereits vor acht Jahren wegen sexuellen Missbrauchs eine Bewährungsstrafe erhalten hatte, war am Donnerstag zu drei Jahren Haft und einer Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt worden. Er hatte zugegeben, sich in Riekofen mehrere Jahre lang an einem Messdiener vergangen zu haben.

Das Landgericht Regensburg hatte in der Urteilsbegründung auch die Rolle der Bistumsleitung kritisiert. Einen wegen Missbrauchs vorbestraften Pfarrer wieder in eine Gemeinde zu schicken, sei vergleichbar mit einer Bank, die einen wegen Betrugs Vorbestraften als Kassierer beschäftige, sagte der Vorsitzende Richter.

Unterdessen hat der Kinderschutzbund die Kirche zum Handeln aufgerufen. "Die Kirche muss zeigen, dass sie gewillt ist, Verantwortung zu übernehmen", sagte die Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Paula Honkanen-Schobert. "Eine Entschuldigung, ein Gespräch mit dem Opfer und seiner Familie wäre das Geringste, was die Kirche tun kann."

Dieser Fall zeige, "dass Pädophile in allen Berufsgruppen zu finden sind". Bischof Müller lehnt es bislang ab, sich für den Einsatz des pädophilen Pfarrers in Riekofen zu entschuldigen. Die Diözese wies eine Mitverantwortung für den jahrelangen Missbrauch erneut zurück. Generalvikar Michael Fuchs sagte in einer Erklärung, Kritiker benutzten den Fall, um den Bischof "in einer beispiellosen, bundesweiten Diffamierungskampagne" anzugreifen. Er sprach dem missbrauchten Messdiener und seiner Familie das Bedauern über das Geschehene aus und bot Hilfe an.

Die Vorsitzende des Riekofener Pfarrgemeinderates forderte eine Aufarbeitung des Falls. Die Pfarrei sollte sich mit einem Experten beraten, wie betroffenen Familien geholfen werden könne, sagte Rosemarie Meßner. Dem Pfarrer hätten mehrere Eltern ihre Kinder anvertraut. "Das Problem ist noch nicht aufgearbeitet, da müssen wir noch dranbleiben."

Im Prozess wurde auch bekannt, dass das Bistum wichtige Informationen über den Fall verschwiegen hatte. Bislang hatte das Ordinariat nur angegeben, dass der Mann in seiner Bewährungszeit bis zu seiner offiziellen Ernennung zum Seelsorger von Riekofen im Jahr 2004 in einem Altenheim gearbeitet habe. Dabei hatte der Mann zuvor jahrelang gegen die gerichtlichen Bewährungsauflagen verstoßen und bereits kurz nach der ersten Verurteilung wieder mit der Ministrantenarbeit begonnen.

Der 40-Jährige hatte in dem Prozess das Opfer und die Eltern des Jungen um Entschuldigung gebeten und will nun laut einer Vereinbarung mit der Familie 8000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

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